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Streit über den Länderfinanzausgleich

Helena Baers26. November 2014

Der Länderfinanzausgleich regelt, dass reiche Bundesländer Geld an ärmere zahlen. Die Zukunft der Regelung ist umstritten. Am heutigen Donnerstag wollen die Ministerpräsidenten nach Lösungen suchen.

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Hände spenden Geld (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Der Länderfinanzausgleich regelt seit Jahrzehnten die Umverteilung von Geld von reiche auf finanzschwache Bundesländer. Aber nicht mehr lange, denn 2019 läuft die bisherige Vereinbarung aus. Am heutigen Donnerstag kommen die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer zusammen, um über eine mögliche Fortführung zu sprechen. Denn die Bundesregierung will bis Ende des Jahres zumindest die Eckpunkte für einen Länderfinanzausgleich ab 2020 festlegen. Doch der Zeitplan wankt, denn die Länder stehen einander bei dem Thema unvereinbar gegenüber. "Es gibt bisher nicht einmal einen Ansatz für eine tragfähige Lösung, bei der alle 16 Länder 'Ja' sagen könnten", sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Renzsch von der Universität Magdeburg im DW-Gespräch.

Ursprünglich wurde der Länderfinanzausgleich eingeführt und auch im Grundgesetz verankert, um allen Menschen in Deutschland gleiche Lebensverhältnisse zu ermöglichen, egal, ob sie in reichen oder armen Gegenden wohnen. Renzsch betont: "Wir haben eine Situation, dass jetzt nach 50 Jahren die Finanzverfassung von 1969 an ihre Grenzen kommt."

Das Prinzip ist auf den ersten Blick einfach: Jedes Jahr wird die durchschnittliche Finanzkraft pro Einwohner in Deutschland berechnet. Unter Finanzkraft versteht man die Einnahmen des Landes und seiner Gemeinden. Länder, die unter dem Durchschnitt liegen, bekommen Geld von den Ländern, die darüber liegen.

Markus Söder (Foto: AFP)
Markus Söder: "Wir brauchen dringend eine Reform"Bild: AFP/Getty Images

Verzerrte Steuereinnahmen

Der Politikwissenschaftler Renzsch betont, es gebe derzeit eine ziemliche Schieflage bei den Steuereinnahmen. "Das bayerische Steueraufkommen ist künstlich erhöht dadurch, dass in Bayern sehr viele Unternehmenssitze liegen." Auf der anderen Seite hätten die ostdeutschen Länder gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung ein viel zu niedriges Steueraufkommen. "Was auch daran liegt, dass es hier keine Großunternehmen gibt."

So kommt es, dass Bayern am meisten Geld an andere Bundesländer abgeben muss. Im vergangenen Jahr waren es laut Bundesfinanzministerium 4,3 Milliarden Euro. Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) hat angekündigt, dass sein Bundesland 2014 wahrscheinlich die Rekordsumme von mehr als fünf Milliarden Euro zahlen werde. Das wäre fast ein Zehntel des Gesamtvolumens des Landeshaushalts. "Die neuen Zahlen bestätigen unsere Auffassung, dass wir dringend eine Reform des Länderfinanzausgleichs brauchen", sagt er.

Bisher kaum Kompromissbereitschaft

Derzeit zahlen nur drei Bundesländer Geld an andere, 13 bekommen welches. Deshalb ist das Modell hoch umstritten. Bayern und Hessen haben gegen den Länderfinanzausgleich in der bisherigen Form geklagt. Auch Baden-Württemberg, das dritte Geberland, spricht sich für Reformen aus. Die Nehmerländer sehen derzeit keinen Handlungsbedarf, das System zu ändern. Der größte Profiteur des Länderfinanzausgleichs ist Berlin. Die Bundeshauptstadt hat im vergangenen Jahr 3,3 Milliarden Euro erhalten. Auf Platz zwei ist Sachsen mit 995 Millionen Euro.

Fußgänger in Duisburg (Foto: AFP)
Kommunen im Westen - wie Duisburg - fordern, dass ein Teil des Solidaritätszuschlags auch an sie gehtBild: AFP/Getty Images

Renzsch geht nicht von einer schnellen Lösung aus, denn alle Seiten sind zerstritten. Die Finanzminister der Länder konnten sich im Oktober nicht einmal auf erste Vorschläge an die Ministerpräsidentenkonferenz einigen. "Im Grunde braucht man eine Lösung, bei der hinterher alle nach Hause gehen können und sagen: Ich habe meine Ziele zwar nicht vollständig, aber zu einem gewissen Teil erreicht." Bisher sei die Situation so, dass alle hinterher mehr haben wollten. Auch wenn die Bundesregierung die Eckpunkte bis Ende 2014 regeln will, aus Sicht der Länder sei noch genug Zeit. Schließlich läuft der Länderfinanzausgleich erst 2019 aus. "Wir haben im Grunde noch fünf Jahre Zeit, um zu verhandeln", sagt Renzsch.

Die Ministerpräsidenten sprechen bei ihrem Treffen in Potsdam auch über die Zukunft des sogenannten Solidaritätszuschlags. Bisher fließen alle Einnahmen aus der Abgabe, die nach der Wiedervereinigung eingeführt wurde, an den Bund, der einen Teil für die Aufbauleistung im Osten Deutschlands verwendet. Die Länder und Kommunen wollen aber auch von dem Geld profitieren. Ein Vorschlag sieht vor, den Abschlag nach 2019 in die Einkommenssteuer einzubauen. Die eingenommenen Mittel sollen dann auch in den Westen fließen. Allerdings ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bisher dagegen.