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Nord-Stream-2-Firmen drohen US-Sanktionen

Mikhail Bushuev mo
17. Januar 2019

Der US-Botschafter in Berlin fordert deutsche Unternehmen auf, ihre Beteiligung an Nord Stream 2 zu überdenken. Können US-Sanktionen den Bau der Ostsee-Pipeline von Russland nach Deutschland überhaupt noch stoppen?

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Nord Stream 2-Baustelle in Lubmin
Bild: picture alliance/dpa/S. Sauer

"Wir betonen weiterhin, dass Firmen, die sich im russischen Energieexport-Sektor engagieren, sich an etwas beteiligen, das mit einem erheblichen Sanktionsrisiko verbunden ist." Das schrieb der amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, Anfang Januar in einem Brief an die deutschen Firmen, die am Projekt Nord Stream 2 teilnehmen. Das sind das Energieunternehmen Uniper, dass nach einer Abspaltung von der Eon-Gruppe entstanden ist, aber auch der größte deutsche Öl- und Gasproduzent Wintershall, eine Tochtergesellschaft der BASF.

Ferner sind an Nord Stream 2 die österreichische OMV, Royal Dutch Shell sowie der französische Konzern Engie beteiligt. Von den ausländischen Partnern des Projekts reagierte allein OMV-Chef Rainer Seele. Er sagte dem Handelsblatt, "Washington setzt auf Konfrontation statt Kooperation mit den Verbündeten". Alle fünf Unternehmen gelten bei Nord Stream 2 als "Finanzinvestoren".

Längst haben die USA einen rechtlichen Rahmen zur Verhängung von Sanktionen geschaffen. Der "Countering America's Adversaries Through Sanctions Act" (CAATSA) wurde 2017 verabschiedet und ermöglicht Washington finanzielle Sanktionen gegen Personen, die in den Bau russischer Export-Pipelines investieren. Sanktionen im Rahmen von CAATSA würden dem Projekt die finanzielle Unterstützung entziehen. Jedes Unternehmen trägt laut Vertrag 950 Millionen Euro zum Projekt bei. Aber selbst wenn Nord Stream 2 die Milliarden der Finanzinvestoren verliert, kann es kaum noch gestoppt werden. Beobachtern zufolge sind Russland und sein Energiekonzern Gazprom in der Lage, auch ohne ausländische Teilnehmer die Finanzierung zu sichern.

Infografik Karte Gaspipelines Europa Nord Stream DE

Wichtige Baufirmen

Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, sagte der DW, Nord Stream 2 habe 627 Zulieferer aus der ganzen Welt, darunter seien auch die Rohrverleger-Firmen. "Das sind absolute Spezialfirmen, die ein einzigartiges Know-how haben. Sanktionen gegen diese Firmen würden das ganze Projekt zumindest sehr stark verzögern oder extrem gefährden", so Harms.

Zu den Spezialfirmen, die mit Schiffen die Rohre auf dem Grund der Ostsee verlegen, gehören die Allseas Group mit Firmensitz in der Schweiz und das italienische Unternehmen Saipem, das seinen Teil der im Sommer 2018 begonnenen Arbeiten fast abgeschlossen hat. Den größten Teil des Baus trägt die Allseas Group. Ihr Schiff 'Pionieering Spirit' kann pro Tag rund fünf Kilometer Rohre verlegen. Kein anderes Schiff kann dies heute schneller.

US-Sanktionen gegen Allseas würden das Projekt Nord Stream 2 nicht verzögern, sondern einfrieren, meint Michail Krutichin, Partner der Beratungsfirma RusEnergy. "Es gibt keinen Ersatz", sagte er der DW. Gazprom kann laut Krutichin allein mit dem russischen Rohrverlege-Schiff 'MRTS Defender' rechnen. Doch es könne nur im Flachwasser und nicht in der ganzen Ostsee eingesetzt werden. Laut dem Unternehmen beträgt die Tiefe, für die das Schiff ausgerichtet ist, höchstens 150 Meter. Die 'Pionieering Spirit' kann hingegen Rohre in einer Tiefe von bis zu vier Kilometern verlegen.

Deutschland Nord Stream 2 vor der Insel Rügen
Ein Verlegeschiff von Allseas in der Ostsee vor der Insel RügenBild: picture-alliance/dpa/B. Wüstneck

Wettlauf mit der Zeit

In seinem Brief an die deutschen Unternehmen betonte Richard Grenell, in Washington wachse der Druck, gegen Nord Stream 2 vorzugehen. Beide führenden Parteien, Republikaner und Demokraten, hätten im Dezember 2018 eine gemeinsame Resolution verabschiedet, die Sanktionen gegen das Projekt gemäß dem CAATSA-Gesetz unterstützt. Darüber hinaus wird Grenell zufolge im Kongress ein weiteres Gesetz geprüft, das ebenfalls Sanktionen gegen Nord Stream 2 vorsieht.

Aber warum verhängen die USA keine Sanktionen, noch bevor das Projekt fertig ist? Schließlich erlaubt das CAATSA-Gesetz, das 2017 von Präsident Donald Trump unterzeichnet wurde, dem US-Präsidenten, gegen Nord Stream 2 vorzugehen. Um so mehr, dass das Projekt in dem Gesetz als mögliches Ziel erwähnt wird. Aber Fakt ist auch, dass dem Gesetz zufolge Sanktionen mit den europäischen Partnern abgestimmt werden sollen. Doch Deutschland, der wichtigste europäische Partner bei Nord Stream 2, ist gegen Sanktionen. Ein Argument: Russische Lieferungen machen nur etwa ein Drittel aller Erdgasimporte nach Deutschland aus. 

Laut Michael Carpenter vom amerikanischen Think Tank "Penn Biden Center" lehnen auch einige Mitglieder der US-Administration Sanktionen ab. "Sie sind überzeugt, dass dadurch die Spannungen in den transatlantischen Beziehungen verstärkt würden", sagte er der DW. Der ehemalige leitende Pentagon-Mitarbeiter glaubt, dass Präsident Trump durchaus bereit ist, "Risse" im Verhältnis zu den europäischen Verbündeten in Kauf zu nehmen. Doch auch viele Mitarbeiter seiner Administration würden Sanktionen für "einen übertriebenen Schritt" halten und Drohungen vorziehen. "Wenn weitere Schritte keine Wirkung zeigen, um den Bau von Nord Stream 2 zu stoppen, dann wird die Verhängung von Sanktionen als letztes Mittel sehr wahrscheinlich", so Carpenter.

Was das neue Sanktionsgesetz betrifft, das der US-Botschafter Richard Grenell erwähnte, so will es der Kongress in diesem Frühjahr prüfen. Washington bleibt nicht mehr viel Zeit, den Bau von Nord Stream 2 zu stoppen. Inzwischen sind mehr als 370 der 1200 geplanten Kilometer Rohre auf dem Grund der Ostsee verlegt. Ende des Jahres könnte das erste Gas durch die neue Pipeline fließen.

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