Die größten Ängste der Deutschen
3. September 2015Sind die Deutschen ein Volk von Angsthasen? Was ist dran an der viel zitierten "German Angst"? Das werde er immer wieder gefragt, sagt Professor Manfred Schmidt von der Universität Heidelberg. Der Politikwissenschaftler, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema befasst, kann allerdings keine besondere Neigung der Deutschen zur Ängstlichkeit erkennen. Für die Sorgen, die die Deutschen äußerten, gebe es "gute Gründe", findet Schmidt. "Sie reagieren allesamt mehr oder minder kenntnisreich auf große reale Verschiebungen."
In diesem Jahr sind es die Euro-Schuldenkrise und die wachsende Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge, die die Deutschen besonders beschäftigen. Das zeigt eine aktuelle Studie der R+V Versicherung, die im Juni und Juli knapp 2400 Personen über 14 Jahre befragt hat. Und zwar zum einen zu ihren aktuellen Sorgen, zum anderen zu Dauerbrennern wie der Angst vor Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Seit 24 Jahren führt die Versicherung eine Langzeitstudie zu den Ängsten der Deutschen durch. Kern dieser Studie sind Fragen, die Jahr für Jahr im gleichen Wortlaut gestellt werden, um die Ergebnisse vergleichen zu können.
Euro-Krise: Zahlt der Steuerzahler die Zeche?
Bei den aktuellen Sorgen des Jahres 2015 führt die Euro-Schuldenkrise das Ranking an. 64 Prozent der Deutschen fürchten, dass die Euro-Schuldenkrise teuer für den Steuerzahler wird. Generell treibe die Sorge ums Geld die Deutschen um, erläutert Politologe Schmidt die Zahlen. Dieses Resultat müsse vor dem Hintergrund der dramatischen Griechenland-Rettung gesehen werden.
Die Zuwanderung Hunderttausender Menschen nach Deutschland löst ebenfalls Ängste aus: 50 Prozent der Befragten haben Angst davor, dass die wachsende Zahl von Asylbewerbern die Bürger und die Behörden überfordert. Fast ebenso viele haben Angst vor politischem Extremismus.
Bei den Fragen, die schon seit 24 Jahren gestellt werden, sehen die Ergebnisse etwas anders aus: Hier hat sich 2015 erstmals die Angst vor Naturkatastrophen an die Spitze der Tabelle gesetzt - höchstwahrscheinlich eine Reaktion auf die zahlreichen Unwetter im In- und Ausland, auf Erbeben, Waldbrände und Stürme.
Mehr Furcht vor Terrorismus
Stark zugenommen hat die Angst vor dem Terrorismus - sie steht mit 52 Prozent in diesem Jahr auf Platz zwei. Zu dieser Einschätzung dürften die Anschläge auf das Pariser Satire-Magazin "Charlie Hebdo" und auf Touristen in Tunesien sowie die Gräueltaten der Terrormiliz "Islamischer Staat" beigetragen haben. Deutlich zurückgegangen sind hingegen die Angst vor steigenden Lebenshaltungskosten, vor einer Wirtschaftsflaute und vor Arbeitslosigkeit - ein Spiegel der soliden Wirtschaftslage in Deutschland. Das Resümee der Versicherung: "Bedrohungen von außen jagen den Deutschen am meisten Angst ein."