Die Maut ist da
3. Januar 2005Das befürchtete Verkehrschaos in der Nacht zum Montag, dem ersten Werktag im neuen Jahr, blieb aus. Das sagten Sprecher des ADAC und der Polizei. Die Wartezeiten an Grenzübergängen, Raststätten und Tankstellen seien nicht länger gewesen als gewöhnlich.
Dort müssen an speziellen Automaten LKW-Fahrer die Maut entrichten, die noch nicht über ein automatisches Erfassungsgerät - die so genannte On Board Unit (OBU) - verfügen oder sich im Voraus im Internet eingebucht haben. Kritiker hatten befürchtet, dass es nach Ende des Nachtfahrverbots zu Behinderungen kommen könnte.
Auch Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) sprach von einem "reibungslosen" Start der Lkw-Maut. In den ersten drei Tagen habe die Maut bereits 5,4 Millionen Euro eingebracht. Insgesamt erwartet der Bund für dieses Jahr Mauteinnahmen von etwa drei Milliarden Euro, die hauptsächlich in Verkehrsprojekte fließen sollen.
Hartes Durchgreifen gegen Mautpreller
Die Zahl der Mautpreller bezifferte das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) am Montag auf etwa 1.250. Diese hatten sich entweder falsch oder gar nicht eingebucht. Das entspreche einer Beanstandungsquote von neun Prozent, sagte der Präsident der mobilen BAG-Kontrolleure, Ernst Vorrath.
Minister Stolpe führt die seiner Ansicht nach relativ geringe Quote an Mautprellern auf die scharfen Kontrollen zurück. Bislang wurden etwa 13.950 Fahrzeuge kontrolliert, 10.400 davon durch die elektronischen Mautbrücken. Mobile Kontrolleure des BAG überprüften die restlichen 3.550 Lastwagen. Wiederholungstätern drohen Strafen bis 20.000 Euro.
Güterverkehrsverband droht mit Verfassungsklage
Unzufrieden mit der Zahl und dem Erfolg der Kontrollen ist dagegen der Güterverkehrsverband. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL), Karlheinz Schmidt, forderte, die Quote der Mautpreller unter fünf Prozent zu halten.
Sollte dies den Behörden nicht gelingen, droht der Verband mit einer Verfassungsklage. Wenn nicht alle gleichmäßig zur Kasse gebeten würden, stehe die Verfassungsmäßigkeit der Maut sehr deutlich in Frage, sagte Schmidt.
Zwölfeinhalb Cent pro Kilometer
Das Konsortium Toll Collect um die Konzerne DaimlerChrysler und Deutsche Telekom entwickelte das einmalige Projekt zur Erhebung der Maut. Die Gebühr für das Befahren deutscher Autobahnen gilt für schwere Lastkraftwagen ab zwölf Tonnen und richtet sich nach der Zahl der Achsen und der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs. Im Durchschnitt liegt sie bei zwölfeinhalb Cent pro Kilometer.
Die Fuhrunternehmen können die fälligen Gebühren per Internet, über einen der 3.700 Kassenautomaten oder die On Board Units berechnen und entrichten. Laut Toll Collect waren zum Start der Maut allerdings erst 320.000 Lastwagen mit den elektronischen Erfassungsgeräten ausgerüstet.
Seit das Mautsystem am 15. Dezember die vorläufige Betriebserlaubnis erhalten habe, sei aber auch die Zahl der Bestellungen nochmals deutlich nach oben gegangen. Die kleinen Elektronikkästen übermitteln während der Fahrt alle notwendigen Daten an ein Rechenzentrum in München.
Einbuchung erfordert Übung
Übung erfordert vor allem die Einbuchung per Internet oder an den 3700 Automaten, die an Tankstellen, Raststätten und Grenzübergängen aufgestellt wurden. Wer kein Erfassungsgerät an Bord hat, ist auf diese Mautstationen angewiesen. Für deren Bedienung sind deutsche, englische, französische oder polnische Sprachkenntnisse notwendig.
Die Bedienung dieser Automaten kann interaktiv auf der Website von Toll Collect geübt werden. Außerdem hatte Toll Collect zum Start der Maut einige tausend sprachkundige Helfer im Einsatz.
Spediteure befürchten Mehrkosten für Verbraucher
Die deutschen Spediteure rechnen damit, dass die Autobahngebühr die Transportkosten auf der Straße um 15 Prozent verteuern wird und die Mehrkosten letztlich auf die Verbraucher zukommen. Ursprünglich hatte Finanzminister Hans Eichel (SPD) bereits ab September 2003 mit dem Geldsegen gerechnet. Doch der Start des hochmodernen satellitengestützten Systems verzögerte sich wegen technischer Probleme.
Die Unternehmen hoffen, dass ihr hochmodernes System trotz der anfänglichen Pannen doch noch zu einem Exportschlager wird. Allerdings haben sie ihre Gewinnerwartungen zurückgeschraubt, auch wegen der befürchteten Schadenersatzzahlungen an den Staat.
Durch die Verzögerung des Mautstarts um 16 Monate fehlen dem Staat rund 3,6 Milliarden Euro Mauteinnahmen. Ob und wieviel das Konsortium allerdings tatsächlich zahlen muss, entscheidet ein Schiedsgericht.