Begrenzter Konflikt
23. März 2007DW-WORLD.DE: Die Bundeswehr sollte die Wahlen in der DR Kongo schützen. Jetzt kommt es einige Monate später zu schweren Ausschreitungen. Wurden die Truppen zu früh abgezogen?
Hartwig Fischer: Nein, die Truppen mussten zu dem Zeitpunkt abgezogen werden, weil es eine klare Vereinbarung und ein zeitlich begrenztes UN-Mandat ausschließlich zur Absicherung der Wahlen gab und jetzt ist weiter die MONUC (UN-Mission im Kongo; Anm. der Red.) zuständig, die mit 17.000 Soldaten im Kongo stationiert ist.
Die MONUC scheint im Moment in Kinshasa aber überfordert zu sein?
Im Moment gehe ich davon aus, dass William Lacy Swing (Leiter der MONUC; Anm. der Red.) weitere Truppen zur Unterstützung aus dem Osten abziehen wird. Dort hat es sich weitgehend beruhigt. Es ist wohl so, dass Herrn Bemba seine eigenen Truppen entglitten sind, denn er hat per Radio Kapi noch einmal zur Waffenruhe aufgerufen und es scheint so, dass einige Führer seiner Armee nicht akzeptieren, dass sie in die staatliche Armee integriert werden sollen, wie es vor den Wahlen vereinbart wurde.
Heißt das, die internationale Gemeinschaft ist jetzt aus dem Schneider und es reicht, die MONUC-Truppen dort weiter im Einsatz zu lassen und sich ansonsten ruhig zu verhalten?
In einer solchen Situation ist die internationale Gemeinschaft nie aus dem Schneider. Das heißt, dass es unter Umständen logistische Unterstützung gibt, aber es ist derzeit ein begrenzter Konflikt in der Hauptstadt Kinshasa. Ich habe den Eindruck, dass auch die MONUC in den vergangenen 24 Stunden gezeigt hat, dass sie ohne weiteres in der Lage ist, nicht nur die Evakuierungen zu sichern, so wie sie es mit über 630 Personen in das Hauptquartier gemacht hat. Sie ist außerdem in der Lage, diese Kämpfe einer begrenzten Einheit zu unterbinden. So etwas kommt natürlich manchmal sehr überraschend. Ich glaube aber, dass die Kräfte stark genug sind, um dauerhaft eine friedliche Situation herzustellen. Es bleibt aber wichtig, auf Kabila einzuwirken, dass er die Integration der Soldaten stärker unterstützt - also auch Belgien, zu deren Aufgaben die Integration gehört.
Was müsste passieren, damit der Kongo seine Probleme langfristig selbst in den Griff bekommt?
Es muss eine staatliche Autorität hergestellt werden. Aber in einer Form, in der nicht der Eindruck in der Bevölkerung entsteht, dass es Machtmissbrauch gibt. Dazu gehört auch, dass diejenigen, die staatliche Autorität herstellen sollen, das Vertrauen der Bevölkerung genießen. Das ist in weiten Teilen der staatlichen Armee nicht der Fall, weil sie absolut unterfinanziert ist. Wenn die Soldaten mit 10 oder 15 Dollar im Monat auskommen müssen, führt das auch zu Plünderungen. Deshalb ist es gut, dass die Belgier mithelfen, ein gerechtes Finanzierungsprojekt umzusetzen. Eine funktionierende und von der Bevölkerung akzeptierte Armee kann sich dann auch eher durchsetzen, wenn einzelne versuchen, sich an die Macht zu putschen.