Die Welt will den Frieden im Sudan retten
15. November 2010Anzeige
Es war ein Gespräch wie so viele in den letzten Wochen. Diesmal traf der sudanesische Außenminister seinen deutschen Kollegen in Berlin. Was sie am Ende erklärten, sagen die Regierungen von Washington bis Paris derzeit täglich: Der Frieden im Sudan muss halten, das Referendum stattfinden, 2011 ist das Schicksalsjahr im Sudan. Denn: Am 6. Januar sollen die Südsudanesen darüber abstimmen, ob sie unabhängig werden wollen. Doch das Referendum steht auf der Kippe - Nord und Süd sind sich in vielen Fragen nicht einig. Ein neuer Bürgerkrieg könnte die Folge sein, dies jedoch will die internationale Gemeinschaft verhindern. Außenminister Westerwelle kündigt deshalb mehr deutsches Engagement im Sudan an.
Bisher hielt sich Deutschland im Sudan politisch gesehen zurück. "Im Südsudan gab es einige sehr motivierte Militärbeobachter, in Darfur gab es eine Polizeipräsenz. Die haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch sehr gut gearbeitet, aber wenn die Bundesregierung vier, fünf Polizisten nach Darfur schickt, reicht das nicht aus", sagt Peter Schumann, der frühere Regionalkoordinator der UN-Mission im Südsudan (UNMIS). Die Bundesregierung habe zwar sehr großzügig finanzielle Hilfen bereit gestellt, aber "politisch ist der Beitrag immer marginal geblieben", so Schumann.
Engagement in Darfur, Vernachlässigung des Südens
Auch Washington, Paris oder London hielten sich in den letzten Jahren aus den Streitigkeiten zwischen Nord- und Südsudan eher zurück. Das hatte Folgen für das geplante Referendum: Zahlreiche Bestimmungen des Friedensvertrages wurden verspätet oder gar nicht umgesetzt. Ein Beispiel: Viel zu spät führten beide Seiten eine Volkszählung durch, um die Wählerzahl für das Referendum zu ermitteln. Bis heute zweifelt der Süden die Ergebnisse an und könnte dies später nutzen, um die Ergebnisse in Frage zu stellen.
"Das Augenmerk der internationalen Gemeinschaft auf den Sudan ist in den letzten Jahren relativ stark hin- und hergeschwankt", erklärt Wolfram Lacher, Sudan-Experte bei der "Stiftung Wissenschaft und Politik" in Berlin. Bis zum Abschluss des Friedensvertrages zwischen Nord- und Südsudan 2005 habe sich die internationale Gemeinschaft auf den Süden konzentriert. Dann aber habe der Darfur-Konflikt die größere Aufmerksamkeit bekommen. "Seit einem Jahr hat sich das Interesse wieder umgekehrt und es gibt weniger Interesse für Darfur, weil alle Aufmerksamkeit wieder auf dem Nord-Süd-Friedensprozess liegt", sagt Lacher.
Der Westen hat kaum Einfluss
Ein Beispiel: Die USA haben nach einem Bericht des Magazins "Africa Confidential" den Sudan in ihrer Außenpolitik zu Priorität Nr. 3 gemacht, gleich hinter dem Irak und Afghanistan. Diverse amerikanische Sonderbotschafter und Berater pendeln zwischen Washington und dem Sudan. Auch Zugeständnisse will die US-Regierung machen und zum Beispiel die Wirtschaftssanktionen gegen den Sudan aufheben. Doch den Einfluss westlicher Länder dürfe man nicht überschätzen, sagt Peter Schumann. "Die Regierung in Khartum hat es meisterhaft verstanden, die Eigeninteressen der verschiedenen Staaten gegeneinander auszuspielen", so Schumann.
Die USA beispielsweise haben beispielsweise eng mit der Regierung in Khartum im Kampf gegen den Terror kooperiert. Nach einem Bericht der amerikanischen Tageszeitung "Washington Post" hat der Geheimdienst CIA sudanesische Spione ausgebildet. Auch mit dem früheren sudanesischen Geheimdienstkoordinator Salah Gosh führten die USA laut "Africa Confidential" Gespräche. Offiziell hingegen steht der Sudan auf der Liste der Staaten, die den internationalen Terrorismus unterstützen. "Für die Regierung der USA war immer der Kampf gegen den Terror das oberste Ziel, ein Regime-Change wurde eigentlich aus diesem Grunde immer abgelehnt", so der ehemalige UNMIS-Diplomat Schumann.
Praktische Hilfe statt diplomatischer Offensive
Schumann hält die diplomatische und politische Offensive ohnehin für unzureichend. "Wichtig ist eine Präsenz in der Fläche, nicht in den Hauptstädten", sagt Schumann. Gemeint ist damit die Gegenwart der Vereinten Nationen und der Zivilgesellschaft. Nicht nur, um mit den Bewohnern bessere Lebensbedingungen zu schaffen, sondern auch um Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen den Friedensvertrag zu dokumentieren. Doch nach mehr Präsenz der Vereinten Nationen zum Beispiel sieht es derzeit nicht aus. Die Mitglieder denken zwar darüber nach, die UN-Friedenstruppen an der Grenze zwischen Nord- und Südsudan zu verstärken. Doch das hätte anderswo im Land negative Folgen. Der Kommandant der UNMIS-Truppe warnte unlängst, dass dann die Präsenz in vielen Landesteilen sinken würde. Die einzige Lösung: Die Truppe müsste um mehr Soldaten aufgestockt werden. Doch dafür ist ein neues Mandat des UN-Sicherheitsrates nötig. Und dafür - heißt es intern bei den Vereinten Nationen - ist die Zeit bis zum Referendum zu kurz.
Autor: Daniel Pelz
Redaktion: Ondruskova, Iveta / Bathe, Dirk
Bisher hielt sich Deutschland im Sudan politisch gesehen zurück. "Im Südsudan gab es einige sehr motivierte Militärbeobachter, in Darfur gab es eine Polizeipräsenz. Die haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch sehr gut gearbeitet, aber wenn die Bundesregierung vier, fünf Polizisten nach Darfur schickt, reicht das nicht aus", sagt Peter Schumann, der frühere Regionalkoordinator der UN-Mission im Südsudan (UNMIS). Die Bundesregierung habe zwar sehr großzügig finanzielle Hilfen bereit gestellt, aber "politisch ist der Beitrag immer marginal geblieben", so Schumann.
Engagement in Darfur, Vernachlässigung des Südens
Auch Washington, Paris oder London hielten sich in den letzten Jahren aus den Streitigkeiten zwischen Nord- und Südsudan eher zurück. Das hatte Folgen für das geplante Referendum: Zahlreiche Bestimmungen des Friedensvertrages wurden verspätet oder gar nicht umgesetzt. Ein Beispiel: Viel zu spät führten beide Seiten eine Volkszählung durch, um die Wählerzahl für das Referendum zu ermitteln. Bis heute zweifelt der Süden die Ergebnisse an und könnte dies später nutzen, um die Ergebnisse in Frage zu stellen.
"Das Augenmerk der internationalen Gemeinschaft auf den Sudan ist in den letzten Jahren relativ stark hin- und hergeschwankt", erklärt Wolfram Lacher, Sudan-Experte bei der "Stiftung Wissenschaft und Politik" in Berlin. Bis zum Abschluss des Friedensvertrages zwischen Nord- und Südsudan 2005 habe sich die internationale Gemeinschaft auf den Süden konzentriert. Dann aber habe der Darfur-Konflikt die größere Aufmerksamkeit bekommen. "Seit einem Jahr hat sich das Interesse wieder umgekehrt und es gibt weniger Interesse für Darfur, weil alle Aufmerksamkeit wieder auf dem Nord-Süd-Friedensprozess liegt", sagt Lacher.
Der Westen hat kaum Einfluss
Ein Beispiel: Die USA haben nach einem Bericht des Magazins "Africa Confidential" den Sudan in ihrer Außenpolitik zu Priorität Nr. 3 gemacht, gleich hinter dem Irak und Afghanistan. Diverse amerikanische Sonderbotschafter und Berater pendeln zwischen Washington und dem Sudan. Auch Zugeständnisse will die US-Regierung machen und zum Beispiel die Wirtschaftssanktionen gegen den Sudan aufheben. Doch den Einfluss westlicher Länder dürfe man nicht überschätzen, sagt Peter Schumann. "Die Regierung in Khartum hat es meisterhaft verstanden, die Eigeninteressen der verschiedenen Staaten gegeneinander auszuspielen", so Schumann.
Die USA beispielsweise haben beispielsweise eng mit der Regierung in Khartum im Kampf gegen den Terror kooperiert. Nach einem Bericht der amerikanischen Tageszeitung "Washington Post" hat der Geheimdienst CIA sudanesische Spione ausgebildet. Auch mit dem früheren sudanesischen Geheimdienstkoordinator Salah Gosh führten die USA laut "Africa Confidential" Gespräche. Offiziell hingegen steht der Sudan auf der Liste der Staaten, die den internationalen Terrorismus unterstützen. "Für die Regierung der USA war immer der Kampf gegen den Terror das oberste Ziel, ein Regime-Change wurde eigentlich aus diesem Grunde immer abgelehnt", so der ehemalige UNMIS-Diplomat Schumann.
Praktische Hilfe statt diplomatischer Offensive
Schumann hält die diplomatische und politische Offensive ohnehin für unzureichend. "Wichtig ist eine Präsenz in der Fläche, nicht in den Hauptstädten", sagt Schumann. Gemeint ist damit die Gegenwart der Vereinten Nationen und der Zivilgesellschaft. Nicht nur, um mit den Bewohnern bessere Lebensbedingungen zu schaffen, sondern auch um Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen den Friedensvertrag zu dokumentieren. Doch nach mehr Präsenz der Vereinten Nationen zum Beispiel sieht es derzeit nicht aus. Die Mitglieder denken zwar darüber nach, die UN-Friedenstruppen an der Grenze zwischen Nord- und Südsudan zu verstärken. Doch das hätte anderswo im Land negative Folgen. Der Kommandant der UNMIS-Truppe warnte unlängst, dass dann die Präsenz in vielen Landesteilen sinken würde. Die einzige Lösung: Die Truppe müsste um mehr Soldaten aufgestockt werden. Doch dafür ist ein neues Mandat des UN-Sicherheitsrates nötig. Und dafür - heißt es intern bei den Vereinten Nationen - ist die Zeit bis zum Referendum zu kurz.
Autor: Daniel Pelz
Redaktion: Ondruskova, Iveta / Bathe, Dirk
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