Deutsche Autobauer kaufen Nokia-Kartendienst
3. August 2015Die deutschen Autokonzerne Daimler, Audi und BMW kaufen für 2,8 Milliarden Euro den Kartendienst "Here" vom Telekommunikationskonzern Nokia. Das teilten der finnische Konzern sowie die Autobauer am Montagmorgen mit. Die drei Partner übernehmen Here jeweils zu gleichen Teilen, keiner von ihnen strebe eine Mehrheit an. Vorbehaltlich der Freigabe durch die zuständigen Kartellbehörden werde der Abschluss der Transaktion im ersten Quartal 2016 erwartet.
In der Autobranche ist die Digitalisierung ein großes Zukunftsthema. Autonom fahrende Fahrzeuge brauchen sehr präzise Straßenkarten, um den Verkehr zu meistern. "Here" werde eine "Schlüsselrolle bei der digitalen Revolution der Mobilität" spielen, erklärte BMW-Chef Harald Krüger. Daimler-Chef Dieter Zetsche bezeichnete hochpräzise digitale Karten als einen entscheidenden Baustein für die Mobilität der Zukunft.
Ziel: Selbstfahrende Autos
Nokia tritt seinen Kartendienst ab, um sich auf das Kerngeschäft als Ausrüster von Telekom-Netzwerken zu konzentrieren und den Konkurrenten Alcatel-Lucent zu kaufen. "Here" wurde stark auf Bedürfnisse der Autobranche ausgerichtet und soll vor allem mit detailreichen Karten für selbstfahrende Fahrzeuge punkten.
Über das Vorhaben war seit Wochen spekuliert worden. Die drei Premiumhersteller haben sich zusammengetan, um zu verhindern, dass die Schlüsseltechnologie für Navigation, Assistenzsysteme und autonomes Fahren in die Hand von Google oder einem anderen Internetkonzern gerät. Sie fürchteten eine zu große Abhängigkeit, denn Nokia "Here" wird in Europa in vier von fünf Autos genutzt.
Nicht alles Internetkonzernen überlassen
Autobauer und Netzkonzerne kommen sich zunehmend in die Quere, denn die Autoindustrie baut immer mehr Kommunikationstechnik ein, um Kunden zu gewinnen oder ihnen Zusatzdienste anzubieten. Google hat ein selbstfahrendes kleines Auto gebaut. Auch Apple soll an einem solchen Plan arbeiten und entwickelt dafür eigene, hochauflösende Straßenkarten. Nach ihrem Geschäftsmodell könnte der Passagier im Auto digitale Dienste in Anspruch nehmen, wenn er nicht mehr selbst steuern muss.
Nokia "Here" ging aus dem US-Navigationsanbieter Navteq hervor, den die Finnen 2008 für rund acht Milliarden Dollar übernahmen. Die Nokia-Tochter beschäftigt etwa 6000 Mitarbeiter. Analysten erwarten für dieses Jahr einen Umsatz von 1,1 Milliarden Dollar.
Zu den Kunden gehören neben den deutschen Autokonzernen auch Toyota, General Motors oder Fiat Chrysler. Aber auch die Internetfirmen Amazon, die Suchmaschinenbetreiber Yahoo und Baidu sowie die Paketdienste FedEx und UPS nutzen die Kartendaten, die mit großem Aufwand durch häufige Kontrollfahrten auf den Straßen aktualisiert werden. Hauptkonkurrent für "Here" ist TomTom aus den Niederlanden, der jüngst eine Kooperation mit Bosch besiegelt hat.
wen/fab (dpa, rtrd)