Der DFB ist "weiblicher geworden"
11. März 2022Mit viel Applaus wurde der neue DFB-Präsident auf der Bühne im Bonner Conference Center empfangen. Mit 193 von 250 Stimmen ist Bernd Neuendorf beim 44. DFB-Bundestag zum wichtigsten Mann beim weltgrößten Fußballverband gewählt worden. Der 60-Jährige betonte in seiner Rede "den DFB endlich wieder ins ruhige Fahrwasser bringen" zu wollen. Neuendorf betonte aber auch, dass vor allem das Thema Diversität auf seiner Agenda ganz oben steht.
Als erste Veränderung wird die ehemalige Nationalspielerin Celia Sasic eine neu geschaffene Position besetzen. Die in Bonn geborene ehemalige Stürmerin ist die Tochter einer französischen Mutter und eines kamerunischen Vaters und wird das Amt der Vizepräsidentin für Vielfalt und Gleichstellung übernehmen. Sasic ist damit eine von nur fünf Frauen, die in der 122-jährigen Historie des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in das Präsidium berufen wurde. Dennoch ist es ein erster Schritt, freute sich Neuendorf und betonte: "Wir haben uns verjüngt, wie sind weiblicher geworden. Das sind alles sehr wichtige Signale, die von diesem Bundestag ausgehen. Und das macht mich stolz und lässt mich zuversichtlich und mit großer Freude in die Zukunft schauen.“
Ratzeburg: "Fußball bedeutet Bewegung"
Neben Sasic, wurden auch Sabine Mammitzsch und Silke Sinning an die DFB-Spitze gewählt. Letztere konnte sich in einer Kampfabstimmung deutlich gegen Rainer Koch durchsetzen. Sinnings Wahl darf als echte Neuerung beim DFB verstanden werden, denn Koch galt als einflussreicher Taktiker, der im Hintergrund oft die Strippen zu seinen Gunsten gezogen haben soll und so immer wieder auch im Zusammenhang mit Streitigkeiten innerhalb des DFB genannt wurde.
Neben Sinning, Mammitzsch und Sasic ist erst im vergangenen Jahr DFL-Generalsekretärin Donata Hopfen in die obere Etage des DFB aufgerückt. Mit Hannelore Ratzeburg, der in Bonn die DFB-Ehrenmitgliedschaft verliehen wurde, scheidet dagegen eine der wichtigsten Figuren in der Entwicklung des Frauenfußballs auf nationaler und internationaler Ebene beim DFB aus. Die 70-Jährige war 45 Jahre beim Verband tätig und forderte in ihrer Rede indirekt mehr Diversität beim DFB.
"Es war nicht immer einfach, aber es hat mir immer Spaß gemacht", sagte die 70-Jährige, die seit über 45 Jahre beim DFB tätig ist. "Fußball bedeutet Bewegung nicht nur auf dem Platz, sondern auch beim Präsidium." Die scheidende Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball wurde 1995 als erste Frau in das DFB-Vorstand gewählt und hatte sich seitdem für mehr Diversität im Fußball eingesetzt.
Sasic: "Vielfalt ist sehr reizvoll"
In Zukunft wird das Thema Diversität und Vielfalt im deutschen Fußball besonders Sasic‘ Aufgabe sein. Die ehemalige Stürmerin kann bei ihrer neuen Aufgabe auf viel Erfahrung zurückgreifen. 2014 gewann sie den DFB-Pokal und ein Jahr später die Champions League mit dem 1. FFC Frankfurt. Mit der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft wurde die heute 33-Jährige zweimal Europameisterin. Schon während ihrer aktiven Karriere war Sasic als DFB-Integrationsbotschafterin tätig.
"Grundsätzlich sehe ich es immer als Vorteil an, wenn Menschen aus verschiedenen Kulturen auf einander treffen, da jeder einzelne davon nur profitieren kann und Dinge entstehen, die sonst nicht möglich wären", erklärte Sasic in einem Interview mit dem Goethe-Institut. "Diese Vielfalt ist sehr reizvoll und es hat mir persönlich immer riesen Spaß gemacht mit ausländischen Spielerinnen zu spielen." Ihre Erfahrungen als aktive Spielerin will sie nun auch beim DFB einbringen.
"Ich möchte Teil der Veränderung sein", freute sich Sasic. "Ich habe selbst die Kraft des Fußballs am eigenen Leib erfahren dürfen. Und ich möchte diese Kraft auch weiterhin für die Gesellschaft nutzen. Wir müssen das Gemeinwohl stärken und die großen Themen dieser Zeit wie das Gemeinwohl stärken, Nachhaltigkeit und Diversität.“
Weikert: "Der Sport muss voran gehen"
Doch Mammitzsch‘, Sinnings und Sasic‘ Berufung ins DFB-Präsidium kann nur der Anfang weiterer deutlicher Veränderungen beim weltweit größten Fußballverband sein. "Wir müssen mehr tun, um Hürden für Frauen im Sport abzubauen", sagte auch der anwesende DOSB-Präsident Thomas Weikert. "Der Sport ist ein Spiegel der Gesellschaft. Die Unterrepräsentanz in Politik und Gesellschaft ist vorhanden. Der Sport muss mit gutem Beispiel voran gehen."
Neuendorf erklärte, dass die Veränderungen im deutschen Sport in enger Zusammenarbeit mit dem DOSB stattfinden soll und ergänzte: "Wer den Weg der Erneuerung und des kulturellen Wandels nicht mitgeht, wird mich zum entschiedenen Gegner haben." Ob der DFB aber nun wirklich vor einem Aufbruch in eine neue Zeit steht, wird die Zukunft zeigen. Neuendorf hat zumindest dafür gesorgt, dass mehr Frauen einen Platz im Präsidium bekommen haben. Ein erster Schritt, dem noch weitere folgen müssen. Denn nach den Querelen der vergangenen Jahre, dürfte das die letzte Chance des Deutschen Fußballverbandes für einen Neustart sein.