Modeschöpfer Giorgio Armani wird 85
11. Juli 2019Als "Imperator des Schlichten" bezeichnete die "Frankfurter Rundschau" Giorgio Armani einmal. Die englischsprachige Presse nennt den Modeschöpfer gern "King George". Ein Alleinherrscher ist Armani tatsächlich. Als Besitzer des globalen Modeimperiums, das seinen Namen trägt.
Von alldem war nichts zu ahnen, als er am 11. Juli 1943 im norditalienischen Piacenza als Sohn eines Speditionskaufmanns zur Welt kam. Allein Armanis Großvater, Maskenbildner und Perückenmacher am Stadttheater, gilt als früher Inspirator des späteren Modezaren.
Armani entschloss sich nach dem Abitur zunächst für ein Medizinstudium, stellte bald aber fest, dass er falsch "abgebogen war", wie er sich im vergangenen Jahr in einem Interview mit dem "Manager Magazin" erinnert. Die ästhetische Welt habe ihn bereits damals zu sehr in ihren Bann gezogen gehabt.
Auf Umwegen in die Modewelt
1957 nahm er eine Abzweigung in Richtung Modewelt: Bei der Mailänder Kaufhauskette La Rinascente. arbeitete zunächst als Schaufensterdekorateur später als Einkäufer. Dabei traf er auf den damaligen Primus der italienischen Herrenmode-Branche, Nino Cerruti. Der holte Armani in sein Team und ließ ihn erste Entwürfe anfertigen.
Nach lehrreichen Jahren bei Cerruti wagte sich Armani 1975 gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Sergio Galeotti an die Gründung eines eigenen Modeunternehmens: Die Giorgio Armani SpA., Keimzelle des heutigen Weltkonzerns. Schnell wurden Reduktion und eine Art minimalistischer Luxus zu Markenzeichen von Armani, der 1976 mit einer eleganten Herrenkollektion in den USA auf sich aufmerksam machte.
Via Hollywood fanden seine außergewöhnlichen Entwürfe schnell eine globale Bühne: Armani steuerte das geschickt. Im Kinothriller "American Gigolo", ("Ein Mann für gewisse Stunden"), trug Hauptdarsteller Richard Gere extrem coole Anzüge von Armani. Später waren Sean Connery und Kevin Costner in "Die Unbestechlichen" in Armani gehüllt. Zuletzt kleidete Armani Leonardo Di Caprio für die Wall-Street-Persiflage "Wolf of Wall Street" ein.
"Miami Vice und die Folgen
Mode- und kulturgeschichtlich einschneidender wirkten die Armani-Outfits auf eine emblematische TV Serie der 1980er-Jahre: "Miami Vice". Krimi Ermittler in weißen T-Shirts unter pastellfarbenem Sakko. Eine radikale Reduktion, manche sagen Revolution der Herrenmode, die bis heute nachwirkt. "Armani gab dem Mann das T-Shirt zum Anzug und nahm dem Sakko seine Bedeutsamkeit", würdigt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" diese damals noch neuartige Kombination.
Stilistisch revolutionär wirkte Armani damit zumal in seiner Heimat Italien, dessen Mode er von manchem Schnörkel befreite. "Armani hat eine unterkühlte Sexiness in die italienische Mode gebracht.", sagt die Kulturwissenschaftlerin und Mode-Expertin Barbara Vinken im DW-Interview. "Seine klassizistische Coolness verdankt Norditalien auch ganz besonders Giorgio Armani", so Vinken.
Kreuzung von Herren - und Damenmode
Als Armani 1982 sein erstes Damenparfüm auf den Markt brachte, war er längst auch in die Welt der Damenmode vorgedrungen. Dass er aus der Herren-Mode-Branche kam, blieb nicht nur sichtbar, sondern wurde zum Markenzeichen seiner Kollektionen. Armani sei es gelungen, das Knowhow der klassischen Anzugschneiderei in die weibliche Mode eingeführt, so Vinken.
Zu einer Mode-Weltmacht wurde Armani damit nicht zuletzt wiederum durch Hollywood-Stars, die bald auch jenseits der Leinwand seine Mode trugen - und tragen. Wenn wie zuletzt Nicole Kidman in der ersten Reihe einer Armani-Modeschau in Paris sitzt, ist das eher Regel als Ausnahme.
Globaler Lifestyle-Konzern
Rund um die Marke seines Namens herum hat Armani einen weltweit operierenden Konzern geschaffen, der Brillen, Uhren, Schmuck, Schuhe und selbst Blumen vertreibt. Und seit 2010 auch Luxus-Hotels betreibt, etwa in Dubai oder Mailand. Mit preisgünstigeren Ablegern der Luxus- Kernmarke, etwa "Emporio Armani" wurden die Zielgruppen auf weniger kaufkräftige Kundschaft erweitert.
Über zwei Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftete der internationale Konzern zuletzt. 1985 starb Armanis Lebens- und Geschäfts-Partner Sergio Galeotti. Seither ist Gorgio Armani der alleiniger Inhaber und Patriarch des Firmenkonsortiums.
Über die Erbfolge des nun 85-jährigen König Giorgio wird nicht nur in italienischen Medien immer wieder spekuliert. Dazu gefragt, verwies Armani 2018 im italienischen Fernsehsender RaiNews24, auf seine Neffen und Nichten als mögliche Erben. An einen vorzeiten Rückzug aus dem Geschäft jedenfalls ist für Armani nicht zu denken, wie er 2017 in einem Interview mit der "Financial Times " klarstellte: "Mein Leben ist meine Arbeit", so viel ist sicher."