Die Berlinale 2020 - eine Vorschau
Ein neues Führungsduo, neue Reihen und Wettbewerbe - all das präsentiert die 70. Ausgabe der Berliner Filmfestspiele vom 20. Februar an. Zehn Tage Filmfieber in der deutschen Hauptstadt - eingefangen in 15 Bildern.
Wir sind die Neuen!
Der Italiener Carlo Chatrian ist neuer künstlerischer Leiter der Berliner Filmfestspiele (20.2.-1.3.2020). Die Niederländerin Mariette Rissenbeek ist fürs Geschäftliche zuständig. Chatrian ist ein ausgesprochener Kenner der Filmgeschichte, war zuvor Chef des Festivals in Locarno. Rissenbeek hatte einen Job bei "German Films". Beide treten in die Fußstapfen des langjährigen Leiters Dieter Kosslick.
Neue Optik, neue Reihen, neue Kinos
Das neue Führungsduo bringt frischen Wind ins älteste deutsche Filmfestival. Das fängt mit einer neuen Optik bei den Festivalplakaten an, führt zu neuen Spielstätten in der deutschen Hauptstadt und geht weiter zu neuen Programmreihen und -schwerpunkten. Und: Es werden nicht mehr ganz so viele neue Filme gezeigt beim Festival. Früher waren es meist rund 400, jetzt sollen es "nur" noch 340 sein.
Berlin als Thema im Wettbewerb
Natürlich zieht der Internationale Wettbewerb, bei dem es am Ende einen goldenen und mehrere Silberne Bären gibt, die meiste Aufmerksamkeit auf sich. 18 Filme hoffen auf die Bären. Die deutsche Hauptstadt steht gleich in drei Filmen als Schauplatz im Mittelpunkt. Einer davon trägt sein Thema schon im Titel: "Berlin Alexanderplatz" (unser Bild) des deutsch-afghanischen Regisseurs Burhan Qurbani.
Amerika abseits von Hollywood
Früher fand sich meist der ein oder andere Hollywood-Film im Wettbewerb. Beide US-Beiträge in der Bären-Konkurrenz sind aber eher "kleinere", unabhängig von den großen Studios produzierte Filme ohne typische Hollywood-Stars. Dafür bietet die Britin Sally Potter in "The Roads Not Taken" ein paar hochkarätige Stars auf: Javier Bardem und Elle Fanning (unser Bild) sowie Salma Hayek und Laura Linney.
Gesamtkunstwerk "DAU"
Seit Jahren schon entsteht das Gesamtkunstwerk "DAU" des russischen Regisseurs Ilja Chrschanowski. Aus 700 Stunden Material wurden 13 Spielfilme, Serien und Dokumentationen produziert. Der Spielfilm "DAU. Natasha" wird jetzt im Wettbewerb gezeigt. Der Dokumentarfilm "DAU. Degeneration" (Bild) in einer Nebenreihe. Es geht um die Stalin-Zeit und den sowjetischen Physiker Lew Dawidowitsch Landau.
Der Entscheider: Jeremy Irons
Wer am Festivalende die Bären entgegennimmt, darüber entscheidet er: Jeremy Irons. Der Schauspieler mit Hollywood-Erfahrung steht 2020 der Jury vor. Er wird bei seiner Arbeit von fünf Schauspielern und Regisseuren, sowie einer Produzentin aus Deutschland unterstützt: Bettina Brokemper hat mit ihrer Kölner Firma "Heimatfilm" in den letzten Jahren viele internationale Erfolge feiern können.
"My Salinger Year" zur Eröffnung
Ganz bewusst will Chatrian die Berlinale nicht mit einem Film eröffnen, der sich um den Goldenen Bären bewirbt. Die Eröffnung soll in entspanntem Rahmen ablaufen. Die Zuschauer bekommen es mit einer Geschichte aus der Welt der Literatur zu tun: In "My Salinger Year" geht es um den Literaturbetrieb, um den Autor des Kult-Romans "Fänger im Roggen" und um eine von Sigourney Weaver gespielte Agentin.
Zweiter Wettbewerb "Encounters"
Auch Carlo Chatrian und sein neues Team wollen der Berlinale natürlich einen eigenen Stempel verleihen und künstlerische Duftmarken setzen. So hat der neue Leiter mit der Reihe "Encounters" einen zweiten Wettbewerb installiert, in dem es auch Preise gibt. Dort bewerben sich 15 Filme, unter anderem auch der Debütfilm der portugiesischen Regisseurin Catarina Vasconcelos (unser Bild).
50. Internationales Forum des Jungen Films
Bei all den Neuerungen droht ein wichtiges Jubiläum unterzugehen. Das "Internationale Forum des Jungen Films", vor 50 Jahren gegründet, um dem Wettbewerb mit neuen filmischen Formen und Experimenten etwas entgegenzusetzen, feiert Jubiläum. Mit Christina Nord gibt es eine neue Leiterin. Unter den 35 neuen Filmen ist auch "Victoria" (unser Bild), eine belgische Produktion, die in Kalifornien spielt.
Panorama blickt aufs Weltkino
Die andere große Berlinale-Reihe heißt "Panorama", auch dort gibt es zahlreiche Weltpremieren. "Jung, politisch, kämpferisch", heißt es auf der Berlinale-Seite. Die Reihe erzählt von "Migration und dem Suchen und Finden innerer Heimat, vom Raubbau an unserem Planeten und es zeigt mutige Narrative queerer Identitäten". "Futur Drei" (unser Bild) erzählt von Flüchtlingen in der deutschen Provinz.
Die Jugend kommt: "Generation"
Die inzwischen auch schon traditionsreiche Berlinale-Reihe "Generation" richtet sich an jüngere Zuschauer, Kinder, Jugendliche, auch an Erwachsene. Auch hier läuft eine staatliche Anzahl neuer Filme: 59. Sie richten sich thematisch an jüngere Zuschauer. "Paradise Drifters" (Bild) aus den Niederlanden erzählt von drei Jugendlichen ohne festen Wohnsitz auf der Suche nach Sicherheit und einer Bleibe.
Was macht Hillary auf der Berlinale?
Möglicherweise wird eine vierstündige dokumentarische Serie einer der großen Knüller des Festivals. Vor allem weil ihre "Hauptdarstellerin" in Berlin bei der Premiere erwartet wird. Es ist die ehemalige Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. "Hillary" zeigt das Leben und die Karriere Hillary Clintons und wird ab März weltweit von einem Streaminganbieter ausgestrahlt.
Blick zurück in die Filmgeschichte
Die Berlinale ist auch Schaufenster für Kinogeschichte. Einer der Höhepunkte wird die Aufführung der restaurierten Fassung des Stummfilmklassikers "Das Wachsfigurenkabinett" sein. Die große filmhistorische Retrospektive ist Hollywood-Regisseur King Vidor gewidmet. Der drehte schon zu Stummfilmzeiten Filme und später wunderbare Historienwerke wie "Salomon und die Königin von Saba" (unser Bild).
Die Berlinale "kann" auch Serie
Ein großes Filmfestival kann es sich heute fast nicht mehr leisten, keine Serien zu zeigen. Die Berlinale zeigt Serien-Premieren aus Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kanada, Österreich, den USA und dem Vereinigten Königreich. Mit dabei sind auch neue Formate: Die sechs Episoden der Serie "Sex" aus Dänemark haben insgesamt nur ein Spielzeit von 77 Minuten.
Preise für zwei Frauen des Kinos
Der Goldene Bär wird am 29. Februar verliehen. Jetzt schon fest steht, dass zwei große Kino-Frauen Preise bekommen. Die Berlinale-Kamera 2020 geht an die deutsche Regisseurin Ulrike Oettinger, der Goldene Ehren-Bär an die Britin Hellen Mirren (unser Foto). Mirren bekannt aus Filmen wie "The Cook, the Thief, His Wife & Her Lover" und "The Queen" wird darüberhinaus mit einer Hommage geehrt.