Libyen übernimmt Vorsitz der UN-Vollversammlung
15. September 2009Gerade hat er sein 40. Amtsjubliäum gefeiert. Der Mann mit den vielen Namen wie "Bruder Revolutionsführer" und "König der Könige von Afrika" sowie Titeln wie "Vorsitzender der Afrikanischen Union" und "Repräsentant der afrikanischen Führer und Präsidenten" reist nun erstmals in die USA. Dort spricht Muammar al-Gaddafi (67) vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen -gleich im Anschluss an US-Präsident Barack Obama.
Ob er vor der Staatengemeinschaft nochmals die Auflösung der Schweiz beantragt? Dies hatte Gaddafi ernsthaft verlangt, als sein gewalttätiger Sohn im Land der Eidgenossen vorübergehend festgenommen worden war. Im Gegenzug ließ Gaddafi zwei Schweizer Staatsbürger verhaften.
Bizarr und unberechenbar - der Staatschef aus Nordafrika
Am Rednerpult wird sich Gaddafi kurzfassen müssen. Nur fünf Minuten darf er sprechen. Doch ob er sich an die Vorgabe halten wird oder ihm das Mikrofon abgedreht wird, bleibt offen. Unklar ist auch, in welch Gewänder er gehüllt, in welcher Begleitung er reist und wo er logieren wird. Die US-Amerikaner haben sich bisher geweigert, dem Gast aus Afrika einen Platz für sein seinen mobilen Schlafplatz zu zuweisen.
Gaddafi hat schon angekündigt, dass er in New York einen ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat für den afrikanischen Kontinent fordern will. Außerdem beansprucht er einen Ausgleich für die Kolonialzeit und die Sklaverei.
Die Diplomaten dürfen damit rechnen, dass der Beduinensohn, der sich 1969 an die Macht putschte, während der Vollversammlung noch die eine oder andere Überraschung aus dem Hut zaubert. Gaddafi hat zu fast allem eine Meinung. Die Wurzel allen Übels in Afrika sei Israel, tönte er kürzlich.
Wechselhafte Vergangenheit
1976/1977 hatte Libyen schon einmal für zwei Jahre einen Sitz im Sicherheitsrat. Seit 1992 war das Land jedoch wegen des Lockerbie-Anschlags mit UN-Sanktionen belegt. Später verzichtete Gaddafi zweimal zugunsten eines anderen afrikanischen Staates auf die turnusmäßige Wiederwahl. Seit der Revolutionsführer dem internationalen Terrorismus und Massenvernichtungswaffen abschwor, ist er intensiv um ein besseres internationales Ansehen bemüht. Mit Erfolg.
Libysche Oppositionelle haben sich allerdings bei den Vereinten Nationen darüber beschwert, dass der Revolutionsführer vor den UN sprechen darf. In Libyen werde unter Gaddafis Herrschaft gefoltert, hieß es von der Gruppe "Nationale Front für die Rettung Libyens". Zum Auftakt der Sitzungsperiode vertrat übrigens der Diplomat Ali Abdussalam Treki sein Land. Der UN-Botschafter Libyens gilt als unauffälig und seriös. (jä/stu/dpa)