EU-Defizitsündern drohen Strafen
12. Juli 2016Die Finanzminister der Eurozone haben Sanktionsverfahren gegen Spanien und Portugal wegen andauernder Überschreitung der EU-Defizitvorgaben in Gang gesetzt. Beide Länder seien nicht konsequent genug gegen ihre Haushaltsdefizite vorgegangen, hieß es nach einem Treffen der EU-Ressortchefs in Brüssel. Es ist das erste Mal überhaupt, dass Sanktionen gegen Mitglieder der Eurozone wegen einer Defizitüberschreitung verhängt werden. Spanien wies 2015 ein Defizit von 5,1 Prozent auf, Portugal verzeichnete 4,4 Prozent.
Die EU-Kommission hat nun 20 Tage, um dem Ministerrat Empfehlungen für Strafen vorzulegen. Diese könnten sich dabei auf eine Höhe von bis zu 0,2 Prozent der Jahres-Wirtschaftsleistung belaufen. Allerdings haben Spanien und Portugal die Möglichkeit, innerhalb von zehn Tagen einen "begründeten Antrag zur Reduzierung der Strafen einreichen". Der Rat hat dann weitere zehn Tage Zeit, um Strafen zu beschließen.
Steuererhöhung angekündigt
Spaniens Finanzminister Luis de Guindos verteidigte vor der Entscheidung die Bemühungen seines Landes, das Defizit zu senken. "Der Grund, warum ich optimistisch bin, ist, dass eine Strafe gegen Spanien einfach Unsinn wäre", sagte er in Brüssel. Er kündigte außerdem eine Erhöhung der Körperschaftsbesteuerung an, um Forderungen der EU entgegenzukommen. Damit könnten mehr als sechs Milliarden Euros eingenommen werden, erklärte er.
Portugals Regierungschef Antonio Costa hatte vergangene Woche gewarnt, Bußgelder gegen sein Land würden nach der Brexit-Entscheidung der Briten die Europagegner stärken.
Höhe der Strafe völlig offen
"Ich bin sicher, dass wir am Ende ein kluges und intelligentes Ergebnis haben werden", erklärte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici hatte am Montag gesagt, die Strafen könnten auch auf "null" festgesetzt werden.
Brüssel hatte bereits im Jahr 2009 Defizitverfahren gegen Spanien und Portugal eingeleitet, weil ihre Neuverschuldung wiederholt über drei Prozent der Wirtschaftsleistung lag. Im Mai dieses Jahres hatte die EU-Kommission Sanktionen mit Verweis auf die Parlamentswahl in Spanien Ende Juni vorerst verhindert.
ago/qu (afp,afpe,dpa)