Deutschland bei Mindestlöhnen ein Sonderfall
12. April 2005In Deutschland legen traditionell die Tarifpartner - Arbeitgeber und Gewerkschaften - die Löhne für die unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen fest. Doch diese Art der Lohnfestsetzung bröckelt seit Jahren: in Zeiten einer globalisierten Wirtschaft drängen ausländische Arbeitskräfte auf den deutschen Markt, die bereit sind für niedrigere Löhne zu arbeiten als einheimische Kräfte. Gleichzeitig steigt der Druck auf Unternehmen sich dort anzusiedeln, wo günstig produziert werden kann.
Entsendegesetz
Zwar gibt es in Deutschland keinen einheitlichen Mindestlohn, es gibt ihn faktisch aber bereits für die Baubranche. Die seit 1997 im Baugewerbe gültige Entsenderegelung schreibt vor, dass die Rechtsnormen eines für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages auch für in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen gelten. Hintergrund war das Problem, dass ausländische Unternehmer Bauaufträge mit eigenem Personal erledigten und dabei die oft niedrigeren Löhne galten, was ausländischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffte und den Preisdruck verschärfte. Das zog einen Preisverfall und eine immer stärkere Verdrängung einheimischer Arbeiter nach sich, ebenso Arbeitsbedingungen für die ausländischen Bauarbeiter, die mit den deutschen Sozialstandards nicht vereinbar waren.
In der Europäischen Union gibt es einen Mindestlohn in 18 der 25 Mitgliedstaaten, darunter Griechenland, Spanien, Großbritannien und Frankreich. Meist wird er in der EU als Monatslohn und nicht als Stundensatz definiert. Die Höhe reichte 2004 von 116 Euro in Lettland bis zu 1369 Euro in Luxemburg. Die Befürworter eines Mindestlohns argumentieren mit sozialer Gerechtigkeit und der Sicherung des Existenzminimums. Für seine Gegner ist der Mindestlohn kontraproduktiv, weil diejenigen Arbeitsplätze, deren Produktivität unter dem Mindestlohn liege, dann wegfielen und die Arbeitslosigkeit steigen würde. Das Existenzminium, so das Argument, werde in Deutschland durch die Sozialhilfe beziehungsweise das Arbeitslosengeld II gesichert.
Monatliche Mindestlöhne - in EUR, Januar
2003
Belgien: 1163
Griechenland: 605
Spanien: 526
Frankreich: 1154
Irland: 1073
Luxemburg: 1369
Niederlande: 1249
Portugal: 416
Vereinigtes Königreich:1105
Bulgarien: 56
Estland: 138
Litauen: 125
Lettland:116
Malta: 535
Polen: 201
Rumänien: 73
Slowakei: 118
Slowenien: 451
Tschechische Republik: 199
Türkei: 89
Ungarn:212
Vereinigte Staaten: 877
Quelle: Eurostat
(mik)