David Storl: nervenstarkes Babyface
16. August 2013Auf den Punkt fit für den wichtigsten Wettkampf des Jahres: David Storl hat es wieder geschafft. Nach durchwachsenen Leistungen im Frühjahr und nur einem einzigen geglückten Versuch über 21 Meter lieferte er in Moskau eine Top-Leistung ab und verteidigte seinen WM-Titel. "Es ist eine riesige Erleichterung. Ich bin stolz auf mich selbst", freute sich Storl nach dem Triumph. Er hatte sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen. Nicht durch den zunächst ungültig gegebenen Siegversuch im Finale, und auch nicht durch die Leistungen in der Qualifikation. Da hatte Hallen-Weltmeister Ryan Whiting gleich 80 Zentimeter weiter als er gestoßen. Doch Storl blieb cool: "Im Finale fängt alles von Null an." Recht hatte er, und siegte mit einer Alles-oder-Nichts-Taktik: "Alles war auf Angriff geschaltet."
Vom "Jahrhunderttalent" direkt in die Weltspitze
So ist das seit Storl mit dem Kugelstoßen begonnen hat: Im Alter von 16 Jahren entscheidet sich der Sachse für die Disziplin Kugelstoßen. Ein Glücksgriff. Schon ein Jahr später wird er Jugend-Weltmeister, 2008 Juniorenweltmeister und 2009 Junioreneuropameister. Er wird als "Jahrhundertalent" der deutschen Leichtathletik gefeiert. Diese Bürde scheint ihn kaum zu behindern. Mit 21 Jahren ist er in der Weltspitze angekommen und schafft die Riesensensation bei der Weltmeisterschaft in Daegu. In seinem letzten Versuch wuchtet er die 7,25 Kilo schwere Kugel auf die Bestweite von 21,73 Meter und holt den Titel als jüngster Athlet in der Geschichte. Bei den Olympischen Spielen in London muss er sich hinter seinem polnischen Rivalen Tomasz Majewski geschlagen geben und gewinnt Silber. Nach Olympia hatte Storl mit Problemen an der Patellasehne und den Bandscheiben zu kämpfen, auch eine Haut-Operation verzögerte im Winter die Vorbereitung auf die Titelkämpfe in Russland.
Gewicht zulegen ist sein Ziel
Auch in Moskau hat er jetzt bewiesen, dass er die Kunst des Kugelstoßens beherrscht. Die besteht darin auf den engen 2.13 Metern im Ring der Kugel die maximale Wucht verleihen. Storl punktet dabei vor allem mit seiner außerordentlichen Schnellkraft und perfekter Technik. Denn im Vergleich zu den anderen Athleten in der Weltspitze fehlt es dem 1,99 Meter großen und 127 Kilo schweren Storl an Gewicht und Muskelmasse. Schon für sein jetztiges Wettkampfgewicht musste er sich quälen. Er verspeiste Steaks und massenweise Quark. " Ich versuche ja krampfhaft zuzunehmen. Das fällt mir echt schwer", gab er schon vor zwei Jahren zu Protokoll.
Dass hinter dem jungenhaften Gesicht des 23-Jährigen durchaus auch noch eine gute Portion jugendlicher Leichtsinn steckt, wurde nur am Rande bekannt. Als einziger Medaillengewinner der Olympischen Spiele von London 2012 erhielt er kein Silbernes Lorberblatt des Bundespräsidenten. Storl musste auf die höchste Auszeichnung im deutschen Sport verzichten, weil er wohl bei einer mutmaßlich feuchtfröhlichen Vatertagstour mit einem Luftgewehr auf einen Hund geschossen hat. Als Bundespolizist handelte er sich damit einen Aktenvermerk ein. Eins ist trotzdem so gut wie sicher: Mit seinen Erfolgen wird Storl irgendwann auch sein Silbernes Lorberblatt bekommen.