Schnellere Einbürgerung? Da gehen die Meinungen auseinander
1. Dezember 2022Im Dezember ist es ein Jahr her, dass Angela Merkel aus dem Kanzleramt ausgezogen ist. Auch wenn es inzwischen Kritik an ihrer früheren Regierungsarbeit gibt, insbesondere an ihrer Russland- und Energiepolitik, haben die Bürger die Alt-Bundeskanzlerin in guter Erinnerung. 62 Prozent sind rückblickend zufrieden oder sogar sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Das geht aus dem ARD-Deutschlandtrend hervor, den das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap im Auftrag der Tagesthemen erhoben hat.
Vom Zuspruch, den die Ex-Kanzlerin genießt, kann ihr Nachfolger Olaf Scholz nur träumen. Allerdings hat noch nie eine Regierung in so kurzer Zeit so viele Probleme anpacken müssen. Der Krieg in der Ukraine, die Energie-Krise, der Klimawandel, die Inflation - das alles hat gravierende Folgen und hinterlässt tiefe Spuren und Unzufriedenheit. Aktuell üben 68 Prozent der Wahlberechtigten Kritik an der Koalition aus SPD, Grünen und FDP.
Interessant ist ein Blick auf die Parteianhänger der drei Koalitionsparteien. Während 71 Prozent der SPD-Wähler und 66 Prozent der Anhänger der Grünen weiterhin mehrheitlich zu einem positiven Urteil gelangen, sind es bei den FDP-Anhängern nur 18 Prozent. So unzufrieden sind noch nicht einmal die Anhänger der oppositionellen Unions-Parteien. Hier geben 25 Prozent ein positives Urteil ab.
Streit um den deutschen Pass
Immer wieder gibt es Konflikte zwischen den Koalitionspartnern. Auch bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten Reform des Staatsbürgerrechts. Das von der SPD geführte Innenministerium hat vorgeschlagen, dass die deutsche Staatsbürgerschaft statt nach acht Jahren künftig bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland erlangt werden kann. Bei guten schulischen oder beruflichen Leistungen oder guten Deutsch-Kenntnissen auch bereits nach drei Jahren. Doch die FDP bremst.
Das Vorhaben ist allerdings auch unter den Bürgern nicht unumstritten. Die eine Hälfte (49 Prozent) unterstützt die Pläne, die andere Hälfte (45 Prozent) hält die Fristverkürzung dagegen für falsch.
Unterschiedliche Meinungen gibt es auch abhängig vom Bildungsgrad. 64 Prozent der Bürger mit einem hohen Bildungsabschluss zeigen sich offen für entsprechende Änderungen im deutschen Staatsbürgerschaftsrecht - unabhängig davon, welche Partei sie wählen.
CDU und CSU legen zu
Wenn Koalitionsparteien streiten, kommt das beim Bürger selten gut an. Alle drei Koalitionsparteien büßen bei den Wahlberechtigten an Rückhalt ein. Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, hätte die Ampel keine Mehrheit mehr. Die CDU/CSU legt in der Umfrage dagegen zu und erzielt mit 30 Prozent den besten Wert für die Union im ARD-Deutschlandtrend seit März 2021.
Was allerdings nicht heißt, dass die Bürger mehr Vertrauen in eine unionsgeführte Regierung hätten. Nur 17 Prozent der Bundesbürger sind der Meinung, dass unter CDU/CSU-Führung die in Deutschland anstehenden Aufgaben und Probleme besser gelöst werden würden. Weitere 22 Prozent würden in diesem Fall allenfalls ähnlich gute, 30 Prozent ähnlich schlechte Regierungsleistungen erwarten. 24 Prozent rechnen unter einer Unions-Führung mit schlechteren Ergebnissen in der Regierungsarbeit.
Kaum Verständnis für radikale Klimaaktivisten
Gerade erst ist die Weltklimakonferenz in Ägypten zu Ende gegangen. 82 Prozent der Deutschen sehen beim Klimaschutz sehr großen beziehungsweise großen Handlungsbedarf. Nur 15 Prozent sehen wenig oder gar keinen. Mit dieser eindeutigen Haltung sind sich in Deutschland Jung und Alt, Gut- und weniger Gutverdienende, aber auch die Anhänger fast aller Parteien einig. Allein in den Reihen der AfD bestehen diesbezüglich größere Zweifel.
Klima-Proteste, die Norm- und Gesetzesverstöße miteinschließen, stoßen bei den Bundesbürgern allerdings nur auf wenig Verständnis. Das gilt vor allem für die Aktionen der Klima-Aktivistengruppe "Letzte Generation". Sie sorgte in den letzten Wochen mit ihren Protesten für bundesweites Aufsehen und Diskussionen über eine mögliche strafrechtliche Verfolgung.
Auch auf Anerkennung in der Grünen-Wählerschaft können die Klima-Aktivisten nicht setzen. Selbst sie lehnen entsprechende Aktionen mit großer Mehrheit ab.
Fußball-WM: Kein Ansehensgewinn für Katar
Noch bis Mitte Dezember läuft in Katar die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer. Katar erhofft sich von der Austragung des Wettbewerbs nicht zuletzt einen internationalen Ansehensgewinn. Bei den Bundesbürgern geht diese Rechnung bislang nicht auf. Etwa die Hälfte der im ARD-Deutschlandtrend Befragten gibt an, dass ihr Bild von Katar genauso schlecht ausfällt wie vor Beginn des Turniers, jeder Vierte blickt sogar kritischer auf das Emirat.
Deutschland wird ab 2026 Flüssiggas aus Katar beziehen. 43 Prozent der Bundesbürger finden es richtig, Wirtschaftsbeziehungen zu Katar zu unterhalten, 40 Prozent finden das falsch.
Wie das Gastgeberland können auch die großen Fußballverbände nicht auf einen Sympathiezuwachs durch die Weltmeisterschaft setzen. Im Gegenteil. Für sechs von zehn Deutschen hat der bisherige WM-Verlauf das Bild vom Weltfußballverband FIFA nach eigenen Angaben verschlechtert.
Einen ähnlichen Reputationsverlust wie ihn die FIFA bei den Bundesbürgern erlebt, muss der Deutsche Fußballbund zwar nicht fürchten. Ein gutes Drittel der Befragten gibt jedoch an, dass sich auch ihr Bild vom DFB eher verschlechtert hat. Die Art und Weise, wie DFB und Nationalmannschaft zu den politischen Verhältnissen und zur Menschenrechtssituation im Emirat Stellung bezogen haben, findet nur jeder vierte Befragte überzeugend.
Sollten Sportler ihre Meinung äußern?
Grundsätzlich unterstützt mehr als jeder Zweite (55 Prozent), wenn bei Sportwettbewerben in Ländern, die aufgrund der politischen und Menschenrechtslage in der Kritik stehen, deutsche Sportler ihren Standpunkt vor Ort äußern. Vier von zehn (39 Prozent) legen deutschen Teilnehmern dagegen nahe, sich bei Sportwettbewerben mit politischen Äußerungen zum Gastgeberland zurückzuhalten.
Bleibt noch die Frage, wer die Fußball-WM in Katar gewinnen wird. Laut ARD-Deutschlandtrend haben die Bundesbürger keinen klaren Favoriten. Einen Sieg trauen 16 Prozent der Befragten am ehesten Spanien zu. 14 Prozent setzen auf Brasilien.