Der Dackel kommt ins Museum
2. April 2018Was haben Napoleon Bonaparte, Abraham Lincoln, Kaiser Wilhelm II., Pablo Picasso, Andy Warhol und Adele gemeinsam? Genau, ihre Liebe zum Dackel, auch als Dachshund, Teckel oder auf Englisch als "sausage dog", Wursthund bekannt.
Jahrzehntelang tummelte sich der robuste kleine Kerl ganz oben auf der Beliebtheitsskala deutscher Hundebesitzer. Doch mittlerweile haben ihm Labrador, Chihuahua und Mops den Rang abgelaufen, und der Dackel findet sich laut der Zeitschrift "Partner-Hund" und dem Tierrregistrierverein "Tasso e.V." abgeschlagen auf Platz 29 wieder. Dabei gilt der Dackel, neben dem Schäferhund, bis heute als Inbegriff deutscher oder noch eher bayerischer Lebensart - und genau deswegen haftet ihm heutzutage oft der Ruf der Spießigkeit an.
"Wenn der Dackel in den Spiegel guckt, sieht er einen Löwen"
Zu Unrecht, sagen Dackelexperten, denn in Hundekreisen ist bekannt, dass Dackel zu den eigenwilligsten Vierbeinern überhaupt gehören und der Mensch am anderen Ende der Leine nicht unbedingt das Sagen hat. Der Dackel, das wissen Herrchen und Frauchen, hat ein gesundes Selbstbewusstsein und leidet mitunter auch an Größenwahn, wenn er sich furchtlos mit größeren Artgenossen anlegt. Nicht umsonst gibt es das geflügelte Wort: "Wenn der Dackel in den Spiegel guckt, sieht er einen Löwen."
Der Urvater des Dackels, die keltische Bracke, ging vermutlich schon vor über 2000 Jahren auf die Jagd. Im Mittelalter waren auf dem Land Füchse und Dachse ein großes Problem, denn sie rissen Hühner und fraßen die Ernte. Die Jäger konnten sie nicht erwischen, weil sie unter der Erde lebten. Deshalb waren Hunde mit kurzen krummen Beinen zum Graben und ausgesprochenem Jagdtrieb gefragt. Bereits 1560 fanden die Dackel in einem Hundebuch Erwähnung, die "speziell für die Jagd in Dachs- und Fuchsbauten gezüchtet wurden".
Organisiert im "Teckelclub"1888 gründeten die preußischen Offiziere und Hundenarren Klaus Graf Hahn und Emil Illgner den "Deutschen Teckelclub", der bis zum heutigen Tag existiert und mehr als 20.000 Mitglieder zählt. Auch Kaiser Wilhelm II. war ein ausgesprochener Dackelfan, seinem Jagdgefährten "Erdmann", der 1901 das Zeitliche segnete, ließ er sogar einen eigenen Grabstein setzen.
Über den Kaiser schwappte die Dackelliebe im 19. Jahrhundert über den Ärmelkanal auch nach England: Wilhelm II. war der Enkel der britischen Königin Victoria, die die Teckel ebenfalls in ihr Herz schloss. Ein Jahrhundert zuvor hatte sich schon Napoleon als wahrer Dackelnarr entpuppt. Seine Dackel, so verfügte er, sollten mit ihm das Grab teilen und wurden nach ihrem Tod im Fußbereich seines Sarkophags aufgebahrt.
Dackelliebe in allen Varianten
Spätestens im 20. Jahrhundert begann der Dackel dann seinen Siegeszug um die Welt. Es gibt ihn in der Kurzhaar-, Langhaar und Rauhaarvariante, und zeitweise wurde aus dem Jagdhund ein richtiger Modehund. Schon Picasso liebte seinen "Lump" und verewigte ihn auf einer berühmten Schwarz-Weiß-Zeichnung. Auch Andy Warhol bannte seinen "Archie" auf der Leinwand, ebenso wie David Hockney seine Tiere "Stanley und Boogie".Einstein bediente sich des Dackels, um Studenten im kalifornischen Princeton das Prinzip der Telegrafie zu erklären: "Stellen Sie sich vor, ein Dackel wäre so lang, dass er von New York nach London reicht. Wenn Sie ihn nun in New York in den Schwanz zwicken, so jault er in London", dozierte das Physik-Genie. "Das ist Telegrafie. Drahtlose Telegrafie ist dasselbe ohne Dackel."
Die Sängerin Adele ließ vor lauter Dackelliebe ihr Haus direkt gegenüber einem Park bauen, damit ihr "Louie" genug Auslauf bekommt. Und in Berlin geht man in die hippe Bar "Posh Teckel" (schicker Dackel), benannt nach dem Dackel der Besitzerin, der Hundedame Ella. Ihr zu Ehren gibt es in dem Lokal sogar Fritten in Dackelform. Angeblich, so lassen die Trendscouts verlauten, sei der Dackel wieder auf dem Vormarsch und löse den "tierische Must-have"-Mops ab.
Ein Denkmal für den Dackel
Nirgendwo gibt es allerdings derzeit mehr Dackel als in Japan, rund 20.000 Welpen kommen dort jährlich auf die Welt und werden von ihren stolzen Besitzern oftmals in Samt und Seide gekleidet. Zum Vergleich: In ihrer deutschen Heimat waren es 2017 nicht einmal die Hälfte. Auf Deutschlands Straßen ist der Dackel also definitiv in der Unterzahl - und deshalb muss jetzt das Museum in Passau her, ins Leben gerufen von den ehemaligen Floristikmeistern und Souvenirladenbesitzern Josef Küblbeck und Oliver Storz. Der Dackel sei auf der ganzen Welt bekannt, der Repräsentant für bayerische Gemütlichkeit und irgendwie einfach typisch, finden die beiden.20 Jahre lang haben sie Dackel in allen Varianten erworben, und dann vermachte ihnen auch noch ein Sammler aus Belgien seinen Fundus. Um die 2000 schlappohrige Exponate haben sie in der Ausstellung humor- und liebevoll in Szene gesetzt: Dackel aus Porzellan, Dackel in Form von Flaschenöffnern oder Christbaumschmuck, Dackel in Öl porträtiert und natürlich einen Druck von Picassos berühmter Dackel-Zeichnung. Auch der Wackeldackel, der früher im Rückfenster deutscher Autos einen Ehrenplatz hatte, steht in den Vitrinen, ebenso wie das bunt gestreifte Olympiamaskottchen "Waldi" von 1972.
"Dackel sind schlitzohrig, gemütlich, gesellig, schnell, intelligent, ausdauernd, anhänglich, treu, liebevoll und ergeben", sagt Küblbeck. Er und sein Partner Storz haben alles zum Thema Dackel gelesen und zahlreiche Anekdoten parat: Als die Hunderasse um die Jahrtausendwende etwas aus der Mode kam, habe der britische Sänger Liam Gallagher gleich zehn Dackel gekauft, nur damit die Rasse nicht aussterbe, berichten die Museumsmacher.
In Passau sind viele Ladenbesitzer mittlerweile auf den Dackeltrend aufgesprungen: Beim Italiener gibt es Dackelpizza und beim Bäcker Dackelbrezeln und Dackelpralinen. Aber das erste Dackelmuseum Deutschlands hat auch Gegner, die laut aufjaulen, das Museum habe nichts mit Kultur zu tun. Küblbeck und Storz ficht das nicht an, sie sind stolz auf ihr Museum. Und auch Moni und Seppi, Familiendackel in dritter Generation, ist die Kritik nicht mal ein Knurren wert.