Laschet und die Union drehen den Spieß um
10. Juni 2021Vor fünf Wochen waren die Zeichen umgekehrt: Wäre damals Bundestagswahl gewesen, hätten die Grünen gewonnen - vor den Unionsparteien CDU/CSU. Im Deutschlandtrend des Meinungsforschungsinstituts "infratest dimap" im Auftrag des ARD-Fernsehens lag die Umweltpartei erstmals vorn. Mit einem Plus von vier Prozentpunkten hatte sie exakt so viel dazu gewonnen, wie die Konservativen abgeben mussten. Von dieser aus Sicht der Grünen schönen Momentaufnahme ist aber nichts geblieben. Das Umfrage-Ergebnis im Juni weist für sie ein Minus von sechs Prozentpunkten aus, während die Schwarzen fünf gutmachen.
Rechnerisch hätten die beiden politischen Lager weiterhin eine gemeinsame Mehrheit, um die erste Bundesregierung nach der 16 Jahre währenden Ära unter Bundeskanzlerin Angela Merkel zu bilden. Allerdings hieße der Nachfolger im Moment Armin Laschet. Seine Konkurrentin Annalena Baerbock und ihre Partei müssten sich in einer Koalition mit der Rolle der Juniorpartnerin zufriedengeben.
Hauptgrund für den Stimmungswechsel dürften unpräzise Angaben bei ihrem im Internet veröffentlichten Lebenslauf sein und zu spät dem Bundestag gemeldete Einnahmen für ihre Tätigkeit als Grünen-Chefin. Bei den Ungereimtheiten in Baerbocks Vita geht es unter anderem um Mitgliedschaften in internationalen Organisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR). "Das war Mist", räumte die 40-Jährige inzwischen ein. Ihrer Glaubwürdigkeit haben diese Fehler auf jeden Fall geschadet.
Union profitiert von Erfolgen bei der Corona-Bekämpfung
Bei einer Direktwahl des höchsten Regierungsamtes, die es in Deutschland nicht gibt, wäre die im Mai bei dieser Frage im Deutschlandtrend noch führende Kanzlerkandidatin der Grünen im Moment chancenlos. Sie landet mit 16 Prozent weit abgeschlagen hinter Armin Laschet (29) und dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Olaf Scholz (26). Die bröckelnden Sympathiewerte für Annalena Baerbock und ihre Partei waren am vergangenen Sonntag auch bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt zu beobachten: Die CDU triumphierte, während die Grünen weit hinter den Erwartungen zurückblieben.
Offenkundig profitiert das Unionslager aber nicht nur von Fehltritten der Grünen, sondern auch von der sich entspannenden Lage an der Corona-Front. Laut Deutschlandtrend hält jetzt eine klare Mehrheit von 61 Prozent die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie für angemessen. Im Vormonat waren es lediglich 40 Prozent. Die Meinungsforscher erklären sich diesen Umschwung mit sinkenden Infektionszahlen und eine "wohlwollende Begleitung angelaufener Corona-Lockerungen".
Positiv bemerkbar mache sich für die Bundesregierung zudem der Fortschritt in der Corona-Impfkampagne. Die bislang geltenden Impf-Regeln empfinden sieben von zehn für sich persönlich als gerecht. Die Aufhebung der Impf-Priorisierung ist in der Bevölkerung allerdings umstritten.
Als eines der großen politischen Probleme sehen die von "infratest dimap" Befragten den Klima- und Umweltschutz. Welche Maßnahmen die richtigen sein könnten, darüber gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Absolute Mehrheiten gibt es lediglich bei der Frage nach höheren Preisen für Flugreisen und ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen. Eine von den Grünen im Kauf genommene Erhöhung des Benzinpreises um 16 Cent bis 2023 halten hingegen 75 Prozent für die falsche Richtung.
Wohin es die in Deutschland lebenden Menschen im Sommerurlaub hinzieht, wenn sie verreisen wollen, auch danach haben die Meinungsforscher für den Deutschland gefragt. Nach einem kühlen und nassen Frühling ist das Fernweh bei inzwischen sommerlichen Temperaturen noch immer vergleichsweise schwach ausgeprägt. Jeweils knapp 40 Prozent wollen in Deutschland Urlaub machen oder gar nicht verreisen. Ein knappes Viertel zieht es ins europäische Ausland und sechs Prozent darüber hinaus.
Wie die Bilanz der oft als Reiseweltmeister bezeichneten Deutschen am Ende ausfallen wird, dürfte jedoch auch von der Entwicklung eines Themas abhängen, das der ganzen Welt noch eine Weile erhalten bleibt: Corona.