Die lange Irrfahrt hat ein Ende
6. September 2015Erste Anlaufstation für die meisten Flüchtlinge bleibt nach wie vor die bayerische Landeshauptstadt. Nach Angaben eines Polizeisprechers werden auch am Sonntagabend noch weitere Sonder- und Regionalzüge aus Österreich erwartet. Dort hat die Bahngesellschaft ÖBB aber aufgrund der nachlassenden Nachfrage mittlerweile angekündigt, die Sonderzüge zum Transport der Migranten vorerst einstellen zu wollen.
In der bayerischen Landeshauptstadt ist die Lage nach wie vor angespannt. "Lasst München nicht alleine", forderte Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle mit Blick auf die immer knapper werden Unterbringungsmöglichkeiten. "Wir wollen im Niveau der Hilfe nicht nachlassen, aber das können wir mit unseren begrenzten lokalen Mitteln nicht mehr lange durchhalten". Um die Stadt, die in den letzten 48 Stunden zum Drehkreuz für ganz Deutschland geworden ist, zu entlasten, sind mittlerweile offenbar Züge mit Zustimmung der zuständigen Landesbehörden direkt nach Braunschweig und Stuttgart weitergeleitet worden, ohne die Passagiere vorher zu registrieren.
Ankunft in Dortmund
Für die Mehrzahl der Flüchtlinge ist die bayerische Landeshauptstadt aber ohnehin nur eine Zwischenstation. Ein Sonderzug mit bis zu 1000 Menschen fuhr in der Nacht zum Sonntag aus München weiter in Richtung Dortmund. Hunderte Menschen hatten sich am Dortmunder Hauptbahnhof versammelt, um die Migranten willkommen zu heißen.
Überschattet wurde die Ankunft der Flüchtlinge in Dortmund allerdings durch Proteste von rund 30 Rechtsextremisten. Sie hatten außerhalb des Bahnhofs demonstriert. Bei einer Auseinandersetzung mit gewaltbereiten Linksextremen flogen Flaschen und Feuerwerkskörper. Fünf Menschen wurden verletzt, unter ihnen drei Polizisten. Nach Angaben der Polizei wurde in Dortmund in der Nacht zu Sonntag zudem ein Brand an einer geplanten Flüchtlingsunterkunft gelegt.
Ministerpräsident Ramelow am Bahnhof
Auch in Saalfeld in Thüringen kamen Flüchtlinge an. Dort machte sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) persönlich auf den Weg zum Bahnhof, um die Menschen willkommen zu heißen. In 15 Bussen reisten zudem 750 Menschen aus Österreich ein, um in Stuttgart und vier weiteren Orten in Baden-Württemberg unterzukommen. Am Samstag waren den Angaben zufolge fast 8000 Menschen in 26 Zügen über München nach Deutschland eingereist, am Sonntag waren es rund 6000.
Die Bundesregierung und Österreich hatten angesichts der chaotischen Zustände in Ungarn die Einreise freigegeben. Der Münchner Hauptbahnhof entwickelte sich zur Drehscheibe, von der aus die Menschen auf Aufnahmeeinrichtungen und Notunterkünfte verteilt wurden.
Juncker will Verteilungskonzept vorstellen
Unterdessen ringt die EU weiter um politische Lösungen. In der Debatte über eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen gab es am Wochenende beim Außenministertreffen in Luxemburg kaum Fortschritte. Vor allem osteuropäische EU-Mitgliedsländer wehren sich nach wie vor gegen verbindliche Regeln.
Kommissionschef Jean-Claude Juncker will am Mittwoch ein Konzept zur Verteilung von 120.000 weiteren Flüchtlingen auf EU-Staaten vorstellen. Medienberichten zufolge geht es zunächst um 54.000 schutzbedürftige Flüchtlinge, die nach einem festen Schlüssel auf die Mitgliedstaaten verteilt werden sollen.
Papst: Pfarreien sollen Flüchtlinge aufnehmen
Angesichts der vielen Flüchtlinge in Europa rief Papst Franziskus zu Solidarität auf. Jede Pfarrei, jede Gemeinde und jedes Kloster in Europa solle eine Migrantenfamilie aufnehmen, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche beim Angelus-Gebet unter dem Applaus Tausender Gläubiger auf dem Petersplatz. Er kündigte an, die zwei Pfarreien des Vatikans würden in Kürze zwei Flüchtlingsfamilien beherbergen.
haz/ba (dpa/rtr)