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Mekka liegt hinter der Hauptverkehrsstrasse

Stefan Dege4. Oktober 2013

Islamverbände luden in ganz Deutschland zum Tag der Offenen Moschee ein - auch die neue Zentralmoschee in Köln. Ihre Fertigstellung ist langwierig - die Integration der Muslime auch?

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Blick aus Richtung Mekka: Die Kölner Zentralmoschee (Foto: DW/Stefan Dege)
Bild: DW/S. Dege

"Da ist Mekka", sagt Ayse Aydin und zeigt mit dem Finger in Richtung Innere Kanalstraße. Auf der achtspurigen Verkehrsader gerät die Blechlawine ins Stocken - das übliche Stop and Go zur Feierabendzeit. Der neuen Kölner Zentralmoschee ergeht es ähnlich: Seit fünf Jahren ist sie Baustelle. Der Eröffnungstermin wurde mehrfach verschoben. Erst verzögerte politischer Streit die Fertigstellung, dann juristisches Gezänk. "Wir sind eher fertig, als der Berliner Großflughafen oder Stuttgart 21" witzelt Aydin, die Sprecherin der Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB). "Wir sind guter Dinge!"

DITIB-Sprecherin Ayse Aydin (Foto: DW/Stefan Dege)
DITIB-Sprecherin Ayse AydinBild: DW/S. Dege

Tee trinken, beten, plaudern

Majestätisch erhebt sich der Kollos aus Stahl und Beton, Glas und Holz über Ehrenfeld. Nicht zufällig hat die DITIB diesen Kölner Stadtteil für ihre Großmoschee ausgewählt. In keinem anderen Winkel der Domstadt leben so viele Muslime. Für sie ist das Gotteshaus gedacht, als kulturelles und geistliches Zentrum, in dem neben Betsälen, Fachbibliothek und Büros auch ein Basar mit Geschäften Platz findet.

Aber die Bauherren wollen mehr: Es soll zur Begegnung zwischen Muslimen und Nichtmuslimen kommen, zum Austausch zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. "Alle haben Raum in diesem Baukomplex", versichert Bekir Alboga, bei der DITIB zuständig für interreligiöse Fragen, "Leute, die Einkaufen möchten, ebenso wie Besucher, die Tee trinken, beten, plaudern oder sich einfach nur über den Islam informieren wollen. Es ist sehr vielfältig."

Urwaldansichten im Zentralen Gebetsraum (Foto: DW/Stefan Dege)
Blick in die Kuppel des künftigen GebetssalsBild: DW/S. Dege

Helmpflicht für Besucher

Jedenfalls soll es das werden. Doch noch versperren Bauzäune alle Zugänge. Bohrmaschinenlärm erfüllt die Luft. Arbeiter befestigen Latten einer Sonnenschutzverkleidung. Kölns Stararchitekt Paul Böhm hat die verschiedenförmigen Gebäudeteile zu einem organischen Gebilde zusammengefügt.

Blickfang ist das Haupthaus. Seine Kuppelform ist aufgebrochen, um Licht hereinzulassen und den Blick gen Mekka zu öffnen. Tauben starten und landen. Zwei Minarette ragen 55 Meter in den Himmel. Dachpappe überspannt den zentralen Platz zwischen Gebetsgebäude, Bibliothekshaus, Schulungs- und Seminargebäude und Bürotrakt. Für Besucher gilt Helmpflicht, ganz besonders im großen Gebetssaal, der durchzogen ist von einem Urwald aus Gerüststangen. Einzig im säulenlosen Konferenzsaal, genau unter dem Sakralraum, herrscht Betriebsamkeit: Parkettleger sind am Werk.

Minarett der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (Foto: DW/Stefan Dege)
Die Minarette ragen 55 Meter in den Kölner HimmelBild: DW/S. Dege

Soziales und religiöses Zentrum

"Aktuell wird der Konferenzsaal fertig gestellt", sagt DITIB-Sprecherin Ayse Adin. Immerhin fand hier schon das gemeinschaftliche Fastenbrechen für geladene Gäste statt. An einem Nachbarschaftstag wurden Bewohner umliegender Häuser mit orientalischen Speisen bewirtet. Künftig will man Korankurse anbieten, arabische Liturgie vermitteln. Soziale Dienste sollen hier unterkommen - von Seniorenarbeit und Familienberatung über Bildungsarbeit bis zu telefonischer Sozialberatung. Kurzum: Religiöse und soziale Dienstleistungen sollen sich ergänzen in der Zentralmoschee, die sich als muslimisches Kompetenzentrum für ganz Deutschland versteht. Jobs für 40 bis 50 Personen bietet die Zentralmoschee. Vier bis fünf männliche und drei weibliche Religionsbeauftragte gehören zum theologischen Personal.

Der improvisierte Gebetssaal der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld (Foto: DW/Stefan Dege)
Der improvisierte GebetssaalBild: DW/S. Dege

Für DITIB-Sprecher Alboga ist der Kölner Moscheneubau denn auch ein religionspolitisches Statement: "Ich bin Deutschlands Muslim, mit meinem Gotteshaus, mit meinem Gebetshaus. Ich bin offen, und ich möchte auch, dass diese Gesellschaft offen mit mir umgeht, auch unsere Politiker, auch unsere Partner der jüdischen und christlichen Seite", so Alboga. Muslime gebe es seit 50 Jahren in Deutschland. Da sei es doch eine Selbstverständlichkeit, dass sie sich institutionell etablierten.

Bekir Alboga von der DITIB (Foto: DW/Stefan Dege)
Bekir Alboga von der DITIBBild: DW/S. Dege

Basar gegen Schwellenangst

Im kahlen Treppenhaus löst noch jeder Schritt ein Echo aus. Im Parterre des Betonkomplexes erstreckt sich eine weite, offene Fläche - der künftige Basar aus Geschäften für den gehobenen Bedarf. Religion und Handel unter einem Dach? Ayse Aydin ist von dem Mischkonzept überzeugt: "Wir sagen zum einen: Komm rein. Hier kannst Du schon mal ein bisschen Atmosphäre schnuppern", so die DITIB-Sprecherin, "Aber natürlich dient das auch der Refinanzierung unserer Kosten." Neben den reinen Erstellungskosten gebe es auch viele laufende Kosten, für Wasser, Strom oder Reinigung. Die könnten über Mieteinnahmen gesenkt werden. Schließlich bekommen muslimische Glaubensgemeinschaften keine öffentlichen Gelder - weder für Bauten, noch für den Unterhalt von Bauten oder Dienstleistungen.

Bizarre Aussichten in der Kölner Zentralmoschee Köln-Ehrenfeld (Foto: DW/Stefan Dege)
Bizarre Aussichten in der ZentralmoscheeBild: DW/S. Dege

Traurig wirkt Ayse Aydin aber nicht, während sie das sagt. Bis zur Eröffnung im nächsten Sommer wird die DITIB noch viel zu erzählen haben über die Kölner Zentralmoschee und das allmähliche Ankommen der Muslime in der deutschen Gesellschaft.