Der Ruf nach Reform von UN-Friedensmissionen wird lauter
7. Dezember 2023Beträchtlichen Auftrieb haben die UN-Friedensmissionen von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) erhalten: Die Teilnehmer sagten diese Woche auf dem Ministertreffen in Ghanas Hauptstadt Accra ihre Unterstützung und Ressourcen zu.
In den 75 Jahren seit der ersten Mission haben nach UN-Angaben mehr als zwei Millionen Menschen - militärische und zivile Kräfte - aus 158 Ländern in 71 Einsätzen gedient. In den vergangenen zehn Jahren sahen sich die UN-Friedensmissionen jedoch mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, darunter Imageschäden und Misstrauen, insbesondere in Afrika.
Auf dem Kontinent laufen Friedensmissionen in der Demokratischen Republik Kongo, im Südsudan, dem zwischen Sudan und Südsudan umstrittenen Gebiet Abyei, in der Westsahara und in der Zentralafrikanischen Republik. In Mali und der Demokratischen Republik Kongo zum Beispiel haben die UN-Friedensmissionen ihre Ziele nicht erreicht und wurden oft beschuldigt, die Spannungen zu verschärfen. Beide Länder haben die Beendigung der Einsätze in ihren Ländern gefordert. In Mali ziehen sich die Blauhelme, wie sie wegen ihres Erkennungszeichens auch genannt werden, auf Ersuchen der regierenden Junta bereits zurück.
Solche Reaktionen haben Zweifel an der Relevanz von Friedensmissionen auf der ganzen Welt aufkommen lassen. Doch die Delegierten des fünften UN-Ministertreffens für Friedenssicherung haben ihre Unterstützung bekräftigt.
Der Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen für Friedenseinsätze, Jean-Pierre Lacroix, erklärte der DW, dass das Engagement aller Nationen angesichts der vielen Zweifel notwendig sei. "Wir haben eine stärker gespaltene Welt, wir haben Konflikte, die sich vervielfältigen; bei den meisten unserer friedenserhaltenden Operationen gibt es mehr Bedrohungen und ein sich verschlechterndes Sicherheitsumfeld", sagte Lacroix.
Der hochrangige UN-Beamte sagte, das Treffen in Accra gebe Hoffnung, die Unterstützung der politischen Führer für friedenserhaltende Einsätze zu gewinnen.
"Die Friedenstruppen haben vielen Ländern geholfen, den schwierigen Weg vom Krieg zum Frieden erfolgreich zu bewältigen, von Liberia und Namibia bis Kambodscha, Sierra Leone, Osttimor und viele andere Länder", sagte Lacroix. Er betonte, UN-Operationen hätten eine außerordentlich gute Bilanz, Gewalt zu verhindern und zu reduzieren sowie zu verhindern, dass Kriege wiederkehrten. "Friedenssicherungseinsätze dienen der Wahrung von Waffenstillständen, dem Schutz der Zivilbevölkerung, der Vermittlung bei lokalen Konflikten und der Stärkung von Institutionen, wo und wann immer dies möglich ist."
Reformen in der Friedenssicherung erforderlich
Die Minister und Delegierten aus den mehr als 85 teilnehmenden Ländern konzentrierten sich bei den Beratungen auf die Frage, wie die Friedenssicherungseinsätze am besten reformiert und an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden können. Im Mittelpunkt des Treffens stand als Ziel eine friedenserhaltende Mission, die den Schutz von Truppen und Zivilisten in den Vordergrund stellt, das Einsatzumfeld sicherer macht und gleichzeitig wirksame und effiziente technologische Instrumente einführt.
Dass Reformen notwendig sind, darin sind sich auch Analysten einig. Der Sicherheitsexperte Adib Saani sagte zur DW, dass trotz der bestehenden Schwierigkeiten der Friedensmissionen - insbesondere in Afrika - ihre Arbeit nach wie vor relevant sei. "Ich kann nicht leugnen, dass Afrika es nicht allein schaffen kann. Wir sind nicht selbstständig. Ich denke jedoch, dass die UN umstrukturiert werden sollten", sagte Saani. Er forderte lokale Akteure auf, sich stärker in die Arbeit der Missionen einzubringen, um mehr Vertrauen und Erfolg zu schaffen.
Fidel Amakye Owusu, ein Experte für Konfliktlösung, sagte, es seien dringend weitreichende Reformen erforderlich. "Vielleicht müssen UN-Missionen neu definiert werden, vielleicht um ihr Mandat zu erweitern oder ihre Unterstützung flexibler zu gestalten", sagte Owusu der DW.
Umweltauswirkungen von Blauhelmeinsätzen
Friedenssicherungsmissionen haben oft den Auftrag, den Frieden zu bewahren, aber ihre Einsätze haben im Laufe der Jahre offenbar sogar Konflikte verschärft, so die US-Botschafterin in Ghana, Linda Thomas-Greenfield.
Auf einer Sitzung zur Verbesserung des Umweltmanagements bei der Friedenssicherung sagte sie, dass die Friedenssicherung Auswirkungen auf die Umwelt hat. "Heute ist die Friedenssicherung für 92 Prozent des CO2-Fußabdrucks der Vereinten Nationen verantwortlich - 92 Prozent! Wenn wir so weitermachen, riskieren wir, die Konflikte zu verschärfen, die wir eindämmen wollen", sagte die US-Gesandte.
Thomas-Greenfield zufolge könnten Friedenstruppen die Belastung der fragilen Staaten verringern, in denen sie tätig sind, und die Beziehungen zu lokalen Gemeinschaften stärken, wenn sie künftig auf saubere Energie setzen. "Ein verbessertes Umweltmanagement kann sogar dazu beitragen, dass diese Gemeinschaften eine 'Friedensdividende' erhalten, indem eine Infrastruktur für eine grünere Zukunft hinterlassen wird", fügte sie hinzu.
Das Treffen in Accra diente auch den Bemühungen der Vereinten Nationen, die Staats- und Regierungschefs der Welt dazu zu bewegen, den Missionen Unterstützung zuzusichern, damit diese ihre Mandate vollständig umsetzen können.
UN-Untergeneralsekretär Lacroix erklärte, Beiträge in Form von Finanzen, Personal oder Ausrüstung seien entscheidend für den Erfolg jeder Friedensmissionen: "Ohne den Beitrag unserer Mitgliedstaaten könnten wir nichts tun, ohne die Männer und Frauen, die Einheiten, die einzelnen Polizeibeamten und Militärangehörige, ohne die Unterstützung, die wir alle in Form von Ausbildung, Technologie und Partnerschaften leisten können."
Aus dem Englischen adaptiert von Uta Steinwehr