1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Debatte um Bürgergeld-Regelung für Ukrainer dauert an

18. Juni 2024

Bekommen Ukrainer in Deutschland zu viel staatliche Unterstützung, so dass sie weniger arbeiten als in anderen Ländern? Ja!, sagen FDP und Union. Sie fordern weniger Sozialhilfe. Der DIW-Präsident kritisiert das scharf.

https://p.dw.com/p/4hBGY
Jobmesse für ukrainische Geflüchtete
Die IHK Berlin veranstaltet eine Jobmesse für ukrainische Geflüchtete, um den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichternBild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat Forderungen nach einer Streichung oder Einschränkung des Bürgergelds für Geflüchtete aus der Ukraine als "blanken Populismus" kritisiert. "Niemandem wird es besser gehen, niemand wird auch nur einen Euro mehr haben, wenn Deutschland Geflüchtete schlechter behandelt und ihnen Leistungen kürzt", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

"Mehr Anstrengungen für eine schnellere Integration"

Der bereits begonnene Kurs von Leistungskürzungen für Geflüchtete werde zudem nicht dazu führen, dass weniger Menschen nach Deutschland kämen, sondern die Integration von Geflüchteten in Deutschland bloß noch weiter erschweren. Fratzscher fügte hinzu: "Der deutsche Staat muss nicht weniger Geld für Geflüchtete ausgeben, sondern mehr Anstrengungen für eine schnellere und bessere Integration von Geflüchteten in Arbeitsmarkt und Gesellschaft unternehmen." Dies sei eine riesige auch wirtschaftliche Chance, da sich das Arbeitskräfteproblem hierzulande in den kommenden Jahren massiv verschärfen werde.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher in der Bundespressekonferenz
DIW-Präsident Marcel Fratzscher in der Bundespressekonferenz (Archivfoto)Bild: IMAGO/Political-Moments

Kritik an den Forderungen kam nicht nur vom DIW, sondern auch vom Paritätischen Gesamtverband. Joachim Rock, der Leiter der Abteilung Sozialpolitik Verbandes, wies darauf hin, dass viele Ukrainerinnen und Ukrainer eifrig Deutsch lernten und erfolgreich Integrationskurse abschlössen. Diese Leute wollten arbeiten und ihr eigenes Geld verdienen. Er sei fassungslos, dass auf den "populistischen Zug" aufgesprungen werde und "Ressentiments" geschürt würden.

"Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme"

Im Zuge der Haushaltsverhandlungen wurden Forderungen laut, ukrainischen Flüchtlingen weniger Sozialhilfe zu zahlen. So hatte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai erst am Montag eine Streichung des Bürgergelds für Geflüchtete aus der Ukraine verlangt. Ähnliche Forderungen waren wiederholt aus den Unionsparteien gekommen. Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen argumentierte etwa, das Bürgergeld sei zum "Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme" geworden.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai fordert eine Streichung des Bürgergelds für Geflüchtete aus der UkraineBild: Christian Spicker/IMAGO

Die Bundesregierung hatte die Forderungen am Montag zurückgewiesen. Dass Ukrainer EU-weit einen einheitlichen Schutzstatus hätten, sorge für eine massive Entlastung der Länder und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, da keine langwierigen Asylverfahren nötig seien, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Das Arbeitsministerium wies darauf hin, dass mit der Zuständigkeit der Jobcenter für ukrainische Geflüchtete auch schneller Maßnahmen für ihre Integration in den Arbeitsmarkt ergriffen werden könnten.

Während Ukraine-Flüchtlinge in den ersten Monaten nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs lediglich Anspruch auf Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz hatten, können sie seit Juni 2022 Grundsicherung bekommen, also die gleichen Leistungen wie Empfänger von Bürgergeld.

ch/sti (dpa, afp, epd, kna)