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Die Sowjetunion lebt – im Internet

24. April 2008

Die Sowjetunion gibt es längst nicht mehr, aber im Internet gibt es die Länderkennung "su" immer noch, und sie entwickelt sie sich prächtig. Die beschlossene Schließung der Domain-Endung wird immer unwahrscheinlicher.

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Verkauf von "sowjetischen" DomainsBild: AP

1990, ein Jahr vor dem Zerfall der Sowjetunion, registrierten sowjetische Programmierer die Domain-Endung "su" als Länderkennung für das Gebiet der UdSSR. Etwa zur gleichen Zeit erhielten auch Jugoslawien, die Tschechoslowakei und die DDR ihre Länderkennungen. Die Kennungen der ehemaligen sowjetischen Ostblock-Verbündeten wurden gleich abgeschafft, nachdem jene Staaten aufgehört hatten zu bestehen. Ein anderes Schicksal hat aber die Kennung "su". Als letzter Vorposten des sowjetischen Imperiums besteht und entwickelt sie sich bis heute erfolgreich weiter.

"Fahrkarten für sinkendes Schiff"

Anton Nossik
Anton Nossik: Domains für ewig Gestrige

Systemadministrator Wladimir Chramow aus Moskau erwarb die Domain "microsoft.su", weil er eine Endung für seine Email-Adresse haben wollte, die leicht zu merken ist. Finanzielle Absichten verfolgte der Moskauer dabei nicht. Andere Pläne hatte allerdings Jan Balajan, der sich gleich eine ganze Reihe "nostalgischer" Domains sicherte: "ussr.su", "stalin.su", "kremlin.su" oder "kgb.su". Chramow bietet die Domains für jeweils 30.000 Dollar zum Kauf an, wobei der Geschäftsmann bereit ist, über den Preis zu verhandeln. "Er verkauft Fahrkarten für ein sinkendes Schiff", kritisiert der russische Journalist Anton Nossik. Das sei nur etwas für Verlierer und ewig Gestrige.

"Sowjet-Boom"

Das "sinkende Schiff" hält sich allerdings bereits ungewöhnlich lange an der Wasseroberfläche. Die ersten Versuche, die Domain-Endung "su" zu schließen, unternahm die ICAN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers), die über die Verwaltung der Länderkennungen entscheidet, Anfang 1990. Seitdem gilt die Kennung "su" als eine, die "stillgelegt" wird. Gleichzeitig expandiert sie aber jährlich um mehr als 40 Prozent.

Der Tag, als der "Sowjet-Boom" begann, fiel auf den 27. Juni 2003: gerade an dem Tag wurde auf diesem Sektor des Internets nach langjähriger Pause die freie Registrierung von Domains wieder eröffnet. Der wachsende Markt von Internet-Dienstleistungen, der schon unter einem Mangel an Domain-Namen leidet, erhielt somit zusätzlichen Expansionsraum. Hinzu kam, dass unerwartet eine Sowjet-Nostalgie in Mode kam.

Schließung unmöglich?

Russland Wahlen Jubel der Putin Jugend Naschi in Moskau
Naschi-Anhänger auf dem Roten Platz in MoskauBild: AP

Die Seite der Kreml-freundlichen Jugendbewegung "Naschi" befindet sich auch in der Domain-Zone "su" ("nashi.su"). Die Mitglieder der Organisation weisen allerdings zurück, dass die Nutzung einer solchen Domain einen politischen Hintergrund habe. So gebe es für den Namen der Seite "ford.su" auch keine politischen Beweggründe, über die Seite könne man Werkstätten finden, die sich auf Automobile der Marke Ford spezialisiert hätten.

Die Domain-Endung "su" hat sich inzwischen zu einem Koloss entwickelt, mit dessen Präsenz man auf dem Internet-Markt rechnen muss. Während die ICANN an einer einheitlichen Haltung zur Kennung "su" noch arbeitet, wird deren Schließung immer mehr zu einem nicht mehr durchsetzbaren Projekt. (dw)