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Literatur

Elena Ferrante: "Die Geschichte eines neuen Namens"

9. Januar 2017

Mit ihrer Freundschaftssaga "Meine geniale Freundin" landete Elena Ferrante weltweit einen Verkaufsschlager. Kürzlich hat die Autorin Band 2 nachgelegt. Er kommt jetzt auch in die deutschen Buchläden.

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Italien Neapel
Bild: Getty Images/AFP/M. Laporta

Elena Ferrante gelingt es weiterhin, die literarischen Schlagzeilen zu dominieren. "Die Geschichte eines neuen Namens", so lautet der Titel des zweiten Teils ihrer Saga um die Freundschaft zweier Mädchen, eröffnet in Deutschland das Literaturjahr 2017. Nach dem im August erschienenen Erfolgsroman "Meine geniale Freundin", der nicht nur hierzulande, sondern weltweit ein Verkaufsschlager ist, geht es nun weiter mit Lila und Elena, die inzwischen 16 Jahre alt sind.

Die große Unbekannte

Wieder veröffentlicht die Autorin unter ihrem Pseudonym Elena Ferrante. Denn bereits mit dem Erscheinen ihres Debütromans 1992 hat sich die Italienerin für die Anonymität entschieden. So auch bei der Veröffentlichung ihrer vierbändigen neapolitanischen Saga. Der italienische Journalist Claudio Gatti lüftete im Oktober 2016 offenbar ihre wahre Identität mit kriminalistischen Gespür anhand von Kontoauszügen. Er hält sie für Anita Raja, die als Tochter jüdischer Eltern mit zehn Jahren nach Italien kam, den Holocaust überlebte und in Neapel aufwuchs. Ferrante hat dazu bislang keine Stellung bezogen, und sie hat sich auch nicht dazu geäußert, ob sie die Romane allein - oder wie Gatti behauptet - mit ihrem Ehemann Domenico Starnone gemeinsam verfasst hat.

Buchcover: Elena Ferrante Die Geschichte eines neuen Namens
Bild: Suhrkamp Verlag

Neapel mit den Augen von Elena Ferrante sehen

Die Fans haben durch die Enthüllung wenig gewonnen. Schauplatz von "Die Geschichte eines neuen Namens" bleibt Neapel. Wieder ist der besondere Kniff der Erzählkunst von Ferrante, dass sie die Geschichte Italiens im Spiegel zweier Frauen zeigt. Die Saga erzählt das parallele Schicksal von Raffaela Cerullo, genannt Lila, und Elena Greco, genannt Lenù, die in einem Armenviertel Neapels Ende der 1940er Jahre geboren werden. Ihr Umfeld ist geprägt von Mafiakriegen und einer machistischen Gesellschaft. Der Leser wird Zeuge von Gewalt, Angst und Sehnsüchten.

Literarische Zeitsprünge 

Die Autorin Elena Ferrante greift dabei in all ihren Bänden auf einen Kunstgriff zurück: Erzählzeit und erzählte Zeit liegen viele Jahre auseinander. Die Ich-Erzählerin Elena Greco, die denselben Vornamen wie die reale Autorin trägt, wechselt dauernd die Perspektive und hüpft aus der Vergangenheit in die Gegenwart und zurück. Im ersten Kapitel von "Die Geschichte eines neuen Namens" begibt sich der Leser mit Lenù in das Jahr 1966. Sie berichtet mal aus der Nachsicht, dann wieder kommentierend mit historischem Abstand, wie sie und Lila aus ihrem vorbestimmten Leben im einfachen Milieu ausbrechen wollen. Die beiden verbindet eine Hassliebe, wie sie wohl viele Freundschaften zwischen jungen Mädchen prägt: Eifersucht und Konkurrenz, aber auch gegenseitiges Verständnis und große Zuneigung wechseln sich ab.

#ferrantefever grassiert weltweit

In Deutschland erschien der erste Band "Meine geniale Freundin" im August 2016 und ist seitdem nicht mehr von der Bestsellerliste wegzudenken. Seitdem grassiert ein wahres Ferrante-Fieber, das unter dem eigenen Hashtag #ferrantefever das globale Ausmaß des Kults zeigt. Parallelen gibt es etwa zu Joanne K. Rowlings Erfolgsroman "Harry Potter": Leser veranstalten Reisen zu den Schauplätzen in Italien, Literaturfans stehen Schlange, um als erste den neuen Band zu kaufen, es fallen Lobesworte wie "Jahrhundertroman".

Ausgelöst wurde das Fieber durch den Hype in den USA: Ein italienischer Roman schafft es nicht so oft in die amerikanischen Bestsellerlisten. Aber auch die Verwendung eines Pseudonyms befeuerte das #ferrantefever.

Italien Zwei Frauen hängen Wäsche auf in Neapel der 50er
So könnte es in den 50er Jahren in Neapel ausgesehen habenBild: Getty Images/Hulton Archive/Keystone Features

Band zwei erzählt von Lilas und Lenùs Jugend

Band zwei setzt da ein, wo Band eins aufhörte: auf der Hochzeitsfeier der Heldin Lila mit dem Wurstfabrikanten Stefano Caracci - eine abgekartete Sache, die von ihren eigenen Brüdern eingefädelt wurde. Man schreibt das Jahr 1966. Die Ich-Erzählerin studiert in Pisa und beschäftigt sich mit einem Stapel Hefte, die sie für ihre Freundin verwahren soll. Heimlich liest sie darin und ist von der Kraft der Sprache beeindruckt. "Die Geschichte eines neuen Namens" wandert im Leben der beiden Protagonistinnen weiter und erzählt nach der Kindheit in Neapel nun von ihrer Jugend. Die Gymnasialzeit mit ihren Höhen und Tiefen, das erste Verliebtsein, gemeinsame Ferien auf der Insel Ischia. "Die Geschichte eines neuen Namens" ist ein Bildungsroman, der von den Schwierigkeiten des sozialen Aufstiegs genauso erzählt wie von den weiblichen Lebensbedingungen im Italien des 20. Jahrhunderts. Mit dem dritten Buch "Die Geschichte der getrennten Wege" und dem letzten Teil "Die Geschichte des verlorenen Kindes" geht es im Mai bzw. im Oktober weiter.

Elena Ferrante: Die Geschichte eines neuen Namens. Aus dem Italienischen übersetzt von Karin Krieger. Suhrkamp Verlag, 624 Seiten.