Klimafreundliche Sonnenkälte
25. Mai 2010"Mit Sonnenlicht gekühlt" – dieses Ökolabel könnte künftig auf Lebensmittelpackungen stehen. Denn Forscher wollen Früchte und Gemüse mit Sonnenstrahlen länger haltbar machen – vor allem in Entwicklungsländern, wo Kühlschränke Luxus sind und oft nur Ballungszentren ein Stromnetz haben. Auch der Bedarf für die Kühlung von Medikamenten ist in den ärmeren Ländern des Südens groß – gerade auf dem Land.
Eine Methode für entlegene Gebiete
Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) haben gezeigt, dass solares Kühlen funktioniert: Im EU-Projekt "Medisco" installierten sie Solaranlagen zum Kühlen von Wein und Milch in einer Winzerei in Tunesien und einer Molkerei in Marokko. "Die Methode bietet sich in sonnenreichen Ländern an, gerade in entlegenen Gebieten, wo es aufgrund von Wassermangel und fehlenden oder unzuverlässigen Energiequellen keine konventionellen Kühlungsmöglichkeiten gibt", sagt ISE-Forscher Tomas Núñez. "Sie ist umweltfreundlich. Außerdem wird der teure Strom für konventionell betriebene Kühlgeräte auf ein Minimum reduziert."
Die Forscher haben Solar-Kollektoren aufgebaut, die das Sonnenlicht mit Spiegeln auf einen Absorber fokussieren. Die konzentrierte Sonnenstrahlung erhitzt dort Wasser in einem Container auf 200 Grad Celsius. Diese extreme Wassertemperatur ist nötig, um sogenannte Absorptions-Kältemaschinen bei hohen Außentemperaturen anzutreiben. "Anders als beim Kühlschrank nutzen wir keinen Strom, um Kälte zu erzeugen, sondern Wärme", erklärt Núñez. Das Ergebnis sei in beiden Fällen das gleiche. "Kälte in Form von Kaltwasser oder – in unserem Fall – ein Wasser-Glykol-Gemisch."
Technologie noch nicht marktreif
Mit solaren Kältemaschinen werden versuchsweise auch Räume und ganze Gebäude gekühlt. Viele Forschungsprojekte waren bereits erfolgreich und haben gezeigt, wie viel Energie solare Systeme gegenüber herkömmlichen Kältetechniken einsparen: zwischen 50 und 80 Prozent. Bei allen Vorteilen betonen Fachleute jedoch auch, dass die Technologie noch nicht marktreif ist. "Die Kosten für die Installation der komplexen Systeme sind einfach noch zu hoch", sagt Ursula Eicker von der Hochschule für Technik in Stuttgart. Wer in Deutschland oder Österreich sein Einfamilienhaus mit Sonnenkraft kühlen will, zahlt dafür 30.000 bis 40.000 Euro – und damit doppelt so viel wie für eine herkömmliche Klimaanlage. Ein mittelständisches Unternehmen in Afrika kann solche Summen nicht aufbringen – erst recht nicht für die noch teureren und größeren Industrie-Anlagen, in denen Fachleute die Zukunft sehen.
Da die Technologie funktioniere und ein Bedarf existiere, habe solares Kühlen mittelfristig dennoch gute Einsatzchancen, sagt Núñez. Insbesondere bei der Klimatisierung von Gebäuden – und gerade im sonnenreichen Afrika. "Wichtig ist es, die Verbreitung langsam und Schritt für Schritt aufzubauen." Vor allem müsse man die Menschen einbinden. "Ein Teil der Produktion sollte vor Ort stattfinden; und man braucht geschulte Ingenieure für die Installation", betont der Fachmann. Zunächst sei es wichtig, in geförderten Projekten solare Kühlmaschinen vorzustellen, um ein Bewusstsein für die Technologie zu schaffen. Solche Kampagnen sollten gleichzeitig für energiesparendes Bauen werben, rät Núñez. "Erst die Gebäude optimieren, dann die Anlagen – das geht Hand in Hand."
Ohne staatliche Förderprogramme, wie es sie etwa in Deutschland, Spanien und Österreich gibt, würden solare Kühlsysteme nie wettbewerbsfähig werden, so Professor Eicker. "Wir sind in einer absoluten Nische." Im Jahr 2007 waren weltweit gerade einmal 81 größere solare Kältemaschinen installiert, fast alle davon in Europa. Und die meisten in Bürogebäuden. Damit für die Technologie ein Markt entsteht, müssen Regierungen Interesse zeigen und Gelder bereitstellen – so wie etwa derzeit in Ägypten und Marokko.
Herkömmliche Kältemittel: 12.000 Mal klimaschädlicher als CO2
Konventionelle Kühlsysteme zu ersetzen ist aus einem weiteren Grund nötig: In Kältemitteln und Treibmitteln für Schaumstoffisolierungen stecken halogenierte Kohlenwasserstoffe, die 12.000 Mal so klimaschädlich wie CO2 sind. Außerdem zerstören sie die Ozonschicht. Europäische Regierungen helfen Entwicklungsländern derzeit, diese Substanzen durch klimafreundliche Kühl- und Treibmittel zu ersetzen. Grundlage hierfür ist das 1987 unterzeichnete Montrealer Protokoll, in dem sich 180 Staaten dazu verpflichtet haben, die Ozonkiller zu ersetzen. Die deutsche Bundesregierung etwa hat dafür das Programm "Proklima" aufgelegt, in dem sie mit 40 Staaten kooperiert – unter anderem auch mit kleinsten Staaten Afrikas wie etwa Swasiland, wo lokale Unternehmen neue ökologische Kühlschränke und –boxen herstellen. Weltweit sind mit der Initiative bereits umgerechnet 42 Millionen Tonnen CO2 eingespart worden.
Der Austausch der alten Kältemittel werde in den kommenden Jahren abgeschlossen, erklärt Eicker. "Dank eines Gesetzes, das Hoffnung gibt. Denn es zeigt, dass die internationale Zusammenarbeit im Umweltschutz durchaus etwas bewirken kann."
Autor: Torsten Schäfer
Redaktion: Ranty Islam