Die Synagoge in Kövagoörs
Die 200 Jahre alte Synagoge im ungarischen Kövagoörs war lange Zeit baufällig. 2020 wurde sie von vier engagierten Männern mit jüdischen Wurzeln gekauft. Bald soll das jüdische Gotteshaus in neuem Licht erstrahlen.
Die orthodoxe Synagoge in Kövagoörs
Gebaut wurde die Synagoge 1820. Die Religionsgemeinschaft kam aus neun benachbarten Siedlungen. Alle jüdischen Familien - etwa 15 Prozent der Dorfbewohner - wurden 1944 in deutsche Konzentrationslager deportiert. Nur zwölf Überlebende kamen zurück.
Der Innenraum der Synagoge
An den Wänden des Innenraums sind die Spuren bläulicher Marmormalerei und vier Inschriften zu sehen, die inzwischen unleserlich geworden sind. Die neuen Besitzer haben die Einsturzgefahr beseitigt, das Gebäude wurde stabilisiert. Jetzt kann mit der Sanierung begonnen werden.
Die Frauenempore
Die Frauenempore der Synagoge ist noch instabil, ihr Betreten lebensgefährlich. Sie war ein eigener Bereich für die Frauen im Gottesdienst. Es grenzt an ein Wunder, dass sie überhaupt noch da ist. Aus anderen Synagogen in Ungarn ließen die Einwohner nach der Deportation ihrer jüdischen Nachbarn alles mitgehen - auch Holzbänke und Emporen.
Adam Jusztin, einer der neuen Besitzer
Adam Jusztin ist Leiter des jüdischen Fecht- und Athletikvereins Maccabi VAC in Budapest. Im Februar 2020 kaufte er zusammen mit drei Freunden die Synagoge, die damals eine Ruine war. Jetzt arbeiten die vier Männer mit jüdischen Wurzeln daran, dass das Gebäude eine sakrale, aber auch eine neue kulturelle Funktion bekommt.
Synagoge als Lagerhaus
Nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Synagoge leer. Zwischen 1960 und 1980 wurde das jüdische Gotteshaus zum Lagerhaus der staatlichen Verkaufsgenossenschaft. Die Zahlen an den Wänden: Hier soll ein Mitarbeiter die ausgehändigten Mengen Zement addiert haben.
Die Neueröffnung
Am 11. August 2022 fand die erste Führung im Innenraum statt. Das war für viele Dorfbewohner die erste Begegnung mit ihrer Vergangenheit und der Geschichte. Viele wussten nicht einmal, dass im Ort einst Juden gelebt hatten.
"Unvernähte Fäden"
Die Ausstellung in der Synagoge heißt "Unvernähte Fäden" - ein Hinweis darauf, wie wenig der Holocaust und die historische Verantwortung in Ungarn thematisiert werden. Es soll ein bewusstes Zeichen sein für die Aufarbeitung der dunklen Seite der Dorfgeschichte.
Berühmte jüdische Dorfbewohner
Die Bilder an der Gartenmauer zeigen berühmte jüdische Dorfbewohner. Einer davon war Jozsef Szalai, der 1912 in Stockholm an den Olympischen Spielen im Kunstturnen teilnahm. Heute weiß im Dorf kaum noch jemand, wer er war.
Neues Kulturleben in der alten Synagoge
Das erste Hofkonzert des Budapester Festivalorchesters - ein Versuch, die Synagoge mit Kultur und Musik neu zu beleben. "Kultur verbindet und vermittelt, so bleibt Geschichte lebendig", sagt Adam Jusztin, einer der neuen Besitzer der Synagoge.
Jüdische Musiker
Viele Musiker des Budapester Festivalorchesters haben jüdische Wurzeln. Sie spielen oft in und vor Synagogen. Am Eröffnungsabend in Kövagoörs wurden Werke jüdischer Komponisten und viel Klezmer-Musik gespielt.