Geiselnahme in Somalia
25. Juni 2008Bei den vor der Küste Somalias von einer Segeljacht verschleppten Urlauber handelt es sich nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin um zwei deutsche Staatsbürger. „Wir müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Entführung ausgehen, sagte der Sprecher des Ministeriums, Martin Jäger am Mittwoch (25.06.08) in Berlin. Bisher gebe es aber keine Hinweise darauf, dass sich ein deutsches Kind an Bord des Schiffes befunden habe. Es sei von einem kriminellen Hintergrund der Tat auszugehen.
Sicherheitskräfte nehmen Suche auf
Die Piraten selbst hatten am Dienstag (24.06.08) erklärt, sie hätten das Segelboot eines deutschen Paares gekapert und die beiden in das Bergland der halbautonomen Region Puntland verschleppt. Sie würden gegen Zahlung eines Lösegelds freikommen. "Die Ausländer sind in unsere Gewässer eingedrungen", hieß es zur Begründung der Entführung des angeblich aus Süddeutschland stammenden Paares. Nach Angaben der Piraten geht es den Gekidnappten gut, sie sorgten sich jedoch um ihre Freilassung.
In ersten Berichten somalischer Behörden war von der Entführung einer dreiköpfigen deutsch-französischen Familie sowie des französischen Kapitäns der Jacht die Rede gewesen. Die Behörden in Puntland erklärten, Truppen des Landes hätten nach dem Fund der Jacht die Suche nach den Entführten aufgenommen.
Staatssekretär fordert Grundgesetzänderung
Unterdessen forderte der Parlamentarische Staatsekretär im Verteidigungsministerium, Thomas Kossendey, eine Änderung des Grundgesetzes. Der CDU-Politiker verwies im ARD-Morgenmagazin auf Beschränkung für den Einsatz der deutschen Fregatte "Emden" vor Ort. Die Bekämpfung der Piraterie sei bisher Aufgabe der Bundespolizei, was unsinnig sei.
"Im Augenblick des Überfalls an sich hat die "Emden" das Nothilferecht. Sobald der Überfall abgeschlossen ist, wenn die Piraten mit dem Schiff abziehen und die Besatzung gefangen gesetzt haben, ist eine Verfolgung durch deutsche Marineeinheiten nicht mehr möglich", sagte Kossendey.
Der Staatsekretär sprach sich für eine saubere verfassungsrechtliche Grundlage aus, so dass die Marine bei Überfällen in internationalen Gewässern gegen Piraten vorgehen dürfe. Allein im vergangenen Jahr seien 43 deutsche Schiffe betroffen gewesen.
"Das Ärgerliche ist, dass die, die die Mittel hätten und vor Ort sind, aus verfassungsrechtlichen Gründen daran gehindert sind."
Völkerrecht erlaubt Marineeinsatz
Der Verteidigungsexperte der FDP, Rainer Stinner, hält dagegen eine Grundgesetzänderung für nicht erforderlich. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz der deutschen Marine gegen Piraten seien nach dem Völkerrecht bereits gegeben, sagte Stinner der "Passauer Neuen Presse".
Die Küste vor Somalia ist wegen zahlreicher Piratenüberfälle berüchtigt und gilt als eines der gefährlichsten Gewässer der Welt. Der UN-Sicherheitsrat hatte am 2. Juni eine Erklärung verabschiedet, die ausländischen Schiffen in der Region die Verfolgung von Piratenschiffen ermöglichen soll. Danach dürfen diese Schiffe in Absprache mit der somalischen Regierung in die Hoheitsgewässer des Landes vordringen. Das Auswärtige Amt bekräftigte seine Reisewarnung für Somalia und forderte alle deutschen Staatsangehörigen auf, das Land zu verlassen. (gmf)