Deutschlands Wirtschaft wächst kräftig
30. Oktober 2020Nach dem Einbruch wegen der Corona-Krise im Frühjahr hat sich die deutsche Wirtschaft spürbar erholt und ist im Sommerquartal in einem Rekordtempo gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg zwischen Juli und September um 8,2 Prozent zum Vorquartal, lag aber noch um 4,3 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Dies teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden anhand vorläufiger Daten mit
Im zweiten Quartal war die Wirtschaft wegen Eindämmungsmaßnahmen in der Virus-Pandemie noch mit 9,7 Prozent eingebrochen und damit so stark wie nie zuvor. Der wegen der steigenden Corona-Neuinfektionen für November angekündigte Teil-Lockdown dürfte die Erholung der Wirtschaft allerdings im laufenden Quartal wieder bremsen. Einige Experten befürchten deshalb sogar ein Schrumpfen der Wirtschaft zum Jahresende 2020.
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Die Bundesregierung rechnet jetzt für das nächstes Jahr mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaft von der Corona-Krise. Sie geht von einem Wachstum von 4,4 Prozent aus, für das Jahr 2022 mit 2,5 Prozent, wie das Wirtschaftsministerium am Freitag mitteilte. Das Vorkrisenniveau werde demnach frühestens zum Jahreswechsel 2021/2022 wieder erreicht.
In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft um 5,5 Prozent einbrechen. Es wäre damit eine der schwersten Rezessionen der Nachkriegszeit, aber nicht ganz so schlimm wie 2009 in Folge der globalen Finanzkrise. Zuletzt hatte die Bundesregierung für 2020 noch ein Minus von 5,8 Prozent vorausgesagt.
Ein harter Winter steht bevor
"Wir stehen aktuell an einem Scheideweg", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Ein harter Corona-Winter könne die erwartete Konjunkturerholung im nächsten Jahr schon wieder zunichte machen. Die zweite Welle mit zuletzt rasant gestiegenen Neuinfektionen müsse gebrochen werden, um weiteres konjunkturelles Unheil vermeiden zu können.
Die Prognose stehe daher unter dem Vorbehalt, dass die Pandemie unter Kontrolle sei, sagte Altmaier. Sie werde die Wirtschaft noch weit ins Jahr 2021 hinein belasten. "Es ist eine schwierige Zeit."
Der Teil-Shutdown im November werde Spuren in der Wirtschaft hinterlassen. Nach dem überraschend starken Wachstum im Sommer werde es im vierten Quartal 2020 wohl nur noch ein Plus von 0,4 Prozent geben. Hier habe die Regierung zuletzt noch 1,1 Prozent erwartet.
Die Krise ist noch lange nicht vorüber
Auch einige Ökonomen warnen, dass die aktuell steigenden Corona-Neuinfektionen und der gerade beschlossene Teil-Lockdown im November den Aufschwung zum Jahresende wieder ausbremsen könnten. Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, erwartet deutliche wirtschaftliche Einbußen für die deutsche Volkswirtschaft.
Die Schäden dürften zwar kleiner ausfallen als während des Lockdowns in den Monaten März und April. Allerdings werde das Wachstum im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal vermutlich zum Stillstand kommen. Die deutsche Industrie rechnet damit, dass die Beschränkungen die Wirtschaftsaktivität und Verbraucherstimmung im November stark beeinträchtigen werden.
Herbstlich graues Konjunkturwetter
Die Stimmung in den Unternehmen hatte sich bereits im Oktober wegen steigender Infektionszahlen eingetrübt. "Die Unternehmen blicken deutlich skeptischer auf die Entwicklung in den kommenden Monaten", stellte Ifo-Präsident Clemens Fuest jüngst fest. Auch die Kauflaune der Verbraucher erhielt einen Dämpfer. Der Optimismus sank nach Angaben des Nürnberger Konsumforschungsunternehmens GfK spürbar.
"Vom historischen Einbruch im Frühjahr konnte sich die deutsche Wirtschaft deutlicher als erwartet erholen", kommentiert Ralf Umlauf von der Helaba die aktuellen Zahlen. Es werde allerdings noch dauern, bis der "Vorkrisenwachstumspfad wieder erreicht werden kann." Das gelte Insbesondere vor dem Hintergrund der neuerlichen Beschränkungen aufgrund der Corona-Neuinfektionswelle im In- und Ausland.
Alles unter "Seuchenvorbehalt"
Finanzminister Olaf Scholz sieht in der aktuellen Konjunkturprognose der Regierung Grund für Zuversicht. "Wir stehen in diesem Jahr deutlich besser da als im Frühjahr befürchtet", sagte der Vizekanzler. Das gelte trotz der nun wieder notwendigen Kontaktbeschränkungen. "Dass wir zeitig und kraftvoll reagiert haben, zahlt sich aus", betonte er und versprach: "Wir werden alles tun, um die Infektionsdynamik zu brechen, um Leben zu schützen und unsere Wirtschaft."
Ergänzend hieß es aus dem Wirtschaftsministerium: "Nur wenn es uns gelingt, die Kurve der Neuinfektionen wieder abzuflachen, kann sich der Erholungsprozess unserer Wirtschaft dauerhaft fortsetzen und schwerer Schaden für Unternehmen und Beschäftigte verhindert werden."
Bund und Länder hatten am Mittwoch die härtesten Maßnahmen seit dem großen Lockdown im Frühjahr beschlossen. Ab Montag sollen unter anderem Restaurants, Kinos und Theater für den gesamten Monat November schließen. In dieser Zeit dürfen sich auch nur wenige Menschen privat und in der Öffentlichkeit treffen. Hotels dürfen keine Touristen mehr aufnehmen.
dk/hb (dpa, rtr, afp)