Deutsche Wirtschaft erwartet goldenen Herbst
26. September 2016Trotz des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfelds hat sich die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Firmen im September deutlich verbessert. Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg auf 109,5 Punkte von 106,3 Zählern im Vormonat, wie das Münchner Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Dies ist der höchste Stand seit Mai 2014.
Zuvor hatte es zwei Rückgänge in Folge gegeben. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur einen leichten Anstieg des wichtigsten Frühindikators für die Entwicklung der deutschen Konjunktur auf 106,4 Zähler erwartet.
"Die deutsche Wirtschaft erwartet einen goldenen Herbst", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Unternehmenschefs beurteilten sowohl die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate günstiger als zuletzt, als auch ihre gegenwärtige Lage.
Quer durch alle Branchen
Der Index ist in allen Branchen gestiegen. In der Industrie war dies vor allem auf deutlich positivere Aussichten für die kommenden Monate zurückzuführen. Ein Anstieg des Erwartungsindikators von 10,8 Punkten wurde zuletzt kurz nach der Finanz- und Wirtschaftskrise beobachtet. Auch die Einschätzungen zur aktuellen Geschäftslage verbesserten sich. Der Geschäftsklimaindex stieg in nahezu allen wichtigen Industriebranchen.
Auch im Groß- und Einzelhandel ist der Index gestiegen, nach zuletzt deutlichen Rückgängen. Beide Teilkomponenten zogen jeweils an. Im Einzelhandel verbesserte sich insbesondere die aktuelle Geschäftslage. Im Großhandel hingegen waren vor allem die Erwartungen der Unternehmen deutlich positiver als im Vormonat.
Das Bauhauptgewerbe setzt seinen Höhenflug fort. Der Geschäftsklimaindex erreichte ein neues Rekordniveau. Die Einschätzungen der aktuellen Lage waren noch nie so gut. Für die kommenden Monate rechnen die Unternehmen sogar mit einer weiteren Verbesserung.
"Stimmung besser als die Lage?
"Der starke Anstieg und das Indexniveau zeigen, dass Konjunktursorgen der Unternehmen derzeit kaum vorhanden sind. Mit Blick auf die schwache Auftragslage in der Industrie erstaunt dies. Es ist zurzeit aber besonders die Bauwirtschaft, die für eine gute Stimmung sorgt. Wir sind der Ansicht, dass die Stimmung besser ist als die gesamtwirtschaftliche reale Datenlage", meint Analyst Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe.
"Die Brexit-Delle ist überwunden", glaubt Thomas Gitzel von der VP Bank. "Da aus der deutschen Industrie zuletzt schwache Daten kamen, ist der Anstieg umso bemerkenswerter. Die Schwungräder der deutschen Wirtschaft sind nach wie vor der private Konsum und die Bauwirtschaft. Erstaunlich ist deshalb, dass auch die Unternehmen optimistischer in die Zukunft blicken. In Anbetracht der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahlen hätte auch eine pessimistischere Einschätzung nicht weiter verwundert."
Die deutsche Wirtschaft hatte zu Jahresanfang um 0,7 Prozent zugelegt und im Frühjahr um 0,4 Prozent. Für das jetzt zu Ende gehende dritte Quartal rechnet die Bundesbank mit einem etwas langsameren Wachstum.
wen/iw (rtrd, dpa, ifo)