Deutsche Filmkunst auf Weltniveau: Konrad Wolf
In gewissen Abständen lohnt ein neuer Blick auf die Filmgeschichte. Konrad Wolf gilt als wichtigster Regisseur der DDR, seine Filme liegen komplett auf DVD vor. Jetzt setzt ihn ein Buch in ein neues Licht.
Filmemacher und Politiker
Er drehte zwischen 1955 und 1979 insgesamt 14 Spielfilme und war der bedeutendste Regisseur der frühen DDR. Doch Konrad Wolf war als Präsident der Akademie der Künste der DDR auch lange Jahre Funktionär (1965 - 1982). Wolf hat unter dem Spagat zwischen Kunst und Politik wohl auch gelitten.
"Genesung" (1956)
Nach seinem Regiedebüt "Einmal ist keinmal", einem der wenigen DDR-Heimatfilme, dreht der gerade 30-jährige Konrad Wolf 1956 zwei Filme, die zeigen, was künstlerisch möglich war in der Produktionsfirma Defa. "Lissy" ist das Porträt einer jungen Frau in Zeiten des nationalsozialistischen Aufstiegs, "Genesung" (unser Bild) verfolgt die Geschichte eines Mediziners in Nazi-Deutschland und der DDR.
"Sonnensucher"
Obwohl sich Wolf mit seinen ersten Arbeiten großen Respekt erwirbt, wird sein vierter Film verboten. "Sonnensucher" zeigt das Schicksal einer Handvoll Protagonisten im Erzgebirge, die Handlung spielt in einem Uran-Bergbaugebiet. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und dem Ringen um die Atombewaffnung war den Behörden der Stoff zu heikel. Erst 1972 wird "Sonnensucher" gezeigt.
"Sterne" (1959)
Konrad Wolfs folgender Film hat dagegen keine Probleme: In "Sterne" geht es um deutsche Besatzungssoldaten während des Zweiten Weltkriegs in Bulgarien. Angeschnitten wird im Film auch ganz direkt das Thema Holocaust. "Sterne" ist damit der erste Film, der die Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten ins Kino bringt. In West-Deutschland, wo "Sterne" gekürzt läuft, stößt das auch auf Kritik.
"Leute mit Flügeln" (1960)
Auf großes Interesse müsste auch heute noch Wolfs folgender Film von 1960 stoßen: "Leute mit Flügeln". Allein schon, weil dieser sechste Film des Regisseurs kurz nach der Premiere aus dem Kino verschwindet. Erst jetzt ist er - innerhalb der neuen DVD-Edition - wiederzuentdecken. In "Leute mit Flügeln" richtet Konrad Wolf einmal mehr sein Augenmerk auf verschiedene Epochen deutscher Geschichte.
"Professor Mamlock" (1961)
Sehenswert ist auch Wolfs nächste Arbeit: "Professor Mamlock". Der Film schildert ergreifend und detailgenau, wie jüdische Mitbürger bereits in den letzten Jahren der Weimarer Republik in Deutschland drangsaliert werden - hier am Beispiel eines angesehenen Arztes. Das Drehbuch entstand auf der Grundlage eines Theaterstücks - geschrieben von Konrad Wolfs Vater, dem Dramatiker Friedrich Wolf.
"Der geteilte Himmel" (1964)
Auch Konrad Wolfs folgender Film stößt bei den Behörden im Osten Deutschlands nicht nur auf positive Kritiken. "Der geteilte Himmel", nach dem bekannten Roman von Christa Wolf, thematisiert u.a. auch das Thema "Republik-Flucht". Deshalb wird der Film in späteren Jahren immer mal wieder aus dem Verkehr gezogen. In der Bundesrepublik stößt "Der geteilte Himmel" auf ein sehr positives Echo.
"Der kleine Prinz" (1966)
Aus ganz anderen Gründen hat es Wolfs Literaturverfilmung "Der kleine Prinz" schwer. Der fürs DDR-Fernsehen produzierte Film kann nach seiner Fertigstellung nicht gezeigt werden, weil man sich nicht um die Aufführungsrechte gekümmert hat. Die Erben des französischen Autors Antoine de Saint-Exupéry verweigern die Lizenzrechte, so dass der poetische Märchenfilm in den Archiven verschwindet.
"Ich war neunzehn" (1968)
Seinen vielleicht persönlichsten Film legt Wolf 1986 mit "Ich war neunzehn" vor. Er zeigt einen deutschen Soldaten in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges sowie unmittelbar nach Kriegsende. Im Einsatz für die Rote Armee sorgt Gregor Hecker (Jaecki Schwarz) als Kommandant in einem von Nazis befreiten Dorf für den gesellschaftlichen Übergang. Der Film beruhte auf eigenen Erfahrungen Wolfs.
"Mama, ich lebe" (1976)
Ebenfalls auf die eigene Biografie kann Wolf für "Mama, ich lebe" zurückgreifen. Der Regisseur hatte Deutschland 1933 mit seinen Eltern verlassen und in der Sowjetunion eine neue Heimat gefunden. Er war Soldat und gehörte 1945 zu den Truppen, die Berlin befreiten. Die Beziehung zwischen Russen und Deutschen wurde so zu einem Lebensthema für Wolf, der auch die sowjetische Staatsangehörigkeit besaß.
"Solo Sunny" (1978)
Auch Wolfs letzter Spielfilm "Solo Sunny" gilt heute zurecht als Klassiker des Kinos der DDR. Die Geschichte der Sängerin Ingrid "Sunny" Sommer (Renate Krößner) ist ein sensibel in Szene gesetztes Künstler-Porträt mit einem realistischen Blick auf den Alltag in der DDR. Der Film ist auch in der Bundesrepublik ein Erfolg und gewinnt u.a. bei der Berlinale den Preis der Filmkritiker.