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Interesse an Zentralasien

Bernd Riegert30. Juni 2007

Bis vor 15 Jahren lief die Kommunikation der EU mit den zentralasiatischen Regionen über Moskau. Doch seit die Sowjetunion nicht mehr existiert, hat Brüssel einzelne Verhandlungspartner in den fünf unabhängigen Staaten.

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Nursultan Nasarbajew
Nursultan Nasarbajew, Präsident Kasachstans, sieht die EU-Interessen nüchternBild: dpa - Report

Das Interesse, den Kontakt mit Kasachstan, Usbekistan, Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikstan zu pflegen, ist während der deutschen Ratspräsidentschaft, gewachsen. Das Gespräch Bundesaußenminister Steinmeiers mit seinem kirgisischen Amtskollegen Karabajew in Berlin ist der jüngste Beweis dafür.

Neue Strategie für Zentralasien

Frank-Walter Steinmeier
Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Beziehungen zu den Ex-Sowjetrepubliken zum Schwerpunkt gemachtBild: AP

Die fünf Staaten waren auf der diplomatischen Landkarte der EU mehr oder weniger weiße Flecken. Nach einer Reise in die Region hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier bessere Beziehungen zu den ehemaligen Sowjetrepubliken zum Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft erhoben.

Eine neue Zentralasien-Strategie wurde ausgetüfftelt. Die EU-Spitze reiste im März 2007 in die Hauptstadt von Kasachstan, nach Astana, um erstmals die Außenminister aller fünf zentralasisatischen Staaten gemeinsam zu treffen. Diese hochrangigen Treffen soll es nun regelmäßig geben, ebenso eine Reihe von Expertentagungen zu Bildungsfragen oder besserer Regierungsführung.

"Darüber hinaus ist das natürlich auch eine energiepolitisch wichtige Region, weil sie reich an Energiequellen ist", sagt Benita Ferrero-Waldner, die EU-Außenkommissarin, über die Region und nennt damit die Haupttriebfeder für den Aufbruch nach Zentralasien: Die Suche der Europäer nach neuen Energielieferanten. Immerhin ruhen in Zentralasien fünf Prozent der weltweiten Energiereserven unter Steppe und Gebirgszügen.

Dämpfer für Erwartungen

Benita Ferrero-Waldner
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner arbeitet an der neuen Zentralasien-StrategieBild: AP

Das sieht auch der Staatschef von Kasachstan Nursultan Nasarbajew, trotz aller blumigen politischen Papiere, ganz nüchtern: "Wir denken, dass das Interesse der EU an unserem Land strategisch und energiepolitisch natürlich und offensichtlich ist. Einerseits haben wir große Reformen umgesetzt, andererseits wird Europa in Zukunft ein Viertel seiner fossilen Energie aus der Region am Kaspischen Meer beziehen."

Im Mai allerdings erhielten die Erwartungen der EU-Präsidentschaft einen Dämpfer. Trotz neuer Freundschaftsschwüre entschieden sich Kasachstan und Turkmenistan zum Bau einer Gaspipeline nach russischen Vorstellungen. Die Wünsche der EU und der USA über die Trassenführung wurden verworfen.

In den strategischen Überlegungen der EU spielt nicht nur der Faktor Energie eine Rolle, sagt EU-Ratspräsidentin Bundeskanzlerin Angela Merkel: "Man muss sich einmal die geografische Lage anschauen: Ein Dreieck zwischen Russland, China und der Europäischen Union. Es gibt ein strategisches Interesse der EU sich dieser Region als Nachbarschaftsregion auch anzunehmen."

Einfluss auf Iran und Afghanistan

Von Zentralasien aus hofft die EU, Einfluss auf Iran und Afghanistan zu nehmen. Rund um das Kaspische Meer wird ein relativ moderater, aufgeklärter Islam gepflegt, den es zu fördern gilt, so Benita Ferrero-Waldner, die EU-Außenkommissarin: "Zentralasien liegt nahe an Afghanistan. Von dort ist durch viele Jahre Instabilität nach Europa hereingeholt worden. Wir müssen aber Stabilität schaffen. Von daher müssen wir uns mit diesen Ländern auseinandersetzen."

Pipeline in Kasachstan
Die EU ist nicht nur an den Energievorkommen in der Region interessiertBild: Stefano Grazioli

Dass die autokratischen Staaten in Zentralasien nicht gerade von lupenreinen Demokraten regiert werden, weiß auch die Europäische Union. Doch unter deutscher Präsidentschaft hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Sanktionen und Isolation wenig bringen. Mitte Mai lockerte die EU Einreiseverbote für Funktionäre aus Usbekistan, die nach Massakern an der Opposition vor zwei Jahren verhängt worden waren.

Hilfe bei Reformen

Stattdessen werden praktische Hilfen bei Reformen angeboten, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner: "Wir wollen auch natürlich, dass diese Länder mehr und mehr unsere Werte berücksichtigen, mehr und mehr Demokratisierung und Menschenrechte angehen, die natürlich die Basis für jede gesunde Gesellschaft sind."

Von Beginn der 90er Jahre bis 2013 wird die EU rund zwei Milliarden Euro für Trainingsprogramme, Bildungsaustausch und andere Unterstützung in die Region gepumpt haben. In allen Staaten will die EU-Kommission eigene Niederlassungen einrichten. So hofft die EU andere energiehungrige Riesen wie Russland, China, Japan oder Indien ausstechen zu können - die Konkurrenz schläft nicht in Zentralasien.