Der "Klimaweltmeister" muss nachsitzen
24. Januar 2018Deutschland, der Klimaweltmeister! Mit der Klimakanzlerin Angela Merkel an der Spitze! Noch im Dezember, auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Bonn, versuchte die Regierung, dieses Bild zu malen. Und tatsächlich: Nicht zufällig befindet sich das Sekretariat der Weltklimakonferenz in Bonn, kommen viele namhafte Klimawissenschaftler aus Deutschland. Und noch vor wenigen Jahren galt Deutschland selbst auch als Vorzeigeland im Kampf gegen die Treibhausgase: Mit der Energiewende. Dem Umstieg also von fossilen Energieträgern auf Wind- und Sonnenstrom. Ein Projekt mit Milliardenaufwand, das immer noch im Werden begriffen ist. Überall auf der Welt wurde das deutsche Konzept kopiert, die Erneuerbaren Energien durch eine Sonderumlage auf den Strompreis zu fördern.
Eine neue Hiobsbotschaft
Aber der Lack ist ab: Schon im letzten Jahr deutete sich an, was die Regierungsparteien von CDU, CSU und SPD mittlerweile eingestanden haben. Das Ziel, bis 2020 rund 40 Prozent an Klimagasen gegenüber 1990 einzusparen, wird krachend verfehlt. Zusätzlich gibt es weitere Hiobsbotschaften: Deutschland verpasst auch wichtige Vorgaben der Europäischen Union zum Klimaschutz. Vor allem beim Verkehr, in der Landwirtschaft und beim Heizen von Gebäuden liegen die Deutschen weit hinter den Erwartungen zurück.
"Wir werden Verschmutzungsrechte kaufen müssen."
In diesen speziellen Bereichen hatte das Land versprochen, zwischen 2005 und 2020 vierzehn Prozent an Klimagasen zu mindern. In den ersten Jahren nach 2005 klappte das auch ganz gut. Von diesem Polster profitiert das Land im Moment noch. Aber zuletzt sind die Emissionen gestiegen. So musste ein Sprecher des Umweltministeriums nun einräumen: "Wir bereiten uns darauf vor, Emissionsrechte von anderen Mitgliedstaaten zu kaufen, die Überschüsse haben." 2019 könnte das zum ersten Mal der Fall sein. In Frage kommen dabei ausgerechnet osteuropäische Staaten wie Polen, Bulgarien oder die tschechische Republik.
Ausgerechnet Polen!
Vor allem zu Polen und der tschechischen Republik sind die Beziehungen auch aus anderen Gründen derzeit hoch belastet, die nationalistische Regierung etwa in Warschau wird EU-weit kritisiert. Polen gilt eigentlich auch wegen der starken Kohle-Nutzung nicht als Klima-Vorzeigeland, hat aber genau deshalb weit weniger ambitionierte Klimaziele als Deutschland und übererfüllt diese. Daher könnte das Land Verschmutzungsrechte an Deutschland verkaufen. Einziger Trost für die Regierung: Viele osteuropäische Staaten haben ihre Klimaziele längst erfüllt. Es sind also viele Verschmutzungsrechte ungenutzt auf dem Markt. Teuer wird der Ablasshandel für die Regierung so wohl kaum werden. Aber schwerer wiegt der Imageschaden.
Umweltgruppen schlagen Alarm
Die Umweltschutzorganisation WWF sprach von einem verheerenden Signal an alle anderen Staaten und einem Verlust an Glaubwürdigkeit. "Das reiche Deutschland würde zum klimapolitischen Schlusslicht in der EU, ein verheerendes Signal an alle anderen Staaten", so die Umweltgruppe. Die Klimaexpertin der Grünen, Lisa Badum, meinte: "Das Scheitern der deutschen Klimapolitik lässt sich nicht mehr verstecken."
Wer zahlt? Das Finanzministerium? Oder das Verkehrsressort?
Streit dürfte es auch darum geben, wer genau die Verschmutzungsrechte kaufen muss: das Finanzministerium oder doch das eigentlich zuständige Ressort? Das wäre dann das Verkehrsministerium, weil der Löwenanteil der hohen Emissionen von den PS-starken deutschen Autos kommt und vom Schwerlastverkehr auf den Straßen. Auf jeden Fall wird Deutschland auf UN-Klimatreffen künftig nicht mehr ganz so laut andere Staaten zum Schutz des Klimas auffordern können wie in den vergangenen Jahren. Die nächste Klimakonferenz findet im Dezember 2018 statt: In Polen.