Die Erfinder vom Dienst
4. März 2011Hochbetrieb am Stand des Fraunhofer-Instituts in Halle neun der Computermesse CeBIT in Hannover. Vor einem großen Fernsehbildschirm sitzen zwei Personen, die sich mit zwei Personen unterhalten, die irgendwo anders in Halle neun vor einem Flachbildschirm sitzen. Eigentlich nichts besonderes - ist doch wie bei Skype oder? Fraunhofer-Mitarbeiter Matthias Rose widerspricht: "Bei uns wird die volle Audiobandbreite abgedeckt, ohne Qualitätsverlust. Auch wenn man Musik abspielt, hört sich die Musik an, als würde man sie gerade selber im gleichen Raum hören."
Wie das geht? Die Fraunhofer-Technik benötigt nur eine sehr gering Datenmenge für die Videotelefonie vom Wohnzimmmersofa über den Fernseher. Die Weiterentwicklung von Video- und Audio-Kodierungen ermöglicht so schon bei einem einfachen DSL-Anschluss eine perfekte Qualität. Einzelne Teile dieser Technologie gibt es heute schon, beispielsweise in der Applikation Facetime für Videotelefonie über das iPhone von Apple.
Für den Mozart von Morgen
Nur wenige Meter weiter klimpert ein junger Entwickler ein Lied auf einer E-Gitarre. Ein Programm auf einem Monitor hinter ihm zeigt an, ob er die Töne trifft. Die Software mit dem Namen Song2See, also Musik, die man sieht, visualisiert das Gespielte. Das Programm soll den Spaßfaktor beim Lernen eines Instruments erhöhen, sagt Entwickler Sascha Grollmisch: "Wenn ich einen neuen Song lernen möchte, dann zeigt mir das Programm in Echtzeit an, wie ich das Instrument zu greifen habe und ob ich richtig spiele oder eben nicht." Echtzeit ist hier das Stichwort, denn die direkte Analyse von Klängen auf einem Computerprogramm, das ist neu. Neben Gitarre erkennt die Software auch andere Instrumente wie Klavier oder Flöte. Benötigt wird dafür nur ein Mikrofon, das die Klänge in den Rechner transportiert. Auch gemeinsames Musizieren ist möglich - Stücke mit mehreren Instrumenten erkennt die Software in dem Moment, in dem die Musiker den ersten Ton spielen.
Selbstbestimmtes Leben im Alter
Eine weniger verspielte Innovation befindet sich im nächsten Abschnitt des Stands."Notfallerkennung im Eigenheim" heißt das Projekt, das sich gezielt an ältere Menschen richtet, die sicher zuhause leben möchten. Dabei ist die Wohnung oder das Haus komplett mit Präsenzmeldern, Energiemessgeräten und Sensoren an Türen und Schränken ausgestattet. Zuvor wird von den Bewohnern ein Verhaltensprofil erstellt - weicht die Person von diesem Profil ab, dann löst ein zentraler Rechner Alarm aus: "Zum Beispiel wenn die Person eine ungewohnt lange Zeit die Badewanne nicht mehr verlässt, ist das ein Indikator, dass sie eventuell hilflos ist", so Fraunhofer-Ingenieur Mario Schmitt. Dann wird über einen zentralen Rechner Alarm ausgelöst und ein Krankenwagen macht sich auf den Weg zu der betroffenen Person.
Gefühlssensible Kamera
Um die Ecke filmt eine winzig kleine Kamera die Messebesucher - das Bild überträgt sie direkt auf einen Monitor. Jedem, der vorbei geht, wird direkt eine Stimmung wie glücklich, traurig oder ernst auf dem Monitor zugeschrieben. Hinter diesem Stimmungssensor steht ein besonders neugieriges Programm: "Die Software erkennt nicht nur das Gesicht, sondern sie kann auch die Position der Augen detektieren. Sie kann rückmelden, ob ein Auge offen oder geschlossen ist", erklärt Fraunhofer-Mitarbeiterin Angela Raguse. "Bei der Feinanalyse des Gesichtes kann sie dann Gefühlsregungen zuordnen."
Neun Jahre hat das Fraunhofer-Institut insgesamt 25.000 Portraitfotos ausgewertet und so mehrere tausend Einzelkriterien im Gesicht entdeckt, die es nun direkt zuordnen kann. Eingesetzt wird die Technologie bisher in den USA, und zwar bei Computerspielen und im Bereich der personalisierten Marktforschung. Beispielsweise für Reklametafeln auf der Straße. Stehen Sie also bald vor einem großen Werbeschild und das springt plötzlich um, wenn Sie gerade gehen wollen, dann wissen Sie: Die Technik wird auch in Deutschland angewendet.
Autor: Nicolas Martin, z. Zt. Hannover
Redaktion: Rolf Wenkel