Das kurze Leben der Amy Winehouse
Der britische Regisseur Asif Kapadia hat für seinen Dokumentarfilm über die Jazz- und Soulsängerin neue Bilder aufgespürt. Blicke auf eine verletzliche junge Frau.
Exzesse und Zerbrechlichkeit
Sie war eine lebenslustige, humorvolle junge Frau und eine unfassbar talentierte Sängerin. Trotzdem war ihr Leben ein einziges Melodram, eine Abfolge grandioser Erfolge und fataler Abstürze. Der Dokumentarfilm des britischen Regisseur Asif Kapadia kommt am Donnerstag (16. 7.) in die deutschen Kinos. Er zeigt die Soul-Diva auf der Suche nach sich selbst in den Fängen des großen Geschäfts.
Dunkle Locken, lange Wimpern
Auch wenn Kapadias Film wenig Interesse an der Künstlerin vor ihrem Erfolg hat, präsentiert er die Verhältnisse in Amys jüdischer Familie im Norden Londons mit bisher unbekannten Bildern. Amys Eltern trennten sich, als sie neun Jahre alt war. Dieses undatierte Bild der Kleinen zeigt ihre kindliche Nachdenklichkeit.
Rebellische Jugend
Auch dieses Bild stammt aus einer Filmszene der Dokumentation. Amy hatte notorisch Schulprobleme, verhielt sich auffällig, ein Schulwechsel folgte auf den anderen, insgesamt fünf Mal. Das Studium an der Londoner Theater-School brach sie nach einem Jahr ab. Was ihr wichtiger war als die Schule? Sie begann schon als Teenager, ihre eigenen Lieder zu schreiben.
Der nationale Durchbruch
Den ersten Plattenvertrag unterschrieb Amy Winehouse schon mit 19. Bis auf zwei Stücke schrieb sie alle Liedtexte für ihr Debütalbum selbst. Sie könne nur Songs schreiben, die auf eigener Erfahrung beruhten, sagte sie damals. Das Album "Frank" erklomm die Charts in Großbritannien und machte sie schlagartig bekannt. Der noch nicht ganz so dicke schwarze Lidstrich gehört schon 2004 zu ihrem Bild.
Daddy's Girl
2004 tritt Amy unter anderem bei einem Festival in Wimbledon auf. Die Bilder wirken noch unschuldig. Wenn es um ihre Karriere geht, ist ihr Vater Mitch da schon immer an ihrer Seite.
Erfolg im Retro-Look
2007 gelingt ihr international der Durchbruch. Ihr zweites Album "Back to Black" klettert in 14 Ländern unter die Top Ten. Sie passt sich äußerlich dem Soul an: Große Tattoos und die üppig auftoupierte Bienenkorb-Frisur in 60er-Jahre-Optik werden zu ihrem Markenzeichen. Amy spielt weltweit auf großen Festivals und tourt durch England. Doch im November werden ihre Alkoholprobleme offensichtlich.
Preise und Auszeichnungen
Im November 2007 gewinnt sie bei den MTV Europe Music Awards den Preis in der Kategorie "Artist's Choice" und tritt bei der Preisvergabe in München auf. Amy Winehouse stand nur acht Jahre im Zentrum des Musikgeschäfts und produzierte nur zwei Alben. Hits wie "Back to Black" und "Rehab" machten sie trotzdem unsterblich.
Eskapaden und Skandale
Amy Winehouse gewann zahlreiche Grammys, und ihre Songs dominierten lange die internationalen Charts. Doch ab dem Herbst 2007 beherrschte die Soul-Sängerin die Schlagzeilen immer mehr mit ihren Drogen- und Alkoholeskapaden. Das Foto zeigt sie bei einer Live-Performance in Dublin.
Der Weg in die Drogensucht
Auf den Höhepunkt ihres Erfolgs folgt der Absturz. Lange kam Amy von Blake Fielder-Civil nicht los, mit dem sie von 2007 bis 2009 verheiratet war. Er soll sie an harte Drogen herangeführt und sie mehrmals daran gehindert haben, eine Entziehungskur zu machen. Auch bei der Wahl ihres Managers und dem Einfluss, den sie ihrem Vater gewährt, fällt sie fragwürdige Entscheidungen.
Der Erfolg und seine Schattenseiten
Ende 2007 war Amy Winehouse die bestverdienende Frau im britischen Showgeschäft. 2008 bei der Grammyverleihung wurde sie fünf Mal ausgezeichnet. Teilnehmen konnte sie an der Verleihung nur per Videoscreen, da sie aufgrund ihrer Drogenprobleme kein Visum für die USA bekam.
Unterstützung für Mandela
Bei einem Konzert zum 90. Geburtstag von Nelson Mandela im Londoner Hyde Park konnte Amy problemlos auftreten. Damit engagierte sie sich auch für Mandelas Anti-Aids-Kampagne und die Gesundheit anderer. Ihre eigene blieb labil, 2008 gab sie nur noch wenige Konzerte.
Mitgerissen vom Strom des Musikgeschäfts
Amy Winehouse erscheint 2008 immer mehr als Opfer ihrer Selbstzerstörung. Sie leidet als Folge der Drogensucht an Bulimie und wirkt immer zerbrechlicher. Trotzdem verkaufte 2007 und 2008 weltweit keine Sängerin mehr Alben als sie.
Vor Gericht
Von Januar bis August 2009 war Amy auf der Karibikinsel St. Lucia, um dort eine Entziehungskur zu machen. Ihr Vater ist immer dabei. Sie hat kaum öffentliche Auftritte. Im Juli 2009 muss sie sich vor einem Londoner Gericht für einen Angriff auf einen weiblichen Fan verteidigen. Sie erscheint seriös, mit Perlenkette und gut frisiert.
Auf schiefer Bahn
Die Ausfälle reißen nicht ab. Als sie im Januar 2010 im englischen Ort Milton Keynes vor Gericht erscheinen muss, geht es um ihren Angriff auf einen Theater-Manager. Amy bekennt sich schuldig.
Hoffnung und Untergang
2011 arbeitet die Sängerin an ihrem Comeback und tritt im Januar erfolgreich in Brasilien auf. Dort singt sie zum ersten Mal seit fünf Jahren neue Songs, Titel, die sie für ihr drittes Album vorgesehen hat. Der Auftakt ihrer Europa-Tournee in Belgrad dagegen endet in einem Desaster: Amy kommt alkoholisiert und kann sich kaum auf den Beinen halten.
Psychisch am Ende
Danach verlor die unkonventionelle junge Frau den geringen Halt, den ihr die Hoffnung, wieder auf die Bühne zurückkehren zu können, noch gegeben hatte. Vor vier Jahren, am 25. Juli 2011, wurde Amy Winehouse tot in ihrer Wohnung gefunden. Sie starb 27-jährig an Alkoholexzess und - so denken viele - am ungeheuren Druck des Musikgeschäfts.
Denkmal für eine große Sängerin
Mitch Winehouse setzte seiner Tochter im Herbst 2014 im Londoner Stadtteil Camden Town ein Denkmal. Für den Film von Asif Kapadia stellte er viel Material zur Verfügung. Gegen das Ergebnis hat er allerdings protestiert, es zeige eine falsche Seite seiner Tochter. Doch auch Kapadia hat als Regisseur nichts anderes versucht, als der Frau mit der wunderbaren, tiefen Stimme ein Denkmal zu setzen.