Dem Weltall so nah
17. Juli 2009Tasillo Römisch geht kaum einen Schritt durch sein kleines Museum, ohne die schwarzen Regale auf Staub zu überprüfen. Der Mittfünfziger will den Überblick über seine rund 90.000 Exponate behalten. Schließlich sind auch ein paar echte Raritäten dabei. Zum Beispiel ein blauer Baumwoll-Overall von Yuri Usatschow, dem ersten russischen Kommandanten der Internationalen Raumstation. Der Kosmonaut hat seinen Raumanzug dem Mittweidaer Museum geschenkt. "Wir haben viele Veranstaltungen miteinander gemacht", erzählt Römisch stolz, "und dann war er mal hier und hat gemeint, dass sein Anzug hier wohl richtig aufgehoben sei."
Römisch sammelt alles, was auch nur irgendeinen Bezug zur Raumfahrt hat. Dafür reist er um die Welt, besucht befreundete Raumfahrer und bietet auf Auktionen mit. 1992 hat er in einem Hinterhaus in der Mittweidaer Innenstadt sein kleines Museum, bestehend aus einem Büro, zwei Gästezimmern und ein paar Archivräumen einquartiert. Seitdem schützt er seine Sammlung wie eine Kostbarkeit.
Unzählige Fotos und Zeitungsartikel füllen die Regale. In Glasvitrinen liegt eingeschweißtes Weltraumklopapier und stehen selber gedrechselte Raketenmodelle. Die signierten und einzeln verpackten Weltraumhandschuhe bewahrt er versteckt in einem Panzerschrank auf. Für Römisch ist das der Schatz seines unerfüllten Traumes, der vor 40 Jahren mit dem ersten Menschen auf dem Mond begann. "Ich war ganz stolz, dass ich das bei meinem Opa im Fernsehen sehen durfte. Und natürlich stand mein Entschluss fest: Ich will Astronaut werden."
Vom Hobby bis fast zur Promotion
Schon als Jugendlicher arbeitet Römisch auf die Erfüllung seines Traumes hin. Er gründet in der DDR die "Jugendarbeitsgemeinschaft Kosmos". Er beliest sich, fachsimpelt mit anderen Weltraumbegeisterten und hält Vorträge zur sowjetischen Raumfahrt. Weil seine Arbeit anerkannt ist, darf er in den Bibliotheken auch Literatur aus dem Ausland studieren und sogar über den US-amerikanischen Space Shuttle berichten.
Dann bewirbt sich Römisch als Kosmonaut. Eine Antwort erhält er jedoch nie, und für ein Physikstudium reichen seine Noten nicht aus. Stattdessen studiert er Wirtschaftswissenschaften, schlägt eine Laufbahn als Ökonom ein. Damit hat er zwar keine Chance mehr, ins Weltall zu kommen, doch die Raumfahrt bleibt Hobby und Profession. "Ich mache das seit 1969, habe viele Vorträge gehalten, verschiedenes veröffentlicht, diese und jene Kongresse besucht. Das summiert sich, so dass man mir diese Kompetenz einfach zugesteht."
Fast hätte es auch mit einer wissenschaftlichen Karriere geklappt. An der Humboldt Universität Berlin beginnt Römisch eine Promotion über Raketentransporte. Doch mit der Wende wird die Sektion Wirtschaftwissenschaften aufgelöst, seine Arbeit bleibt unvollendet. Bald darauf macht sich Römisch selbstständig. Er verleiht seine Sammlerstücke, schickt zum Beispiel einen Raumanzug für einen Videodreh nach Namibia und kämpft Tag um Tag um Aufträge, "aber was ich jetzt in meinem Job alles erlebe, wo ich überall hin reisen darf, wen ich treffen darf, das hätte ich mir im Leben nicht träumen lassen".
Raumfahrt muss wieder spannender werden
Immer wieder empfängt Römisch ehemalige Astronauten und Kosmonauten bei sich im Museum in Mittweida und vermittelt sie mit seiner privaten Agentur zu Ausstellungen weiter - 44 waren es bisher. Das, was ihm die befreundeten Raumfahrer berichten, kann Römisch seinen Besuchern aus erster Hand erzählen, mit wachen Augen und rosigem Gesicht. Ganz so, als wäre er selbst im Weltall gewesen.
In Kindern möchte er Neugierde und Forscherdrang wecken. Vor allem aber möchte er die Raumfahrt wieder spannender machen, als sie in den letzten Jahren war. "1972 hat zum letzten Mal jemand den Mond betreten. Etwas Höheres, etwas Besseres, etwas Interessanteres hat es bisher nicht gegeben", findet Römisch und schlägt vor: "Wenn man jetzt mal auf den Mars fliegen oder eine Mondstation aufbauen würde, das würde die Leute wieder bewegen!"
Rein körperlich fühlt sich Tasillo Römisch noch fit genug fürs All, aber für eine Reise als Tourist fehlt ihm einfach das Geld. Deshalb würde er gerne wenigstens den ersten Schritt auf den Mars miterleben, und sei es nur vorm Fernseher.
Autorin: Maxie Thielemann
Redaktion: Kay-Alexander Scholz