Der gläserne Bauer
1. Oktober 2008"Ich finde das nicht richtig! Das EU-Geld ist Teil des Einkommens von Bauern und keine andere Berufsgruppe im öffentlichen Dienst muss ihr Gehalt offen legen", schimpft eine Besucherin der Nationalen Pflügemeisterschaften in Kilkenny. Mit rund 150.000 Besuchern gehören die irischen "Ploughing Championships" zu den größten Landwirtschafts-Veranstaltungen in Europa. Ein Rinderzüchter klagt, Landwirte würden beobachtet und überwacht: "Und das beunruhigt mich in Hinblick auf unsere Zukunft als Einzelpersonen. Wirklich. Ich habe nichts zu verstecken, aber ich habe etwas gegen das Prinzip."
"Über-Regulierung aus Brüssel" erzeugt Unmut
Auch der irische Landwirtschaftsminister Brendan Smith ist gekommen und erklärt, dass er lediglich umsetzt, was die EU der 27 vorgibt. Als der Vorschlag im Rat der Europäischen Union aufgekommen sei, hätten sie sich dagegen gewandt - jedoch ohne Erfolg: "Das ist die Welt, in der wir heute leben. Die EU will mehr Transparenz in Bezug auf ihre verschiedenen Förderprogramme und es ist Pflicht für alle 27 EU-Staaten. Und wir müssen unsere Pflicht erfüllen."
Seitdem Irland vor 35 Jahren der EU beigetreten ist, sind über 40 Milliarden Euro in Landwirtschaftsbeihilfen auf die Insel geflossen. Für den Zeitraum von 2007 bis 2013 werden es noch mal über 12 Milliarden sein. Für den Einzelnen sei das aber oft gar nicht so viel, erklärt Padraig Walshe, Präsident der größten Bauernvereinigung des Landes, der "Irish Farmers Association." Die durchschnittliche Fördersumme in Irland betrage lediglich 9000 Euro. "Das Geld wird in ländlichen Gegenden wirklich gebraucht und die Veröffentlichung ist eine Nonsens-Idee, die bei den Menschen einen negativen Eindruck von Europa hinterlässt. Sie mögen diesen Eingriff in die Privatsphäre nicht, der da von den europäischen Gesetzgebern kommt", betont Walshe. Und dann sagt er noch, dass die Über-Regulierung aus Brüssel ein Mitgrund für die vielen Nein-Stimmen beim Referendum über den Vertrag von Lissabon gewesen sein könnte.
Zielscheibe für Kriminelle?
Grundsätzlich seien die irischen Bauern aber sehr pro-europäisch, betont einer der Landwirte, der sich am Stand der Bauernvereinigung informiert. Aber seinen Namen und die Höhe der Beihilfen im Internet lesen, das will er trotzdem nicht: "Ich weiß, dass es in anderen EU-Ländern schon umgesetzt wurde, aber das heißt ja nicht, dass es in Ordnung ist!"
Die Zahlungen, die seine Kollegen in Nordirland bekommen haben, könnte er in der Tat schon seit drei Jahren im Internet nachschlagen. Denn das Königreich Großbritannien gehört zu den 16 EU-Staaten, die schon vorab Angaben über die Empfänger von EU-Agrarhaushaltsmitteln publiziert haben. Laut Landwirtschaftsjournalist Damien O’Reilly regen sich die Iren vor allem deshalb so über die Veröffentlichung ihrer Daten auf, weil Irland ein kleines Land ist. "Die Leute kennen sich untereinander und es verletzt die Privatsphäre des Einzelnen, wenn die Nachbarn genau wissen, was jemand verdient." Und ein weiterer Punkt sei, dass sich die Farmer Sorgen um ihre Sicherheit machten, auch wenn das Geld nicht bar ausgezahlt würde. "Also, dass sie zur Zielscheibe von Kriminellen werden, wenn bekannt ist, was sie verdienen", ergänzt O´Reilly.
Trotz aller Proteste: Am 30. September war auch für die Iren Stichtag. In der ersten Runde müssen Informationen über Subventionszahlungen aus dem Jahr 2007 veröffentlicht werden. Mit den Daten über aktuelle Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebe können sich die EU-Regierungen noch bis April 2009 Zeit lassen.