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Dopingkontrollen: Chancengleichheit vor Olympia in Paris?

8. März 2024

Deutsche Sportverbände äußern Zweifel an den Dopingkontrollen in Russland. Das einzige afrikanische WADA-Dopinglabor ist suspendiert. Die Welt-Anti-Doping-Agentur gibt sich gelassen, will aber wachsam bleiben.

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Zahlreiche Spritzen mit Urinproben im Dopingkontrolllabor in Kreischa.
Vor den Olympischen Spielen in Paris wird wieder verstärkt über den Anti-Doping-Kampf geredetBild: Robert Michael/dpa/picture alliance

"Angesichts der Geschichte des Dopings in Russland bleibt die WADA wachsam und aufmerksam", räumt die Welt-Anti-Doping-Agentur auf Anfrage der DW ein. "Wir dürfen nichts unversucht lassen, um sicherzustellen, dass im Vorfeld von Paris die ordnungsgemäßen Aufklärungsmaßnahmen und Tests in vollem Umfang durchgeführt worden sind. Wir ermutigen die Anti-Doping-Organisationen, einen biologischen Pass für alle Athletinnen und Athleten aus Russland einzubinden, die möglicherweise als neutrale Aktive in Paris antreten werden."

Der Biologische Athletenpass enthält ein Langzeitprofil aus den Dopingkontrollen der Sportlerin oder des Sportlers. Daraus lassen sich Auffälligkeiten oder Abweichungen von der Norm ablesen, die auf Doping hindeuten - auch ohne dass bei einem Test eine verbotene Substanz nachgewiesen wurde.

Analyse in Ankara

Einige deutsche Sportverbände, darunter der Deutsche Schwimm-Verband, hatten ihre Zweifel geäußert, ob die russischen Athletinnen und Athleten angesichts des fortdauernden Angriffskriegs in der Ukraine in gleichem Maße auf mögliche Dopingvergehen getestet würden wie andernorts. Die Chancengleichheit bei den Olympischen Spielen in Paris (26. Juli bis 11. August) sei gefährdet, hieß es bei den Verbänden.

"Russische (und weißrussische) Athleten unterliegen weiterhin der Dopingkontrolle", lässt die WADA wissen. "Die Proben werden zur Analyse an WADA-akkreditierte Labors in anderen Ländern geschickt." Für die Tests ist die Russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) zuständig. Nach eigenen Angaben führte sie 2023 mehr als 11.000 Kontrollen durch, in diesem Jahr bereits mehr als 2000.

Die WADA hatte die RUSADA infolge des Dopingskandals im Umfeld der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi suspendiert. Im September 2018 war die Agentur unter Auflagen wieder zugelassen worden. Ein von der WADA akkreditiertes Dopinglabor gibt es in Russland nicht. Im März 2022 vereinbarte die RUSADA mit dem von der WADA anerkannten Labor in der türkischen Hauptstadt Ankara, dass dort Dopingproben aus Russland kontrolliert werden. 

WADA zu Bloemfontein: "Verstöße gegen internationalen Standard"

Seit dieser Woche gibt es auf dem ganzen afrikanischen Kontinent kein von der Welt-Anti-Doping-Agentur akkreditiertes Kontrolllabor mehr. Die WADA suspendierte das Labor in der südafrikanischen Stadt Bloemfontein für bis zu sechs Monate, unter Umständen also über das Ende der Olympische Spiele in Paris hinaus. Grund waren "mehrfache Verstöße gegen den internationalen Standard für Labore", so die WADA, unter anderem bei den Dopinganalysen.

Bloemfontein war bislang unter den 30 von der WADA anerkannten Laboren das einzige afrikanische. Ein 2018 von der Weltagentur zugelassenes Labor in Nairobi in Kenia und ein weiteres in Kairo in Ägypten dürfen nur Blutproben für den Biologischen Athletenpass analysieren.

Doch sind die Kontrollen der Olympia-Startenden aus Afrika nach dem vorläufigen Aus für Bloemfontein und den damit verbundenen weiteren Wege noch gewährleistet? Urinproben sollten spätestens sieben Tage nach der Entnahme im Labor eintreffen, Blutproben - je nach Analyse-Methode - schon nach drei bis fünf Tagen. Vor allem hohe Temperaturen gefährden die Haltbarkeit der Proben.

"Die Proben afrikanischer Sportler können an jedes von der WADA akkreditierte Labor geschickt werden", versichert dagegen die WADA. Die Labore mit der größten geographischen Nähe zu Afrika sind jene in Katar, Indien, Spanien, Portugal und der Türkei. Südafrika und Nigeria erklärten bereits, dass sie ihre Proben nun in Katar analysieren lassen wollten.

Wenige Kontrollen in Afrika

Die WADA weist zudem darauf hin, dass ohnehin "nicht alle Anti-Doping-Organisationen, die in Afrika Proben sammeln, das Labor in Bloemfontein für die Analyse genutzt" hätten. Die Läufernation Kenia etwa schickte ihre Proben bislang nicht nur nach Südafrika, sondern auch an das Anti-Doping-Labor an der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Ein Blick auf die letzte von der WADA veröffentliche Statistik zu den weltweiten Dopingkontrollen zeigt, dass Bloemfontein bislang ein Labor mit vergleichsweise kleinem Testumfang war. 2021 wurden dort nur rund 3000 der weltweit über 270.000 Dopingproben analysiert, das entspricht etwas mehr als einem Prozent. Zum Vergleich: Das Labor in Köln, Spitzenreiter der Liste, prüfte mehr als 32.000 Proben (zwölf Prozent).

Eine Wissenschaftlerin im Anti-Doping-Labor in Río De Janeiro greift nach einer Dopingprobe.
Deutschland liegt im Anti-Doping-Kampf bei der Zahl der Kontrollen und Analysen mit an der Spitze Bild: Felipe Dana/AP/picture alliance

Weltweit lag Deutschland 2021 mit rund 14.738 angeordneten Dopingkontrollen auf dem zweiten Platz hinter China (24.501), vor Russland (10.001). Die erste afrikanische Nation, Kenia (1159), tauchte erst auf Platz 36 auf. Mit anderen Worten: Bei der Zahl der Kontrollen ist in Afrika noch viel Luft nach oben.

"Wenn sie sich an der Startlinie versammeln, wollen die Athleten der Welt wissen, dass alle ihre Konkurrenten, egal woher sie kommen, vor den Spielen denselben Anti-Doping-Bedingungen ausgesetzt waren wie sie selbst und dass sie sicher sein können, dass das System sie schützt", schreibt die WADA an die DW. "Um dies zu erreichen, müssen die Anti-Doping-Organisationen alle verfügbaren Mittel einsetzen."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter