Ein Blick auf Peter Maffays Stiftung in Rumänien
25. Dezember 2018Es weihnachtet in Radeln, einem Dorf fernab jeder Hektik, in Siebenbürgen, im Herzen Rumäniens. Kinder und Jugendliche haben ihre Familien und Freunde mit einer magischen Weihnachtsfeier im Hof des Tabaluga-Hauses, einem Projekt der Peter-Maffay-Stiftung, beschert. Die Mitarbeiter der Stiftung können zufrieden sein: Ein erfolgreiches Jahr findet seinen feierlichen Abschluss.
Radeln, rumänisch Roades, wurde von deutschen Einwanderern, den Siebenbürger Sachsen, im Mittelalter gegründet. Das Dorf liegt mitten im Haferland, einer hügeligen Region zwischen den bekannteren Städten Kronstadt/Brasov und Hermannstadt/Sibiu. Abwanderung, Arbeitslosigkeit, Armut und eine schwache Infrastruktur haben dem Dorf und seinen Bewohnern arg zugesetzt.
Ein Schutzraum für die Kinder
Hier, in seiner alten siebenbürgischen Heimat, hat der bekannte deutsche Musiker Peter Maffay vor neun Jahren ein Projekt angestoßen, das ursprünglich einen Schutzraum schaffen sollte für "Kinder, die nicht nur auf der Sonnenseite des Lebens" stehen, wie der Künstler immer wieder gerne betont. Die Begegnungsstätte für traumatisierte und sozial benachteiligte Kinder ist inzwischen nur ein Teil eines größer angelegten Infrastrukturprojekts im Dorf.
Dazu gehört ein Bio-Bauernhof, die Wasserversorgung für das ganze Dorf, eine Praxis für Allgemein- und Zahnmedizin, eine kleine Sport- und Fitnesshalle, die den Kindern und Jugendlichen kostenlos zur Verfügung steht. Eine Kanalisation soll demnächst folgen. Und besonders wichtig: Die Stiftung hat Arbeitsplätze geschaffen.
In der Vergangenheit gab es aber auch mehrfach kritische Berichte über die Tätigkeit der Stiftung. Unter anderem wurde einem Mitarbeiter vorgeworfen, einige Bewohner der Roma-Minderheit rassistisch beleidigt und bedroht zu haben. Der Mitarbeiter selbst hat die Vorwürfe entschieden zurückgewiesen. Für Peter Maffay, der sich seit Jahren gegen Diskriminierung engagiert, war der Vorfall ein ernst zu nehmendes Alarmzeichen. Nach vielen Gesprächen mit Dorfbewohnern habe er sich davon überzeugen können, dass die Vorwürfe haltlos gewesen seien, sagt der Künstler.
Ein Dorf, keine Idylle
Siebenbürgen im Spätherbst. Wir begleiten Peter Maffay auf einem seiner Besuche nach Radeln. Ein wunderschöner Altweibersommer hat das transsylvanische Hochland in eine Märchenlandschaft verwandelt. Die letzte Kürbisernte wird gerade eingefahren, Kühe kehren zurück von der Weide. Die einst holprige Landstraße zum Ort ist geteert, viele der alten Bauernhäuser sind renoviert, Kinder spielen Fußball auf einer kleinen Wiese, eine Bäuerin winkt uns zu. Wir winken zurück und halten an. Tante Flori kommt näher und strahlt plötzlich, als sie Peter Maffay hinter dem Steuer des Geländewagens erkennt.
Wir steigen aus. "Domnu' Peter", Herr Peter, wird umarmt und gedrückt, wir bekommen auch etwas ab von der rumänischen Herzlichkeit. "Ohne ihn wäre das Dorf arg runtergekommen, es gäbe uns gar nicht mehr hier", erzählt die Bäuerin. "Un mare noroc", ein großes Glück, dass wir ihn haben, sagt Tante Flori noch und läuft schnell weiter - es ist Backtag!
In Radeln leben heute noch 300 Einwohner, überwiegend Roma. Das Miteinander mit den wenigen rumänischen Familien und den paar verbliebenen Siebenbürger Sachsen und Ungarn ist nicht immer konfliktfrei. Eine Herausforderung für Maffay: "Deswegen haben wir uns gesagt: Gerade in einer so ethnisch aufgeladenen Situation, wie sie in Radeln und den umliegenden Dörfern der Fall ist, da können wir vielleicht einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass Infrastruktur verbessert wird, dass es zu einem Jugendaustausch kommt", sagte der Musiker im DW-Gespräch. Damit Jugendliche, die ja die "Perspektive unserer Gesellschaft" ausmachen, zu einer anderen Einschätzung füreinander kommen, fügte er hinzu.
Eine Zukunft für die Roma
Einer der jüngsten Mitarbeiter der Stiftung ist Florian Fekete, Sozialpädagoge und Mediator. Er ist erst seit wenigen Monaten dabei und war von Anfang an von der Wirkung der Stiftung überzeugt: "Es ist eine positive Entwicklung, die allgemein zu besseren Lebensbedingungen für die Roma-Minderheit sowie für deren Inklusion in der Mehrheitsbevölkerung in Rumänien entschieden beiträgt", sagt Fekete im DW-Interview.
Zwar gebe es auch Personen, die sich ablehnend verhielten, die alles konservativ und misstrauisch betrachteten. Aber "früher oder später werden sich die Verhältnisse verbessern, so dass die Ergebnisse dieser Stiftungen und Organisationen für alle sichtbar werden", sagt der junge Sozialpädagoge.
Bernd Fabritius, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, war schon öfter in Radeln. "Hier ist ein mustergültiges Inklusionsprojekt für interkulturelle Gemeinschaften entstanden, das hilft, Vorurteile abzubauen und miteinander zu leben", so schildert Fabritius seine Eindrücke.
Natürlich habe er seine Besuche in Radeln auch dazu genutzt, kritischen Informationen auf den Grund zu gehen, berichtet der Aussiedler-Beauftragte. In Gesprächen mit Vertretern der Roma-Minderheit habe er ein ganz anderes Bild gezeichnet bekommen: "Es ist das Bild einer sehr viel Gutes tuenden Stiftung". Gerüchte, von einer Familie gestreut, die sich benachteiligt fühle, müsse Maffay nicht ernst nehmen. "Es ist eine unsachliche Entwicklung in einem Einzelfall, die das gute Projekt insgesamt nicht gefährden soll", betont der Bundesbeauftragte, der selbst in Siebenbürgen geboren ist.
Aus den Gesprächen mit den Dorfbewohnern, ganz gleich, ob auf der Straße oder bei ihnen zu Hause, vor der Dorfkneipe oder auf dem Bauernhof, konnten auch wir erkennen: Die Projekte werden mit Dankbarkeit angenommen. Für "domnu' Peter" ein klares Zeichen für weiteres Engagement in seiner alten Heimat: "Wir wollen unseren bescheidenen Beitrag in Radeln fortsetzen, damit das Verständnis füreinander besser wird."