Afrikas machtlose Demokratiebewegungen
28. April 2017Robert Mugabe regiert seit Linda Masarira denken kann. Zufrieden ist sie mit seiner Regierung aber nicht. "Viele Leute fragen mich, warum ich nicht aufhöre, zu protestieren. Aber das kann ich nicht. Ich habe eine Verantwortung, den Kurs und das Schicksal meines Landes zu verändern", sagt die 34-jährige Demokratie-Aktivistin aus Simbabwe. Mit den anderen Aktivisten der #21DaysofActivism-Kampagne demonstriert sie für mehr Demokratie im Land. Doch Mugabe ist immer noch an der Macht. Linda Masarira entkam nur knapp einer Haftstrafe.
Als gescheitert würde Masarira ihren Protest dennoch nicht bezeichnen: "Wenn wir keinen Erfolg gehabt hätten, wären wir nicht festgenommen oder misshandelt worden. Wir haben also eine Auswirkung auf das Regime gehabt", sagt sie.
Kein "afrikanischer Frühling"
Im Zuge des arabischen Frühlings wurden auch in vielen afrikanischen Staaten Stimmen gegen autokratische Herrscher laut. Doch der erhoffte "afrikanische Frühling" blieb aus - nicht nur in Simbabwe: Rund 40 Aufstände und Proteste hat der US-amerikanische Politikwissenschaftler Zachariah Mampilly in den vergangenen Jahren auf dem Kontinent gezählt. Die meisten davon sind gescheitert. "Viele Bewegungen sind zerschlagen worden. Gegen Aktivisten auf dem afrikanischen Kontinent hat es massive Repressionen gegeben", so Mampilly auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Deutschen Welle und der Heinrich Böll Stiftung, die der Partei "Die Grünen" nahesteht.
Zum Beispiel Burundi. Vor zwei Jahren begannen dort Massenproteste gegen Präsident Pierre Nkurunziza. Der wollte eine dritte Amtszeit, die ihm laut Verfassung aber nicht zustand. Die Regierung ging mit harter Hand gegen die Kritiker vor: Hunderte Demonstranten wurden getötet, mehr als 400.000 Menschen flüchteten. Nkurunziza blieb an der Macht.
Massenproteste gibt es längst nicht mehr. "Sie töten jeden, der versucht, seine Stimme zu erheben. Wir können den Menschen nicht sagen, dass sie auf die Straße gehen sollen. Denn man wird sie töten", sagt der burundische Aktivist Teddy Mazina. Er lebt mittlerweile im Exil.
Organisierter Protest
Im Senegal ist der Umsturz dagegen geglückt. 2012 wollte der damaligen Staatschef Abdoulaye Wade ebenfalls nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit weiterregieren. Doch sein Plan ging nicht auf. Korruption und Armut erhöhten die Wut gegen seine Regierung noch. Mit Unterstützung der Straße gewann der Oppositionspolitiker Macky Sall eine Stichwahl gegen Wade.
Protestbewegungen in anderen afrikanischen Ländern könnten vom Senegal einiges lernen, meint Cheikh Oumar Cyrille Touré alias "Thiat". Der Rapper ist Mitglied der senegalesischen Bewegung "Y'en a marre" - zu Deutsch: "Es reicht". Viele Bewegungen seien nicht bereit gewesen, sich zu einer Organisation umzuwandeln und seien deshalb gescheitert, glaubt er. "Y'en a marre" hingegen tat genau das: Die Unterstützer wurden aufgerufen, Ortsgruppen zu bilden. Das Koordinierungsbüro in der Hauptstadt Dakar organisiert landesweite Demonstrationen. Die lokalen Ableger können aber auch eigene Proteste gegen Missstände vor Ort auf die Beine stellen. Die Bewegung ist immer noch aktiv - denn längst beäugt man auch Wades Nachfolger Macky Sall kritisch.
Fehlende Mittel
Doch Organisationen brauchen Geld. "Uns fehlen die Mittel, uns so zu organisieren, wie wir es gerne würden", sagt Touré. Geld aus dem Ausland anzunehmen, sei schwierig. "Dann würde es direkt heißen, wir seien von Deutschland oder den USA gesteuert", sagt der Aktivist. Aber auch aus Afrika kommt wenig Hilfe. "Allein in Nigeria gibt es genug Millionäre, die alle sozialen Bewegungen in Afrika unterstützen könnten. Aber dafür interessieren sie sich nicht. Sie kaufen sich lieber Privatflugzeuge oder gehen in teure Clubs in Paris. Das ist frustrierend", so Touré.
Trotz aller Herausforderungen: Afrikas Protestbewegungen seien trotzdem wichtig, sagt US-Experte Mampilly. Viele junge Afrikaner seien mit ihren autoritären Regierungen unzufrieden. "Für sie ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Regime stürzen. Es ist ein Verdienst der Protestbewegungen, dass sich viele Menschen nun eine andere Zukunft für ihre Heimatländer vorstellen können."