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Der DW-Kulturkalender für Juli

25. Juni 2010

Der Sommer ist da, und mit ihm kommen die Ferien. Das macht sich auch im Kulturprogramm bemerkbar, trotzdem gibt es auch im Juli kulturell wieder einiges zu entdecken in Deutschland …

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"Women without Men"

Women Without Men, Verleih: Barbarella Entertainment (Foto: Courtesy Co-Production-Office)
Poetisch und politisch: Szene aus dem Film 'Women without Men' von Shirin NeshatBild: Courtesy Co-Production-Office

Noch bis zum elften Juli beherrscht der Fußball das Land. Wer trotzdem mal in Kino gehen will, der findet im Programm zwar keine großen Hollywood-Kinostarts – die werden zurückgehalten, bis die Weltmeisterschaft vorbei ist –, aber gute Filme gibt es natürlich trotzdem. Am 1. Juli startet "Women without Men" in den deutschen Kinos, der erste Spielfilm der iranischen Künstlerin Shirin Neshat. Die Geschichte handelt von vier Frauen, die die Machtübernahme des Schahs 1953 miterleben. Erzählt werden diese Schicksale in phantastischen, beinah surrealen Bildern, die dem Film etwas Traumhaftes verleihen. Zugleich aber ist es ein politischer Film, der durch die Unruhen nach der iranischen Präsidentenwahl im letzten Jahr erschreckend an Aktualität gewann. Der Film überzeugte auch die Jury beim Internationalen Filmfestival 2009 in Venedig: Shirin Neshat bekam für "Woman without Men" den Goldenen Löwen für die beste Regie.

Weltmusik in Rudolstadt

Impressionen vom TFF Rudolstadt 2009 (Foto: Uli José Anders / DW)
Musik und Tanz an allen Ecken: In Rudolstadt ist wieder Folkfestival ...Bild: DW / Anders

Rudolstadt – das ist eine kleine Stadt in Thüringen, die 1955 ausgesucht wurde, um das "1. Deutsche Tanzfest" zu veranstalten. Im Zentrum stand der deutsche Volkstanz, der gepflegt und beschützt werden sollte vor dem zunehmenden – von manchen als "schädlich" wahrgenommen – kulturellen Einflüssen aus den USA. Zu Beginn nahmen auch westdeutsche Gruppen an dem Festival teil, doch im Laufe der Jahre richtete sich der Blick mehr und mehr nach Osten, wurde das Festival das zentrale Tanzfest der DDR, bei dem die sozialistischen Staaten ihre Volkstänze präsentierten. Auch der Name variierte, mal hieß es "Folklorefest der Lebensfreude", mal "Fest der sozialistischen Völkerfamilie". Nach dem Mauerfall dann stellte sich die Frage, wie es weitergehen sollte. Eine Fortführung im alten Stil war undenkbar, eine Ausschreibung schließlich entschied die Angelegenheit. Heute heißt die Veranstaltung, zu der Künstler aus aller Welt anreisen, "TFF.Rudolstadt" – "TFF" steht für "Tanz & Folk Fest". Getanzt wird also noch immer, insgesamt aber stehen vom 2. bis 4. Juli vor allem Konzerte auf dem Programm.

Kultur in der Provinz

Blick auf den Bahnhof Rolandseck durch die Skulptur 'Bewegtes Tanzgeschmeide' von Hans Arp (Foto: dpa)
Der Bahnhof Rolandseck - gesehen durch die Skulptur 'Bewegtes Tanzgeschmeide' von Hans ArpBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Wenn es heiß wird in den Städten, tut man gut daran, sich außerhalb aufzuhalten. Gelegenheit dazu gibt es genug, überall im Land werden im Sommer Festivals und Konzerte veranstaltet. Zum Beispiel auch vor den Toren der Stadt Bonn, hier liegt der "Bahnhof Rolandseck" – gebaut Ende des 19. Jahrhunderts für die Sommerfrischler aus Köln, die eine bequeme Anfahrtsmöglichkeit an den Rhein brauchten. Bereits in den 1960er Jahren wurde die Eisenbahnstation für Konzerte genutzt. Einer der Höhepunkte war der Besuch des Israel Philharmonic Orchestra, das als erstes israelisches Orchester nach dem Holocaust in Deutschland zu Gast war. Später stand das Gebäude leer, bis es Anfang des neuen Jahrtausends schließlich saniert und 2004 wiedereröffnet wurde. Seitdem gibt es hier regelmäßig Ausstellungen, Konzerte und Lesungen, erst vor kurzem war die Nobelpreisträgerin Herta Müller zu Gast, die aus ihrem Roman "Atemschaukel" vorlas. Im Juli (11.-19.7.) ist der Bahnhof wieder Treffpunkt für Freunde der Kammermusik. Musiker aus Israel und Frankreich reisen an, aus China, Südamerika und dem Nahen Osten. Es wird einen Meisterkurs geben und natürlich viele Konzerte. Wer dabei sein möchte muss sich beeilen – die Tickets sind heiß begehrt.

Internationale Deutscholympiade

Teilnehmer der Deutsch-Olympiade 2008 in Dresden(Foto: dpa)
Deutsche Sprache, schöne Sprache: Teilnehmer der Deutscholympiade 2008 in DresdenBild: picture-alliance/ dpa

Sommerferien – das bedeutet für die meisten Jugendlichen Freunde treffen, Schwimmen gehen oder auch einfach nur faulenzen. In Hamburg sieht das ein wenig anders aus, hier treffen sich vom 19. Juli bis zum 1. August 90 Jugendliche aus 46 Ländern, um an der Internationalen Deutscholympiade teilzunehmen, die das Goethe-Institut zusammen mit dem Internationalen Deutschlehrerverband ausrichtet. Zwei Wochen lang müssen sich die Schüler behaupten, indem sie Artikel schreiben, Präsentationen vorbereiten, an Diskussionen teilnehmen und ein Quiz bestehen. Keine leichte Aufgabe, vor allem wenn draußen gutes Wetter ist. Aber ein bisschen Spaß machen soll das Ganze ja auch, und so gibt es natürlich auch ein kulturelles Rahmenprogramm, darunter die obligatorische Hafenrundfahrt und ein Besuch auf dem Fischmarkt. Die Gewinner der Olympiade dürfen im nächsten Jahr wiederkommen: Sie bekommen ein Stipendium für einen Sprachkurs in Deutschland im Jahr 2011.

Richard-Wagner-Festspiele Bayreuth

Richard Wagners Oper 'Parsifal' bei den Bayreuther Festspielen 2008: Detlef Roth als Amfortas, links, und Kwangchul Youn als Gurnemanz (Foto: AP)
Auch 2010 wieder im Programm: Richard Wagners Oper 'Parsifal'Bild: AP

Zum 99. Mal werden am 25. Juli die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth eröffnet – das erste Mal ohne den langjährigen Leiter Wolfgang Wagner, der im März dieses Jahres gestorben ist. Die Leitung hatte er allerdings schon 2008 abgegeben, an seine beiden Töchter Eva und Katharina Wagner. Das schreibt sich so einfach, war aber begleitet von heftigsten Streitereien und Diskussionen. Der Wagner-Clan sorgt überhaupt oft für Furore: Wer kann wen nicht leiden, wer hat was gesagt, wer hat wen beleidigt. Doch auch das gehört zum Mythos Bayreuth. Die Besucher kommen aus aller Welt, viele haben jahrelang auf eine Karte gewartet. Die Proben laufen bereits auf Hochtouren, allerdings hat man in diesem Jahr Platzprobleme, unter anderem weil die Bühnenbilder immer größer und massiver werden. So finden die Proben für Wagners Oper 'Parsifal' in einer ehemaligen Produktionshalle eines Metallbetriebes statt, die extra dafür angemietet und umgebaut wurde. Der feierlichen Eröffnung auf dem grünen Hügel – eine Anhöhe in Bayreuth, auf der das Festspielhaus steht – aber wird das keinen Abbruch tun. Jahr für Jahr fährt hier die Prominenz vor, allen voran in der Regel auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Die längste Tafel der Welt

Probe zur Aktion Still-Leben Ruhrschnellweg (Foto: Ruhr 2010 / Jan Pauly)
Von Dortmund bis Duisburg reicht der längste Tisch der Welt - jetzt können die Besucher kommen ...Bild: RUHR.2010 / Jan Pauly

Sie saßen bei einem Glas Rotwein beim Italiener und fragten sich, was die Menschen im Ruhrgebiet miteinander verbindet: Fritz Pleitgen – der Journalist und Kopf der "Ruhr 2010" und Jürgen Flimm, Intendant der Berliner Staatsoper. Ihre Antwort: die A40, auch Ruhrschnellweg genannt. Eine Autobahn, die sich quer durch das Ruhrgebiet zieht und auf der wahrscheinlich jeder schon mal im Stau stand. Diese Autobahn müsste man sperren und einen langen Tisch aufbauen, von Dortmund bis nach Duisburg, einen Tisch, an dem alle Platz finden, so die Idee der beiden Männer. Gesagt, getan: Am 18. Juli ist soweit. "Still-Leben Ruhrschnellweg" heißt die Aktion, die Teil des Kulturhauptstadtprogramms 2010 ist. Morgens um elf Uhr geht’s los bis nachmittags um fünf. In dieser Zeit wird auf der Autobahn geschlemmt, geplaudert und flaniert. Jeder der Lust hat, kann sich einen Tisch mieten, einzige Bedingung: Man ist aufgefordert, ein Stück Alltagskultur zu präsentieren. Das können Stricktipps sein und leckere Rezepte, aber auch Gesang, Musik oder eine spezielle Sportart. Wenn dann das Wetter noch mitspielt, dann wird das Ganze sicherlich eine sehr gesellige Angelegenheit.

Autorin: Petra Lambeck

Redaktion: Ramón García-Ziemsen