Dennis Schröder - Basketball-Vagabund in der NBA
18. Dezember 2024Im Sommer 2021 zu den Boston Celtics, im Februar 2022 zu den Houston Rockets, wenige Monate später zu den Los Angeles Lakers, nach nur einem Jahr zu den Toronto Raptors und von dort nach einer halben Saison weiter zu den Brooklyn Nets. Zum Leben als NBA-Profi gehörten für Deutschlands Ausnahme-Basketballer Dennis Schröder in den vergangenen Jahren viele Teamwechsel und Umzüge - teilweise quer durch Nordamerika.
Nun hat der Aufbauspieler schon wieder seinen Klub gewechselt. Er spielt ab sofort nicht mehr in New York für die Nets, sondern auf der anderen Seite der USA für die Golden State Warriors, die in San Francisco beheimatet sind. Die Warriors sind für den Kapitän der deutschen Weltmeister-Mannschaft bereits die neunte Station in zwölf Jahren NBA. Schon zum vierten Mal muss er innerhalb der laufenden Saison wechseln.
Kaum Einfluss und Mitsprache bei Teamwechsel
Das Wort "muss" ist in diesem Fall nicht falsch, weil NBA-Spieler in der Regel wenig Einfluss darauf haben, für welches Team sie spielen. NBA-Profis haben zwar einen Vertrag mit einem der 30 NBA-Klubs, sind aber bei der Liga selbst angestellt und können mit bestimmten Einschränkungen zwischen den Klubs getauscht werden.
Als sich bei den Warriors Aufbauspieler De'Anthony Melton das Kreuzband riss, brauchte man schnell einen Ersatz und fand ihn in Schröder. Die Teams einigten sich daher darauf, dass Melton sowie ein weiterer Spieler und einige Draft-Picks (das Recht, im Draft - der Spielerbörse vor der Saison - neue Spieler auszuwählen) nach Brooklyn abgegeben werden und Schröder dafür zu den Warriors wechselt.
Ob Schröder selbst das auch wollte, wurde gar nicht gefragt - und er wäre wohl auch nicht aus freien Stücken gewechselt. "Das Leben ist cool hier, wir wohnen in Brooklyn in einer guten Nachbarschaft", hatte er noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) gesagt. "Es gibt einen Spielplatz direkt vor der Tür, meine Kinder haben bereits Freunde, die sie jeden Tag treffen."
Dementsprechend geschockt war Schröder, als er von seinem Wechsel erfuhr. Er war erst Anfang des Jahres zu den Nets gekommen und fühlte sich dort nach dem vielen Hin und Her in den vergangenen Saisons heimisch. "Ich hatte schlechte Laune", erzählte Schröder - bis sein fünfjähriger Sohn Dennis jr. sagte: "Wir haben Glück, wenigstens ist es jetzt ein gutes Team."
Schröder mit den Warriors Titelkandidat
Tatsächlich hat Schröder mit seiner neuen Mannschaft bessere Chancen, in die Playoffs zu kommen, als mit seinem bisherigen Team. Und weggetauscht zu werden bedeutet auch nicht, dass er ein schlechter Spieler ist. Im Gegenteil: Schröder soll anstelle des starken Melton neben Superstar Stephen Curry dafür sorgen, dass die Warriors im Kampf um den Titel wieder ein Wort mitreden können. Mit Curry und dem aktuellen Trainer Steve Kerr ist Golden State 2015, 2017, 2018 und 2022 NBA-Champion geworden.
Schröder hat in dieser Saison für Brooklyn 18,4 Punkte und 6,6 Vorlagen pro Partie erzielt. Melton, der bis zu seiner schweren Verletzung bei den Warriors eine wichtige Rolle spielte, steht bei 10,3 Punkten und 2,8 Vorlagen.
Ob und wann auch Schröders Familie nach San Francisco folgen wird, muss sich zeigen. Ehefrau Ellen und die drei Kinder sind schließlich gerade erst in New York heimisch geworden. Das "echte Zuhause" der Schröders liegt ohnehin nicht in den USA, sondern in der norddeutschen Stadt Braunschweig im Bundesland Niedersachsen.
Dort ist Schröder 1993 geboren worden und aufgewachsen. Hier wurde der Sohn einer Mutter aus Gambia und eines deutschen Vaters im Alter von elf Jahren auf einem Basketball-Freiplatz von einem Vereinstrainer entdeckt und fing mit Basketball in der Halle an.
Fokussierung auf Basketball nach dem Tod des Vaters
Schröder war ein rebellischer Jugendlicher mit großem Ego und ausgeprägtem Selbstbewusstsein. Oft geriet er in Streit mit seinen Trainern und Mitspielern. Ein Schicksalsschlag änderte das: Nachdem sein Vater 2009 an einem Herzinfarkt gestorben war, fokussierte sich Schröder voll auf den Sport, weil er dem Vater versprochen hatte, es bis in die NBA zu schaffen. Damals war Schröder 16 Jahre alt.
Zwei Jahre später spielte er für die Basketball Löwen Braunschweig in der Basketball-Bundesliga. Kurz danach fiel er mit seinen guten Leistungen auch Scouts aus den USA auf. 2013 wechselte er zu den Atlanta Hawks in die NBA. Nationalspieler wurde Schröder erst nach seinem Umzug in die Vereinigten Staaten.
"Echte Heimat" in Braunschweig
Zu den Löwen Braunschweig gibt es aber nach wie vor eine enge Verbindung. Als es seinem Ex-Klub vor einigen Jahren finanziell schlecht ging, investierte Schröder sein in der NBA verdientes Geld und wurde Mit-Gesellschafter des Vereins. Seit Mai 2020 ist er sogar alleiniger Gesellschafter. "Braunschweig ist meine Heimatstadt, ich möchte der Region etwas zurückgeben", begründete Schröder seinen Schritt.
Sein Investment sicherte die Bundesliga-Lizenz und damit die Zukunft Braunschweigs als Basketball-Stadt. "Ich bin überzeugt davon, dass wir den Standort weiterentwickeln und zu einem Top-Klub in der Liga machen können", sagte Schröder damals. Ganz erfüllt hat sich diese Hoffnung bislang nicht. Braunschweig hat seit Schröders Übernahme noch keinmal die Playoffs erreicht, ein Abstieg aus der Bundesliga drohte bisher aber auch nicht.
Möglicherweise muss erst Dennis Schröder selbst zu den Löwen zurückkehren, bevor es sportlich für die deutsche Spitze reicht. Ein Comeback bei seinem Heimatverein hat Schröder vor einigen Jahren mal als sportliches Ziel formuliert, das er sich möglicherweise gerne erfüllen würde. "Das ist ein Traum, ich würde es gerne tun", sagte er vor einigen Jahren bei Magenta Sport. "Ich weiß natürlich nicht genau wann, aber das steht auf meiner Liste. Ich will auf jeden Fall nochmal in Braunschweig spielen."
NBA-Karriere bis 40?
Vorher aber möchte Schröder sein Leben als NBA-Profi so lange weiterführen, wie es geht. Mit seinen acht Jahren Erfahrung in der Liga, seinen Statistikwerten, seiner schnellen Spielweise und dem Weltmeister-Titel im Rücken hat sich der 31 Jahre alte Deutsche einen Status erarbeitet, der ihn von vielen anderen Spielern abhebt.
"Ich passe auf meinen Körper auf, kümmere mich um meine Fitness, um weiter so spielen zu können", sagte Schröder gegenüber der SZ. "Auch bei der Ernährung werde ich besser, deshalb denke ich, dass ich das alles bis 40 machen kann." Allerdings halten nur wenige Spieler den Stress der 82 Saison-Spiele (ohne Playoffs) und der vielen Reisen tatsächlich so lange aus. Deutschlands Basketballlegende Dirk Nowitzki war einer von ihnen.
Man kann Dennis Schröder und seiner Familie nur wünschen, dass weitere neun Jahre NBA nicht auch neun weitere Teamwechsel und Umzüge innerhalb der USA bedeuten. "Wenn das alles so klappt, dann will ich natürlich hier meine Karriere beenden", sagte Schröder bei seiner Vorstellung in San Francisco. Allerdings läuft sein Vertrag bei den Warriors erstmal nur bis zum Ende der Saison.