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Wirtschaft wächst noch

Monika Lohmüller14. August 2012

Die Schuldenkrise in Euroland hinterlässt ihre Spuren: Die deutsche Wirtschaft setzt auch im zweiten Quartal ihr Wachstum fort, aber mit etwas abgeschwächtem Tempo. Doch die Aussichten sind nicht eben rosig.

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Ein Mitarbeiter des Automobilzulieferers und Industriekonzerns Bosch fertigt im Werk Stuttgart-Feuerbach Dieseleinspritzpumpen der neuesten Generation (Foto: dpa)
Facharbeiter im verarbeitenden GewerbeBild: picture-alliance/dpa

Kauffreudige Verbraucher und steigende Exporte kurbeln in Deutschland auch weiterhin die Wirtschaft an. Im zweiten Quartal hat sich das Wachstum allerdings etwas verlangsamt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) kletterte von April bis Juni um 0,3 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal, teilte das Statistische Bundesamt am Dienstag (14.08.2012) mit. Zu Jahresbeginn waren es noch 0,5 Prozent.

Deutschland bleibt somit die Konjunkturlokomotive in Europa. Bislang hat die deutsche Wirtschaft die Euro-Krise kaum zu spüren bekommen. In den nächsten Monaten allerdings werde sich auch Deutschland, so der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, den Turbulenzen der Krise nicht entziehen können: "Ich denke, das war die letzte solide Zahl, was das deutsche Bruttoinlandsprodukt anbelangt." Frühindikatoren seien eingebrochen, die Auftragseingänge würden bereits seit zwölf Monaten sinken und auch der Einkaufsmanagerindex in der deutschen Industrie sei sehr stark gefallen. "Im dritten Quartal wird die Wirtschaft daher im Vergleich zum Vorquartal schrumpfen", so Krämer im DW-Interview.

Nach Ansicht des Chefs des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, geht Deutschland schweren Zeiten entgegen. Das Umfeld sei schwieriger geworden: "Wir können im Moment nicht ganz ausschließen, dass auch Deutschland - nicht sofort und auch nicht dramatisch - auf einem Weg in eine Rezession ist."

Wirtschaftslage in Europa düster

Insgesamt sieht die wirtschaftliche Lage in Europa ziemlich düster aus. Die Wirtschaftsleistung der Europäischen Union geht infolge der Krise zurück. Sowohl in der EU als auch in der Eurozone schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal gegenüber dem Vorquartal um 0,2 Prozent. Das teilte die Europäische Statistikbehörde Eurostat ebenfalls am Dienstag mit. In den Nachbarländern Österreich und den Niederlanden wächst die Wirtschaft zwar weiterhin moderat. Aber in Frankreich stagniert sie, und die südeuropäischen Länder Spanien und Italien stecken in einer tiefen Rezession.

Die Wirtschaft lahmt, weil die Staatsschuldenkrise weiterhin ungelöst sei, sagt Krämer. Und die sei nicht dadurch zu meistern, dass die Europäische Zentralbank billiges Geld drucke. Die Staaten müssten schon ihre Hausaufgaben machen: "Und das machen sie eben nicht. Mit einer Ausnahme vielleicht, Irland. Irland ist ein sehr marktwirtschaftlich orientiertes Land, und dort sieht es auch relativ besser aus als in den Krisenländern."

Deutscher Außenhandel brummt

Positive Impulse für die deutsche Wirtschaft kamen im letzten Quartal - wie erwartet - vom deutschen Außenhandel. Nach vorläufigen Zahlen stiegen die Exporte stärker als die Importe. Während die Geschäfte in den hochverschuldeten Euroländern zurück gingen, konnten die deutschen Unternehmen außerhalb Europas zulegen.

Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts steigt der Handelsüberschuss Deutschlands auf 210 Milliarden Dollar, das sind rund 170 Milliarden Euro. Weder China und Japan noch die ölexportierenden Länder, die ebenfalls mehr Waren und Kapital exportieren als importieren, erreichten diese Marke. Ökonomen sehen extreme Handelsüberschüsse mit als Grund für Wirtschaftskrisen.

Der Ökonom Gustav Horn spricht in diesem Zusammenhang von einer "Wohlstandsillusion". Denn dieser Wohlstand gründe sich auf der Verschuldung anderer Länder: "Was daraus folgen kann, das erleben wir ja nun gerade in aller Deutlichkeit in Rahmen der Eurokrise. Das ist kein nachhaltiger Wohlstandsgewinn. Das ist eine Gefährdung unseres längerfristigen Wachstums." Es müsse dringend dafür gesorgt werden, dass die Binnenkonjunktur stärker werde. Die hohen Exporterfolge müssen damit "ausbalanciert" werden, sagt Horn.

Noch mehr kaufen sollen die Deutschen also, damit die Nachfrage nach Waren beispielsweise aus den Südländern ansteigt. Die Ausgangslage dafür ist günstig: denn die Löhne steigen, die Inflationsrate ist niedrig und der Arbeitsmarkt ist robust. Trotz eines abgeschwächten Jobaufschwungs gibt es in Deutschland auch weiterhin so wenig Arbeitslose wie in kaum einem anderen Land der Eurozone. Mit einer EU-Arbeitslosenquote von 5,4 Prozent rangiert Deutschland gleichauf mit Luxemburg auf dem dritten Platz. Weniger Arbeitslose gab es nach den aktuellsten Daten nur noch in den Niederlanden und in Österreich.

Gustav Horn vom Institut für Makro-Ökonomie der Hans-Böckler-Stiftung (Foto: dpa)
Gustav Horn, Chef des Instituts für Makroökonomie und KonjunkturforschungBild: picture-alliance/dpa
Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank (Foto: Commerzbank AG)
Jörg Krämer, Chefvolkswirt CommerzbankBild: Commerzbank AG