Liverpool ist Meister, Klopp am Ziel
25. Juni 2020Typisch Jürgen Klopp. "Ich muss mir das Spiel anschauen", sagte der deutsche Erfolgstrainer des FC Liverpool am Mittwoch vor dem Auftritt des Tabellenzweiten Manchester City einen Tag später beim FC Chelsea. Nicht wegen der möglichen Entscheidung im Premier-League-Titelkampf zugunsten seiner "Reds", wie Klopp betonte, sondern "weil wir in einer Woche gegen sie [Man City - Anm. d. Red.] spielen. Da geht es um Professionalität, das ist mein Job." Den hat er bestens erledigt. Auf dem Sofa durfte sich Klopp am Tag nach seiner Aussage über die erste Meisterschaft des FC Liverpool seit 30 Jahren freuen. Titelverteidiger Manchester verlor bei Chelsea mit 1:2 (0:1) und kann in den verbleibenden sieben Spielen den Riesenrückstand von 23 Punkten auf Liverpool nicht mehr aufholen.
"Das perfekte Spiel"
Am Mittwoch hatte Klopps Mannschaft beim überzeugenden 4:0 (2:0) gegen Crystal Palace den 23. Heimsieg in Serie gefeiert. Als erstes Team seit der Erfassung der Premier-League-Spieldaten im Jahr 2008 gestattete Liverpool dem Gegner nicht eine einzige Ballberührung im eigenen Strafraum. "Ich habe das richtig genossen, es war das perfekte Fußballspiel für uns", sagte Klopp. "Ich bin fast sprachlos, ich könnte nicht glücklicher sein." Wahrscheinlich auch, weil dem 53-Jährigen klar war, dass er, seine Mannschaft und die ganze Stadt nun nicht mehr lange auf den "Heiligen Gral", wie die Zeitung "Liverpool Echo" den Meistertitel nannte, würde warten müssen.
"The normal one" wird "the boss"
Die Saisonbilanz ist beeindruckend: 28 Siege, zwei Unentschieden und nur eine Niederlage (im März gegen den FC Watford) stehen zu Buche - Liverpool ist in dieser Premier-League-Saison eine Klasse für sich. In der Spielzeit 2018/19 hatte sich das Team noch knapp Manchester City geschlagen geben müssen. Ein Punkt hatte zu Platz eins gefehlt, die einzige Saison-Niederlage hatte Klopps Team bei den Citizens kassiert. Dafür hatte Liverpool jedoch den wichtigsten Titel im europäischen Vereinsfußball gewonnen, die Champions League. Für die Liverpooler Fanseele ist der jetzt errungene englische Meistertitel jedoch noch bedeutender.
Bei seiner ersten Pressekonferenz für den Verein im Oktober 2015 hatte sich Jürgen Klopp noch als "the normal one" bezeichnet - in Abgrenzung zum exzentrischen portugiesischen Trainer José Mourinho ("I'm the special one") - und damit für Lacher gesorgt. Inzwischen nennen sie ihn in Liverpool "the boss". Denn er hat gehalten, was er bei seinem Antritt versprach: Titel für die "Reds". Spätestens jetzt wird man an der Anfield Road von der Ära Klopp schwärmen.