De-Dollarization - Der Westen hilft dem Yuan auf die Beine
12. September 2024Als westliche Länder Russland wegen des Ukraine-Krieges mit Sanktionen belegten, hinderten sie den Kreml auch, in US-Dollar oder Euro zu handeln. Russlands Banken wurden vom SWIFT-System, dem internationalen Zahlungsprogramm, ausgeschlossen und seine Devisenreserven eingefroren. SWIFT ist die in Belgien ansässige "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication". Das sogenannte SWIFT-Net nutzen mehr als 11.000 Banken für ihren internationalen Zahlungsverkehr.
Das Ergebnis: Russland musste seine verbliebenen Devisenbestände in Währungen umschichten, die nicht vom Westen kontrolliert werden - darunter auch den chinesischen Renminbi, dessen Einheiten Yuan und Yiao heißen.
Die Gas- und Ölgeschäfte Moskaus mit China, mit denen der Kreml den Ausfall der europäischen Kundschaft kompensiert, haben so dem Handelsvolumen, das in Yuan abgerechnet wird, zu einem Rekordhoch verholfen. Das berichtete die Financial Times (FT) in der vergangenen Woche und zitierte dazu Chinas Behörde für Auslandszahlungsverkehr, die State Administration of Foreign Exchange (SAFE).
Rasanter Anstieg
Die Anzahl von Transaktionen, die in Yuan abgewickelt wurden, sind im Juli um rund ein Drittel gestiegen: auf 54 Prozent im Vergleich zu 40 Prozent im Vergleich zum Juli 2021. 80 Prozent der chinesischen Exporte im Jahr 2010, berichtete die FT, wurden 2010 noch in US-Dollar abgerechnet - doch diese Zahl habe sich nach den westlichen Russland-Sanktionen halbiert. Im selben Zeitraum wuchs der Anteil der in Yuan abgerechneten Exporte von nahe Null auf mehr als 50 Prozent aller Transaktionen.
"In Yuan zu handeln ist sowohl für Peking wie auch für Moskau vorteilhaft", sagt Maia Nikoladze, Direktorin am Geo Economics Center, einem Think Tank des Atlantic Council, DW gegenüber. "Russland hat nicht viele Währungsalternativen, und China kann so mehr Einfluss über Russland gewinnen und es hilft Peking, seine Währung international zu etablieren."
Immer noch wird der Yuan bei nicht einmal sieben Prozent der Währungstransaktionen weltweit genutzt. Der "Dollar Dominance Monitor" des in Washington ansässigen Atlantic Council gibt an, dass der Anteil der Dollar-basierten Transaktionen bei 88 Prozent liegt. Gleichzeitig würden 54 Prozent aller Export-Rechnungen weltweit in Dollar ausgestellt und nur vier Prozent in Yuan.
Die BRICS-Freunde schauen genau hin
Der Yuan-basierte Handel profitiert von den Beziehungen Pekings mit Moskau, der dazu führte, dass Russland seine Devisenreserve auf den Yuan ausrichtet. Inzwischen haben russische Banken durch einen Currency Swap, der beiden Parteien erlaubt, für einen gewissen Zeitraum ihre Währungen zu einem garantierten Kurs zu wechseln, Zugang zu Yuan-basierter Liquidität erhalten und sie geben bereits Bonds auf Yuan-Basis heraus.
Andere Staaten, in besonderem Maße die drei anderen Mitglieder des BRICS-Blockes (Brasilien, Indien und Südafrika), beobachten diese Entwicklung gespannt. Sie haben den Gedanken einer gemeinsamen Währung bereits diskutiert, um ein multipolares Währungssystem zu etablieren und ihre Abhängigkeit vom Dollar zu verringern.
Hanns Günther Hilpert von der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) bestätigte, dass viele Länder des globalen Südens wegen des Einfrierens russischer Geldreserven besorgt sind. "Vielleicht", sagte er DW, "könnten sie in Zukunft Probleme mit den USA bekommen und ihre Reserven könnten auch eingefroren werden. Auch diese Länder bewegen sich vom Dollar fort."
Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump sieht in einer "De-Dollarization" eine ernste Bedrohung für die Führungsrolle der USA in der Welt und drohte Ländern, die sich vom US-Dollar abwenden wollten, bereits mit horrenden Strafzöllen. "Viele Länder", behauptete er, "verlassen den Dollar. Sie wollen mir den Dollar nicht lassen. Ich sage: Ihr verlasst den Dollar, dann werdet Ihr keine Geschäfte mit den USA mehr machen, weil wir Eure Waren mit Zöllen von 100 Prozent belasten."
Saudi-Arabein, Brasilien, Argentinien auf Moskaus Spuren
Peking hat bereits Abkommen mit anderen Ländern geschlossen, um in Yuan abzurechnen. Saudi-Arabien, einer der wichtigsten Öl-Lieferanten Chinas hat im vergangenen November ein auf drei Jahre befristeten Currency Swap mit Peking abgeschlossen - das Volumen liegt bei 6,26 Milliarden Euro (6,93 Milliarden US-Dollar).
Das Abkommen ist ein bedeutender Schritt für die globalen Energiemärkte. Bislang war dieses Geschäft vom US-Dollar dominiert - daher auch der Begriff "Petro-Dollar". Mit einem kompletten Wechsel zu einem Yuan-basierten Öl-Handel seitens Saudi-Arabien ist kurzfristig zwar nicht zu rechnen, doch der Deal erlaubt beiden Ländern, neue Wege auszuprobieren, ohne die etablierten Wege zu zerstören.
"Saudi-Arabien verkauft China Öl und Gas. Sie bekommen Renminbi, mit dem man chinesische Waren kaufen oder in China investieren kann. Das haben die Saudis bereits getan. Das ist ein Tauschgeschäft", so Hanns Günther Hilpert.
Andere Länder wie etwa Brasilien, Iran, Pakistan, Nigeria, Argentinien und die Türkei haben ebenfalls zugestimmt, mehr Handel in Yuan abzuwickeln. Im Falle des Iran waren es auch wieder westliche Sanktionen, die das Land in den Einflussbereich Chinas gedrängt haben. Die Handelsplattform Kpler.com zeigte an Hand von Tanker-Tracking-Daten, dass im vergangenen Jahr chinesische Raffinerien 90 Prozent des vom Iran exportierten Öls gekauft haben. Der Iran kassiert dafür Yuan über kleine chinesische Banken.
Argentinien, das mit einer äußerst harten Wirtschaftskrise gestraft ist, hat immer weniger Dollar zu Verfügung, um Importe bezahlen, seine Schulden begleichen und seine Währung stabilisieren zu können. In dem nun mehr Handel mit China in Yuan abgewickelt wird, kann das Land Dollar sparen und so Druck von seinen Devisen-Reserven nehmen.
Pekings Restriktionen bremsen Yuan-Aufschwung
Trotz Pekings Bemühungen, den Renminbi zu internationalisieren, ist Chinas Währung noch immer nicht frei konvertibel. Das aber, so Experten, sei nötig, damit sie eine Leitwährung sein kann. Peking hält aber an Kapitalkontrollen fest, die keinen freien Währungsfluss mit anderen Ländern zulassen. "Peking hat noch nicht erkennen lassen, dass es die Kapitalkontrollen aufheben will", stellt Mara Nikoladze dazu fest.
Die scheint die chinesische Führung für eine Bedrohung der Machte der kommunistischen Partei zu halten, wie sie auch eine Wiederholung der asiatischen Finanzkrise der 1997/98 fürchtet. Damals war es an der Wall Street zu Wetten gegen asiatische Währungen gekommen - ausgelöst durch heftige Staatsverschuldungen und daraus folgender Kapitalfluchten.
Hanns Günther Hilpert vom SWP denkt, dass der Schritt zu einer voll konvertiblen Währung mit einem Preisschild versehen sei: die Gefahr politischer und wirtschaftlicher Instabilität. "Der Renminbi wäre dann frei für Währungsspekulationen, was die Chinesen fürchten", sagt er zu DW. Sie haben gesehen, wie es Thailand uns Südkorea ergangen ist."
Auf dem Höhepunkt der asiatischen Währungskrise hatten Thailands Baht und der koreanische Won mehr als die Hälfte ihres Werte zum Dollar verloren. Sie hatten daraufhin Hilfe beim Internatiopnalen Währungsfonds (IWF) suchen müssen.
Ein Vorteil der Einhegung des Yuan durch Peking ist, dass Chinas Führung die Möglichkeit behält, die Währung abzuwerten, um im Falle langsameren Wirtschaftswachstums Exporte ankurbeln zu können. Das haben sie bereits 2015 und dann wieder in der COVID-19-Pandemie getan. Es wird bereits spekuliert, dass wieder eine scharfe Abwertung bevorstehe.
Xis Traum von der Finanz-Supermacht
Während die Rolle des Dollars als Leitwährung kurz- und mittelfristig unangefochten scheint, wiederholte Chinas Präsident Xi Jinping im Januar noch einmal seine Absicht, sein Land zu einer "Finanz-Macht" umzuformen, weil es "sich von den westlichen Modellen unterscheidet".
Asiens größte Volkswirtschaft steht aber vor vielen Herausforderungen, wenn es der Welt ein multi-polares Währungssystem bescheren will. Dazu gehören die hohen Schulden von Unternehmen und Haushalten, eine Verschlimmerung der Immobilienkrise und ein undurchsichtiges Schattenbankensystem. Die andauernden Handelskonflikte und geopolitischen Spannungen mit dem Westen und den asiatischen Nachbarn bedrohen außerdem Chinas sowieso schon nur schleppende Erholung von der Corona-Krise.
Hilpert denkt, dass China noch nicht wirklich im globalen Finanzsystem zu Hause sei, weil das Land "ineffizient" sei aufgrund vieler Unternehmen, die hoch subventioniert sind und wegen eines undurchdachten heimischen Finanzsystems: "Will man eine ökonomische Supermacht werden, ist das nicht die richtige Strategie."
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert.