Die Schrecken von Auschwitz - in der Kunst
Sie kämpften täglich ums Überleben - und sie malten: Künstler in Konzentrationslagern, Ghettos, in Verstecken. Damit dokumentierten sie oftmals nicht allein das unbeschreibliche Grauen, sie schufen große Kunst.
Die vergessenen Künstler
Während die sogenannte "Entartete Kunst" der von den Nazis verfolgten Künstler viel beachtet ist, kennt kaum jemand jene Künstler, die in den NS-Lagern Kunst schufen. Maler wie Waldemar Nowakowski (Bild oben): heute beinahe vergessen. Umso wichtiger sind das Buch und die Ausstellung "Der Tod hat nicht das letzte Wort", die am 27.1. im Deutschen Bundestag eröffnete.
Die Gräuel von Theresienstadt als Radierung
Mehr als 15 Jahre hat sich der Autor, Kurator und Kunsthistoriker Jürgen Kaumkötter der Kunst der Verfolgten von 1933 bis 1945 gewidmet. Er schaut dabei nicht allein auf die Bilder, die in dieser Zeit entstanden, sondern auch auf jene, die das Erlebte im Rückblick thematisieren - bis heute. Leo Haas schuf diese Radierung über Theresienstadt 1947. Doch es wurde auch in den Lagern gezeichnet.
Malen im "Lagermuseum"
Dass Künstler in Theresienstadt malten, ist bekannt. Doch auch in Auschwitz I gab es ein "Lagermuseum". Dort standen den Künstlern Materialien wie Stifte, Papier, Pinsel zur Verfügung, um Auftragsarbeiten für die SS zu fertigen. Andere Motive entstanden heimlich. Aus dem Vernichtungslager Auschwitz II hingegen existieren kaum Kunstwerke. Im Bild: Marian Ruzamski, Selbstbildnis von 1943/44.
Ein Sehnsuchtsbild in Auschwitz
Dieses Porträt schuf der Künstler Jan Markiel 1944 ganz ohne offizielle Materialien in Auschwitz I. Die Bäckerstochter aus dem nahe gelegenen Ort Jawiszowice hatte den Häftlingen mit Brot und bei Kurierdiensten für den Widerstand geholfen. Die Temperafarbe, die der Künstler verwendete, stammte aus von der Wand gekratzten Pigmentbrocken. Der Malgrund war grobes Sackleinen der Strohmatratzen.
Ein Künstler als Zeuge der Krematorien
1942, im Alter von 13 Jahren, kam Yehuda Bacon (rechts im Bild) nach Theresienstadt, im Dezember 1943 nach Auschwitz-Birkenau. Er wurde für Botendienste eingesetzt - und durfte sich im Winter an den Öfen der Krematorien wärmen. Was er dort sah, erzählte er nicht nur im berühmten Frankfurter Auschwitz-Prozess, sondern er zeigte es auch in seinen Zeichnungen, die er nach dem Krieg anfertigte.
Yehuda Bacon: Ein Sinnbild
Diese Zeichnung entstand Jahre später. Auschwitz wird nun nicht mehr detailgenau abgebildet. Und doch lassen sich die eckigen Kamine der Krematorien erkennen, ein Duschkopf, Menschen, die nur noch Umrisse sind - für den Kunsthistoriker Kaumkötter ein Sinnbild des Todes in der Gaskammer wie des Grabes in den Lüften. Dies ist nicht nur ein Zeugnis, sondern auch große Kunst.
Die zweite Generation
Michel Kichka gehört zu den einflussreichsten Komikzeichnern Israels. "Zweite Generation. Was ich meinem Vater nie gesagt habe" ist eine Graphic Novel über das Kind Kichka und seinen Vater, einen Auschwitz-Überlebenden. Die Traumata des Vaters haben sich auf den Sohn übertragen. Erst als er ihn Witze über das Lager erzählen hört, kann auch Kichka die Albträume besiegen.
Metaphern der Shoah
Auch die Eltern der israelischen Künstlerin Sigalit Landau sind Holocaust-Überlebende und ihr Zeichenlehrer war der Auschwitz-Überlebende Yehuda Bacon, der bis heute als Künstler und Kunstprofessor in Israel arbeitet. Ihre Werke sind voller metaphorischer Anspielungen auf die Shoah wie diese Schuhe, die an die Schuhberge erinnern, die noch heute in der Dauerausstellung von Auschwitz zu sehen sind.
Der Tod hat nicht das letzte Wort
Sigalit Landau sammelte in Israel 100 Paar Schuhe und versenkte sie im Toten Meer. Das Meer umhüllte diese mit Schichten heilendes Salzes. Sie werden zum Zeichen des Lebens statt des Todes. Ihr Wunsch war es, dass sie in Berlin gezeigt werden - als Zeichen, dass Hoffnung die Verzweiflung besiegt. Die Ausstellung "Der Tod hat nicht das letzte Wort" ist bis zum 27. Februar 2015 in Berlin zu sehen.