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Der Drache holt auf

Rolf Wenkel18. Februar 2014

Chinas Maschinenbauer kommen der deutschen Konkurrenz immer näher. Die hat deshalb die Strategien von 122 chinesischen Unternehmen untersuchen lassen. Ist die Wachablösung nur noch eine Frage der Zeit?

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Maschinenbau in Guangxi Yuchai Machinery Co. China (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die chinesische Regierung und die Unternehmen wollen den Maschinenbau auf ein höheres Technologieniveau heben und diesen Markt zunehmend mit einheimischen Herstellern besetzen. "Chinas Maschinenbauindustrie war bis vor kurzem auf den Ausbau des Volumensektors fokussiert und vernachlässigte Investitionen in Schlüsseltechnologien", heißt es in einer am Dienstag (18.02.2014) in Frankfurt vorgestellten Studie des deutschen Maschinenbauer-Verbandes VDMA.

Chinesische Konkurrenz im Maschinenbau

Doch im neuen Fünfjahresplan sei deutlich erkennbar, dass Peking mit politischen Anreizen versuchen will, die technologischen Lücken zu schließen. "Durch zusätzliche Vorgaben mit zum Teil drastischen Umsetzungsvorschriften strebt die Regierung eine höhere Wettbewerbsfähigkeit und Marktmacht ausgewählter lokaler Unternehmen gegenüber ausländischen Konkurrenten an, um in Zukunft 'National Champions' zu entwickeln", heißt es in der Studie weiter.

Doppelstrategie

Die Studie spricht von einer Parallelstrategie der chinesischen Hersteller: Zum einen solle die unternehmensinterne Innovationskraft gestärkt werden, um ins obere Marktsegment vorzustoßen. Zum anderen liege der Fokus wegen des immer noch fehlenden technologischen Knowhows gegenüber ausländischen Herstellern gezielt auf so genannten "Good Enough"-Produkten - also Maschinen, über die deutsche Ingenieure zwar die Nase rümpfen würden, die aber ihren Zweck erfüllen.

"Die Chinesen sind sehr stark in preislich absolut wettbewerbsfähigen Maschinen und Anlagen, da liegen sie im Vergleich zu deutschen Maschinen 30 bis 40 Prozent günstiger", sagt Daniela Bartscher-Herold, Co-Autorin der Studie, zur DW. "Das sind Basismaschinen mit minimalen Leistungsfähigkeiten und -parametern, das ist die eine Strategie. Sie versuchen aber auch, in die technologisch höherwertigen Segmente aufzusteigen, indem sie diese Maschinen ausrüsten mit importierten kritischen Komponenten. Das ist ihre Parallelstrategie."

Gezielte Förderung

Mit Hilfe dieser "Good Enough"-Strategie konnten sich chinesische Hersteller erfolgreich im mittleren Marktsegment positionieren, heißt es in der Studie, und sich auch gegenüber technologisch hochwertigeren Maschinen und Anlagen ausländischer Hersteller behaupten. Die Technologielücke im oberen Marktsegment sei aber für den Großteil der chinesischen Marktteilnehmer - auch nach eigener Einschätzung - immer noch zu groß, um dort in naher Zukunft erfolgreich zu sein.

Deshalb will die Regierung nachhelfen: Der 12. Fünfjahresplan zielt darauf ab, China zu einer technologisch führenden Volkswirtschaft zu entwickeln. Insbesondere sollen sieben "strategische Schlüsselindustrien“ gezielt gefördert werden: Alternative Antriebstechnologien, alternative Energieträger, Biotechnologie, Energieeinsparung und Umweltschutz, High-End-Produktions- und Fertigungsanlagen, Next Generation IT und die Entwicklung neuer Werkstoffe.

Geld für F&E ist nicht alles

122 chinesische Unternehmen hat die EAC - Euro Asia Consulting - im Auftrag des VDMA analysiert. Durchschnittlich vier Prozent des Jahresumsatzes haben sie für Forschung und Entwicklung (F&E) ausgegeben. Deutsche Maschinenbau-Unternehmen haben dafür im gleichen Zeitraum 5,4 Prozent aufgewendet - weit entfernt sind die Chinesen also nicht mehr. "Zahlenmäßig sind sie nahe beieinander", sagt Daniela Bartscher-Herold. "Die Frage ist aber, was bei der Forschung rauskommt." So heißt es in der Studie wörtlich: "Fehlende Erfahrung des Fachpersonals, eine unterentwickelte Patentrechtslage sowie mangelnde Prozesskenntnisse im Forschungssystem sind die Haupthindernisse für den Aufbau eigener, mit westlichen Maßstäben vergleichbarer F&E-Zentren."

Und: Paradoxerweise stellt sich das unterentwickelte Patentrecht, das in der Vergangenheit den technologischen Aufschwung durch simples Kopieren ermöglicht hat, immer mehr als Hindernis heraus. Denn wer jederzeit kopiert werden kann, ohne dass die Kopierer Strafen befürchten müssen, entwickelt keinen sonderlichen Ehrgeiz, überdurchschnittlich viel in F&E zu investieren.

Gegenstrategien notwendig

Dennoch heißt es in der Studie weiter: "Aufgrund regierungsseitiger Stimulierungen bei einer steigenden Lernkurve chinesischer Hersteller hat sich die Lücke technologischer Wettbewerbsnachteile des chinesischen Maschinenbaus im Vergleich zu deutschen Anbietern verringert." Die Autoren empfehlen daher unter anderem dringend, Grundlagenforschung und Entwicklung weiter daheim zu betreiben und nicht nach China auszulagern.

Zudem sollten deutsche Hersteller nicht nur das obere, sondern auch das mittlere Marktsegment ansprechen. Würden dort marktgerechte Maschinen- und Anlagenkonzepte entwickelt, könnten diese auch für den Export in andere Schwellenländer genutzt werden. "Man sollte zudem im Vertrieb, im Service und in der Beschaffung noch stärker auf lokale Ressourcen in China zurückgreifen - da gibt es noch genug Potenzial, um die Kosten zu optimieren", so Bartscher-Herold zu DW. "Es gibt genug Hausaufgaben zu tun."