Standort Singapur
14. Mai 2012"Wenn die Weltwirtschaft hustet, ist Singapur krank", sagt Tim Philippi, Geschäftsführer der Deutsch-Singapurischen Handelskammer und verweist darauf, dass der Stadtstaat im Zentrum der Globalisierung liegt. Nach Malaysia ist die Europäische Union zweitgrößer Wirtschaftspartner Singapurs. "Singapur hat deshalb ein großes Interesse daran, dass die Europäer ihre Schuldenkrise in den Griff bekommen", betont Phillippi.
Nach der Finanzkrise legte Singapur eine beispiellose Aufholjagd hin. So wuchs die Wirtschaft 2010 um über 14 Prozent und 2011 immerhin noch um fünf Prozent. Doch für dieses Jahr sind die Aussichten eher verhalten. Die Regierung unter Premierminister Lee Hsien Kon rechnet nur mit einem Wachstum zwischen 1,5 und drei Prozent.
Nachhaltigkeit soll Wohlstand sichern
"Wachstum um jeden Preis, das gilt in Singapur sowieso nicht mehr", erzählt Philippi. Umweltfreundlichkeit hat Priorität. Dazu zählen Energieeffizienz, e-Mobiliät und grünes Bauen. Bei der Automobilsteuer wird ab 2013 eine saubere Komponente eingeführt. Je weniger CO2-Ausstoß, desto niedriger ist die Steuer. "Wir begrüßen diesen Schritt", sagt Zeno Kerschbaumer, Managing Director von Volkswagen Singapur. "Das ist ein fundamentaler Bewusstseinswandel der Regierung Singapurs." Volkswagen hofft künftig, seine Diesel-Modelle in Singapur zu verkaufen, auf die ab nächstem Jahr weniger Steuern entfallen.
Hohe Steuern auf Automobile
Deutsche Hersteller, die "Clean Diesel"- Autos mit kleinem Motor im Angebot haben, rechnen mit steigenden Absatzzahlen für diese Modelle. Allerdings ist der Automobilmarkt begrenzt, denn das Autofahren ist in Singapur sehr teuer. Vor dem Autokauf muss man ein COE erwerben, ein "Certificate of Entitlement". Das kostet je nach Marktlage und Autotyp schon mal 85.000 Singapur Dollar, umgerechnet mehr als 50.000 Euro. Damit soll das Angebot an Autos knapp gehalten werden. .
Grüne Reifen auf Jurong Island
Nachhaltig soll das Wachstum sein und Nachhaltigkeit wünscht sich Singapur auch von ausländischen Investoren. Der Chemiekonzern Lanxess hat das verstanden. Das Unternehmen investiert hier mit 400 Millionen Euro die größte Summe in der Firmengeschichte, und errichtet bis 2013 eine Kautschukproduktion. "Singapur ist einer der Eckpfeiler in der weltweiten Wachstumsstrategie unseres Unternehmens", sagt Ian Wood, Chef von Lanxess Singapur gegenüber DW. Doch das ist noch nicht alles. Denn in diesem Jahr wird Lanxess den Grundstein für eine weitere Produktion legen. Für rund 200 Millionen Euro, wird auf der künstlich aufgeschütteten Insel, Jurong Island, eine Produktion für synthetischen Kautschuk gebaut, um umweltfreundliche Reifen herzustellen.
Reifen aus diesem Material haben weniger Rollwiderstand und verbrauchen dadurch weniger Kraftstoff. Wenn ab September 2015 produziert wird, ist es die größte Produktionsstätte der Welt für synthetischen Kautschuk. Jurong Island, wo die Produktionsstätten gebaut werden, "ist ein erstklassiger Petrochemiestandort mit hervorragender Infrastruktur", betont Wood. Dazu käme das wirtschaftsfreundliche Klima, die gut ausgebildeten Arbeitskräfte "und die Aufgeschlossenheit gegenüber Innovationen und neuer Technologie", sagt Wood.
Perfekte Lage in Südostasien
Die Unternehmen, die in Singapur investieren, setzen auf die geografische Lage. Denn zum Stadtstaat gehört einer der größten Containerhäfen der Welt. Riesige Schiffe docken Tag und Nacht an den kilometerlangen Hafenanlagen an, von hier können Produkte weltweit verschifft werden. Interessant ist der Standort aber auch als Ausgangspunkt für Geschäfte mit Südostasien. Die Nachfrage aus Thailand, Indonesien und Vietnam nach Chemieprodukten steigt, weiß man auch bei Lanxess: "Allein Indonesien wächst so rasant, dass der Automobilabsatz sich hier innerhalb der nächsten zehn Jahre verdreifachen wird", so Wood.
Kasinos bringen Touristen
Die Wirtschaft Singapurs profitiert aber auch vom Ausbau des Tourismus. 13 Millionen Touristen kauften letztes Jahr in den zahlreichen Shopping Malls ein, besuchten Tagungen oder amüsierten sich in den glitzernden Kasinokomplexen. Chinesen, Malaien oder Indonesier gehören zu den stärksten Touristengruppen.
Spektakulärer Bau
Das Marina Bay Sands, bekannt durch seine drei 55-stöckigen Türme, auf denen ein 146 Meter langer Swimmingpool thront, ist eine der Hauptattraktionen. Europäische Touristen trifft man hier aber nicht so viele. Denn für die ist Singapur mittlerweile recht teuer. So hat der Singapur Dollar (SGD) zum Euro stark aufgewertet. Im Mai 2008 mussten rund 2,10 Singapur Dollar für einen Euro gezahlt werden, in diesen Tagen schwankt der Kurs bei nur noch 1,60 SGD für die europäische Einheitswährung.
Der grüne Flughafen
Der hochmoderne Changi Flughafen kann sich trotzdem nicht über zuwenig Fluggäste beklagen. Er ist das wichtigste Drehkreuz Südostasiens, seine Kapazität soll schon in wenigen Jahren bei 66 Millionen Fluggästen liegen. "Schon heute gibt es wöchentlich mehr als 300 Flugverbindungen nach Indien", erzählt Philippi. Was er nicht erwähnt ist, dass der Airport auch ein "grüner Flughafen" sein will. So ist in Terminal 3 ein kleiner Regenwald integriert worden. Eine echte Herausforderung für die Architekten und eine Augenweide für die Besucher aus der ganzen Welt.