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Die Ohnmacht der Außenpolitik

Nina Werkhäuser, Berlin28. Januar 2016

Angesichts des Kriegs in Syrien und der Flüchtlingskrise muss sich die Außenpolitik auf unangenehme Fragen einstellen. Von der Auftaktveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz berichtet Nina Werkhäuser aus Berlin.

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Plenum der Münchner Sicherheitskonferenz (Foto: DW)
Bild: DW/A. Feilcke

Früher hieß sie Wehrkunde-Tagung und war ein überschaubares Treffen, bei dem vornehmlich über die Bundeswehr und die Nato debattiert wurde. Heute hat die Münchner Sicherheitskonferenz einen Ruf wie Donnerhall, wenn es um globale Sicherheitsfragen geht. "Sie bringt Gesprächspartner von allen Seiten an einen Tisch", lobte Kofi Annan, selbst regelmäßig Gast in München, bei der Auftaktveranstaltung in Berlin.

Damit meine er nicht nur etwa den Iran und den Westen, witzelte der ehemalige UN-Generalsekretär, sondern in diesem Jahr auch Bayern und Berlin. Eine unmissverständliche Anspielung auf den Streit zwischen der bayerischen Landesregierung und dem Berliner Kanzleramt in der Flüchtlingspolitik, die ein zentrales Thema auf der Sicherheitskonferenz vom 12. bis 14. Februar sein wird. Mehr als 30 Staats- und Regierungschefs sowie 60 Außen- und Verteidigungsminister werden im Nobelhotel "Bayerischer Hof" in München erwartet.

Harte Zeiten für die EU

Der anhaltende Zustrom der Flüchtlinge stellt nicht nur das Berliner Regierungsbündnis von CDU, CSU und SPD auf eine harte Probe, sondern auch die EU. "Wir haben eine große Krise in der EU mit gewaltigen Zentrifugalkräften", sagte Wolfgang Ischinger, der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, der Deutschen Welle. Aber auch diese Krise werde Europa am Ende meistern. "Die Untergangspropheten werden nicht Recht behalten." Nach seiner Einschätzung hat Deutschland durch die Aufnahme Hunderttausender Flüchtlinge nicht etwa an außenpolitischer Handlungsfähigkeit verloren, sondern an moralischer Glaubwürdigkeit gewonnen.

Wolfgang Ischinger (Foto: AFP)
Der Vorsitzende der Konferenz, Wolfgang IschingerBild: Getty Images/AFP/C. Stache

Alles richtig gemacht in Syrien und Afghanistan?

In der Zukunft, so die Prognose des anlässlich der Konferenz veröffentlichten "Sicherheitsreports 2016", könnten sich die jetzigen Migrationsbewegungen allerdings noch verstärken. Beispiel Afrika: Im Jahr 2050 werden dort mehr als doppelt so viele Menschen leben wie heute. Wenn die Infrastruktur der Staaten nicht entsprechend mitwachse, "dann stehen uns Migrationsströme bevor, die die heutige Krise möglicherweise eher als einen kleinen Anfang erscheinen lassen", sagte Ischinger. Daher plädiere er für eine "präventive Sicherheitspolitik".

Die meisten Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz suchen, sind Syrer und Afghanen. Für Ischinger ergeben sich daraus "ein paar unangenehme Fragen für unsere Außenpolitik". In Afghanistan hätten 15 Jahre einer militärischen, politischen und finanziellen Intervention das Land nicht wie erhofft stabilisiert. "In Syrien haben wir das Gegenteil getan, wir haben weggeschaut und nicht interveniert, und das Ergebnis ist noch deprimierender", sagte der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz.

Den Zustrom begrenzen

Solange noch kein Ende des Kriegs in Syrien in Sicht sei, erklärte Kanzleramtschef Peter Altmaier, komme es auf die Türkei an. Die Regierung in Ankara habe "zwei entscheidende Maßnahmen" ergriffen. Sie habe eine Visumspflicht für syrische Flüchtlinge eingeführt, die aus Drittstaaten wie Jordanien und dem Libanon kommen. "Die Sicherheitsbehörden sagen, dass das offenbar wirkt." Außerdem gewähre die Türkei syrischen Flüchtlingen jetzt Zugang zum Arbeitsmarkt.

Das alles soll die syrischen Flüchtlinge in der Region halten. Aber: "Wir sind noch nicht dort, wo wir hinwollen", so Altmaier. Im Schnitt kämen 2000 illegale Flüchtlinge pro Tag von der Türkei nach Griechenland, das seien "viel zu viele". Die Deutschen hätten kein großes Vertrauen mehr in die von Merkel favorisierte europäische Lösung des Problems, räumte der Kanzleramtschef ein. Die Zeit dränge, aber brauche eben "zwei, drei Monate", bis die getroffenen Maßnahmen wirkten.

Flüchtlinge an einem Zaun an der griechisch-mazedonischen Grenze (Foto: AFP)
Zäune und Grenzkontrollen statt Bewegungsfreiheit: Die EU hat ein ProblemBild: Getty Images/AFP/R. Atanasovski

Gibt es Hoffnung für Syrien?

Vielleicht könne die Sicherheitskonferenz ja ihren Teil zu einer Lösung beitragen, hofft Altmaier. Kurz vor dem Beginn der Sicherheitskonferenz soll es in München eine neue Gesprächsrunde zum Syrien-Konflikt geben, an der sich Russland und die USA beteiligen wollen. Für Konferenzchef Ischinger sind Fortschritte vorstellbar: Die Gespräche in München seien bekannt dafür, dass sie selbst in extrem verhärtete Konflikte ein wenig Bewegung bringen könnten. Das, so der erfahrene Diplomat, sei eben der Vorteil, wenn hochrangige Politiker zu rein informellen Gesprächen zusammenkommen.