Datenschützer erhält Antworten
29. Oktober 2013Mit diesem Sinneswandel der Bundesregierung hat Peter Schaar kaum mehr gerechnet. Als er im Sommer unter dem Eindruck immer neuen Enthüllungen über Internet-Spionage westlicher Geheimdienste Informationen einforderte, ließ ihn das Bundesinnenministerium abblitzen. Für solche Fragen sei das Parlamentarische Kontrollgremium zuständig, hieß es. Der vom Parlament für fünf Jahre gewählte Beauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit fühlte sich übergangen und beschwerte sich förmlich.
Am Dienstag teilte Schaar auf Nachfrage nun mit, dass nach der Bundestagswahl am 22. September einige seiner Fragen doch noch beantwortet worden seien. Was er nun erfahren habe, wollte der oberste deutsche Datenschützer unter Hinweis auf die Geheimhaltungspflicht allerdings nicht verraten. Nur so viel: "Ich habe keinen Anhaltspunkt für gravierendes Fehlverhalten der Behörden gefunden." Mit "Behörden" sind die deutschen Nachrichtendienste gemeint. Der für die Auslandsaufklärung zuständige Bundesnachrichtendienst (BND) sah sich im Juli mit dem Vorwurf konfrontiert, dem US-Partnerdienst National Security Agency (NSA) unrechtmäßig Daten von Millionen Bundesbürgern übermittelt zu haben.
Verbraucherschützer begrüßt Merkel im "Club der Ausgespähten"
Schaar fordert von der deutschen Politik grundsätzlich mehr Engagement im Kampf gegen Internet-Spionage. Unter dem Eindruck des mutmaßlich von der NSA angezapften Handys der Bundeskanzlerin hatte Schaar schon am vergangenen Donnerstag eine europäische Strategie zur Verteidigung der Bürgerrechte verlangt. Gemeinsam mit dem Chef der deutschen Verbraucherschutzzentralen, Gerd Billen, forderte er Angela Merkel zum unverzüglichen Handeln auf. Schaar ist vorsichtig optimistisch, dass es jetzt "Chancen für einen verbesserten Datenschutz" gebe. Billen meinte lakonisch: "Frau Merkel können wir im Club der Ausgespähten begrüßen."
Der Datenschutzbeauftragte, dessen Amtszeit offiziell im Dezember endet, forderte nachdrücklich eine schnelle Reform der europäischen Datenschutz-Richtlinie. Das EU-Parlament hat sich bereits dafür ausgesprochen. Er befürchte jedoch, dass die europäischen Regierungschefs das Thema ins Jahr 2015 verschieben wollten, sagte Schaar. Billen ergänzte, die deutsche Kanzlerin müsse jetzt "zupacken und nicht zaudern".
Vorratsdatenspeicherung: Schaar warnt Union und SPD
Mit Blick auf die Koalitionsgespräche zwischen den Unionsparteien CDU und CSU sowie SPD empfahl Schaar den Verhandlungsführern, es sich mit der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung "noch einmal genau zu überlegen". Auf der Basis einer EU-Richtlinie sollen dabei alle elektronischen Verbindungsdaten mindestens sechs Monate lang gespeichert werden. Die geschäftsführende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) lehnt diese Praxis seit Jahren zum Ärger von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ab.
Bei allen Unterschieden zur NSA-Affäre sei das massenhafte Speichern von Kommunikationsdaten im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung in einem Punkt ähnlich, beanstandete Schaar: Das millionenfache Sammeln erfolge "anlasslos". Schaar bemängelte in diesem Zusammenhang zudem, dass es bislang keine Überprüfung gebe, ob die mit dem Anti-Terror-Kampf begründete Maßnahme erfolgreich sei. "Wer die Bürgerrechte einschränkt, ist nachweispflichtig", betonte der Datenschutzbeauftragte.