Die EU und das Ringen um den Iran-Deal
13. Mai 2019Mit Überraschungsgästen ist es so eine Sache. Manchmal freut man sich, manchmal blickt man aber auch skeptisch auf den ungeladenen Gast.
Auf den Überraschungsbesuch Mike Pompeos trifft eher Letzteres zu. Erst in der Nacht zum Montag war bekannt geworden, dass der US-Außenminister auf seiner Reise nach Russland einen spontanen Zwischenstopp in Brüssel einlegen würde, um mit seinen Kollegen aus Deutschland, Großbritannien und Frankreich und mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini über den Nukleardeal mit dem Iran zu sprechen.
Am Morgen am Rande des Treffens der EU-Außenminister in Brüssel gab Mogherini sich reserviert: Natürlich sei Herr Pompeo willkommen. Man habe aber eine volle Agenda und müsse im Laufe des Tages sehen, ob und wie man ein Treffen organisieren könne. Und der deutsche Außenminister Heiko Maas ließ verlauten: "Das wird man sehen, inwiefern diese Gespräche zustande kommen."
Maas: EU und USA verfolgen gleiche Ziele
Zustande kamen die Gespräche mit Pompeo, das schon. Und Maas äußerte sich nach seinem Tête-à-Tête mit dem US-Außenminister auch positiv über dessen Besuch: Ja, die EU und die USA gingen zwar "unterschiedliche Wege", hätten "unterschiedliche Auffassungen", was das Atomabkommen mit dem Iran angehe, aber man verfolge die gleichen Ziele: "nämlich keine Nuklearwaffen für den Iran und eine andere Rolle des Irans in der Region".
Doch das, was Mike Pompeo vermutlich erreichen wollte, nämlich die EU-Kollegen davon zu überzeugen, die harte Linie der US-Amerikaner gegenüber dem Iran zu unterstützen, hat er nicht geschafft. Pompeo selbst äußerte sich nicht zu seiner Stippvisite in Brüssel, zu hören war aber, dass er gerne - zumindest metaphorisch gesehen - mit einem Foto von sich, umringt von den europäischen Kollegen, ins Flugzeug gestiegen wäre - ein Symbol der Einigkeit zwischen den EU-Vertretern und den USA, das ihm nicht nur bildlich, sondern auch verbal verwehrt wurde.
Denn die EU-Staaten zeigen sich weiter fest entschlossen, am Nuklearabkommen mit dem Iran festzuhalten. Eine Haltung, die sich seit der Abkehr der US-Amerikaner vom Iran-Deal nicht verändert hat.
Vor einem Jahr hatten die Vereinigten Staaten einseitig ihren Ausstieg aus dem Abkommen erklärt. Und das, obwohl der Iran Beobachtern zufolge nicht gegen die Auflagen verstoßen hatte. Der Vorwurf der USA: Das Land sorge in der Region für Unruhe und unterstütze Terroristen.
Vergangene Woche hatte der Iran nun seinerseits damit gedroht, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist aus dem 2015 geschlossenen Deal auszusteigen. Grund war, dass die USA nach ihrem Ausstieg aus dem Deal ausländischen Unternehmen mit Sanktionen drohten, wenn sie weiter mit dem Iran Handel betreiben. Für die EU-Staaten ein Dilemma: Inhalt des Abkommens ist nämlich, dass der Iran aus seiner wirtschaftlichen Isolation befreit wird, Handel also wieder einfacher möglich sein sollte.
Die Europäische Union sitzt jetzt zwischen den Stühlen: Die Mitgliedsstaaten müssen versuchen, die Handelsbeziehungen mit dem Iran aufrechtzuerhalten - ohne dabei die USA allzu sehr vor den Kopf zu stoßen. Denn sollte der Iran aus dem Abkommen austreten, könnte das Land das Programm zum Bau einer Atombombe wieder aufnehmen - ein Vorhaben, das der Iran im Zuge des Nuklear-Deals eingestellt hatte.
"Zentraler Pfeiler für die Sicherheit in der Region"
Genauso wie die USA sehen auch die EU-Staaten den Iran kritisch. "Wir sind mit der Rolle in Syrien nicht einverstanden, auch nicht mit dem ballistischen Raketenprogramm", sagt etwa der deutsche Außenminister Heiko Maas am Rande des EU-Außenministertreffens. Federica Mogherini unterstrich, dass die EU im Dialog "die einzige und beste Möglichkeit" sehe, unterschiedliche Auffassungen zwischen der EU und dem Iran anzugehen. "Jegliche Eskalation muss vermieden werden." Der Deal mit dem Iran bleibe ein "zentraler Pfeiler für die Sicherheit in der Region."
Sowohl Mogherini als auch Maas machten deutlich, dass die EU alles tue, um am Atomabkommen mit dem Iran festzuhalten. Niemand wolle, dass das Land in den Besitz einer Atombombe komme. "Das ist Ziel dieses Abkommens und das ist bisher erreicht worden", so Maas. Trotz der demonstrativen Einigkeit der EU-Staaten sind ihre diplomatischen Versuche bisher ergebnislos. Auch deshalb ist die Gefahr nicht ausgeschlossen, dass die Vereinigten Staaten einen Krieg mit dem Iran erzwingen könnten, um dort für einen Regimewechsel zu sorgen. Die Macht der EU ist in diesem Fall sehr begrenzt.
Abseits des Treffens in Brüssel schüren Berichte über angebliche Sabotageakte gegen Handelsschiffe im Golf von Oman außerdem die Angst, dass sich die Lage noch weiter verschärfen könnte. Davor, dass die Situation eskalieren könnte, warnte in Brüssel besonders deutlich der britische Außenminister Jeremy Hunt: "Wir sind äußerst besorgt, dass es aus Versehen zu einem Konflikt kommen könnte. Mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist."