"Die Zweifel bleiben"
27. August 2009DW-WORLD.DE: Herr Dr. Abberger, die Stimmung in der deutschen Wirtschaft bessert sich zusehends, der Index, den Ihr Institut jeden Monat ermittelt, ist zum fünften Mal in Folge gestiegen, es soll sich sogar um den stärksten Anstieg innerhalb eines Monats seit der Wiedervereinigung handeln – ist die Krise aus der Sicht der deutschen Unternehmen schon vorbei?
Dr. Klaus Abberger: Das ist zu früh, zu sagen, die Krise sei vorbei. Im Moment sehen wir, dass die deutsche Wirtschaft tatsächlich wieder etwas Boden unter die Füße bekommt, sich berappeln kann, nachdem sie tief gestürzt ist. Momentan helfen ja bei dieser Bodenbildung die staatlichen Konjunkturprogramme, sodass die Wirtschaft sich etwas stabilisiert, etwas erholt. Aber ob das schon nachhaltig ist, ob die Wirtschaft auch ohne diese Maßnahmen weiterläuft, das ist doch zu hinterfragen.
Aber gerade hat das Statistische Bundesamt bestätigt, dass die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 0,3 Prozent gestiegen ist, manche sagen, in den nächsten Quartalen könnte schon wieder eine eins vor dem Komma stehen.
Abberger: Das ist richtig. Wenn man aber ein bisschen zurückschaut, dann sieht man, dass die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr doch deutlich gesunken ist. Gleichzeitig haben die Firmen sehr viele Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt. Und es ist jetzt eben die Frage, was die Firmen weiter machen, wenn das alte Produktionsniveau nicht mehr so schell erreicht wird. Und davon muss man eben doch ausgehen. Das heißt, die Gefahr ist momentan, dass wir gerade am Arbeitsmarkt doch noch eine Anpassung sehen in den kommenden Monaten. Und das ist eben das große Risiko im Moment. Dieser starke Rückgang der Wirtschaftsleistung, den wir hatten, der kann noch nachwirken.
Jedenfalls kann es doch gut sein, dass wir nicht, wie im Frühjahr vorhergesagt, einen Einbruch von sechs bis sieben Prozent bekommen, sondern mit einem blauen Auge davonkommen mit vielleicht minus fünf oder gar vier Prozent – aufs Gesamtjahr gerechnet.
Da würde ich durchaus zustimmen. Auch unsere letzte Prognose ist mehr als minus sechs Prozent gewesen. Und angesichts der Zahlen, die wir jetzt vorliegen haben, würde ich auch sagen, dass diese Prognose mit einer sechs vor dem Komma möglicherweise zu negativ ist. Hier können wir heute vielleicht doch ein bisschen positiver auf die Entwicklung schauen.
Sind die Unternehmen eventuell nicht etwas zu optimistisch? Sie haben es erwähnt, ab Herbst wird die Arbeitslosigkeit vermutlich spürbar steigen, was auf den privaten Konsum drückten wird. Und außerdem macht der Staat ja enorme Schulden zur Ankurbelung der Konjunktur, aber das kann er nicht ewig durchhalten, irgendwann muss ja mal der Haushalt konsolidiert werden, und dann fällt auch der Staat als Nachfrager aus.
Abberger: Genau das sind im Grunde die Probleme oder die Risiken, die wir auch sehen. Im Moment haben wir ja eine Stabilisierung, ja eine Erholung der Wirtschaft. Das ist in den Zahlen durchaus sichtbar. Aber es ist eben die Frage, wie es dann längerfristig weitergeht. Ob Wirtschaft schon wieder gesund genug ist, um aus sich selbst heraus zu wachsen. Da muss man eben tatsächlich vorsichtig sein. Weil die staatlichen Stützungsmaßnahmen irgendwann auch langsam ihre Wirkung verlieren. Die Maßnahmen laufen aus, und dann wird man sehen, ob die Wirtschaft aus sich heraus wieder wächst. Das sind genau die Probleme, die wir im Moment auch sehen, und die uns doch noch ein wenig verhalten in die Zukunft blicken lassen.
Das Interview führte Rolf Wenkel
Redaktion: Zhang Danhong